Finnland spielt in der modernen Kunst und Gestaltung eine herausragende Rolle; daran hat auch die Medaillenkunst ihren Anteil. Die Blütezeit der modernen finnischen Medaillenkunst setzte in den 1950er und 1960er Jahren ein. Unter den bedeutenden finnischen Medaillenkünstlern ist an herausragender Stelle auch der 1926 geborene Kauko Räsänen zu nennen, dessen komplettes Medaillenwerk die Staatliche Münzsammlung München in einer Sonderausstellung zeigt. Kauko Räsänen studierte von 1946 bis 1950 Bildhauerei an der Kunstakademie in Helsinki und war seitdem als Bildhauer und als Medailleur tätig. Eine staatliche Professur, zahlreiche Auszeichnungen und Preise, Einzelausstellungen sowie viele Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland zeigen die nationale wie internationale Anerkennung. Das Medaillenwerk von Kauko Räsänen umfasst insgesamt 188 Medaillen, die die gesamte zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts abdecken, von 1952 bis 2004. Sie stehen gleichrangig neben seinem umfangreichen bildhauerischen Opus. Für die Gestaltung von Medaillen wie von großer und kleiner Plastik waren bei Räsänen die gleichen Prinzipien wirksam. Wir finden ganz ähnliche Motive, und die für seine große Plastik charakteristische Art der Gestaltung und Modellierung hat Räsänen auf seine Medaillen übertragen. Das gilt für die abstrakten Flächen und Formen, für seine markante Kontrastierung von erhabenen und eingetieften Formen innerhalb eines Motivs, für die typischen Haltungen und Positionen der menschlichen Körper sowie für die weichen und runden Formen seiner nackten weiblichen Figuren, die die körperliche Schönheit thematisieren. Wie ein roter Faden zieht sich durch Räsänens Medaillenoeuvre die Darstellung von Weiblichkeit, die Darstellung der schönen unbekleideten Frau, auch von jungen Paaren und von der Einheit und der Polarität der Geschlechter. Mehr als 40 seiner Medaillen gehören diesem Themenkreis an. Auf die Frage, weshalb die Weiblichkeit in seiner Kunst einen so wichtigen Stellenwert einnimmt, reagierte der Künstler zunächst mit einem schelmischen Lächeln, dann sagte er: "Zunächst einmal liebe ich die Frau, sie ist plastischer in der Wiedergabe als der Mann. Sie repräsentiert den Fortbestand des Lebens - außerdem ist die Kunst weiblichen Geschlechts." Die Verbindung von Wasser und der Frau steht in Räsänens Darstellungen für das Wunder von Schöpfung und Geburt. Damit haben wir nur ein - immer wiederkehrendes - Beispiel für die reiche Symbolik der Medaillen dieses lebensbejahenden und zutiefst human fühlenden Künstlers angeführt. Eine solche Meisterschaft in der Entwicklung und Verwendung einer derart vielschichtigen und aussagekräftigen Symbolik haben neben Räsänen wohl nur wenige Medailleure entwickelt. "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar" - bewusst hat Kauko Räsänen diese Aussage des Malers Paul Klee (1879-1940) als auch für sich selbst zutreffend zitiert. Räsänens "Neuer Weg" in der Medaillenkunst ist die "Erfindung" der mehrteiligen Medaille mit bis zu sechs Bildseiten auf dann drei Teilen, die aufeinander abgestimmt sind und sich völlig passgenau aufeinandersetzen lassen; damit ergeben sie eine in sich geschlossene Ganzheit. Diese Art der Medaille verlangt dem Medailleur bei der Auswahl der Thematik für das umfangreiche mehrseitige Bildprogramm, bei der medaillentypischen ‚Verdichtung' dieses Programms auf den kleinen verfügbaren Raum und bei dessen künstlerischer Umsetzung ein Höchstmaß an intellektueller Vorarbeit und an künstlerischer wie handwerklicher Präzision ab. Darüber hinaus stellt die mehrteilige Medaille natürlich höchste Anforderungen an die Herstellung der Prägewerkzeuge und den Prägevorgang selbst. Das Buch enthält einen vollständigen Werkkatalog mit Farbabbildungen aller 188 Medaillen. Einführende Kapitel widmen sich dem Künstler und seinem Werk und der Besonderheit seiner Medaillenbilder. Ein Ausblick auf Räsänens Plastik, ein chronologischer Lebenslauf und ein ausführlicher Lebenslauf runden das Buch ab.