Der Tod einer schönen Tabakverkäuferin - Der große Edgar-Allan-Poe-Roman zum 200. Geburtstag des Begründers der Kriminalliteratur.
New York, 1841. In der brütenden Sommerhitze wird die grausam zugerichtete Leiche der jungen Zigarrenverkäuferin Mary Rogers am Hudson-Ufer angeschwemmt. Die Ermittlungen führen High Constable Jacob Hays von den Einwandererslums bis in die aufstrebende Welt der Zeitungen und Verlage, dennoch kommt er dem Täter keinen Schritt näher. Zur gleichen Zeit taucht Edgar Allan Poe in der Stadt auf. Als der verarmte Schriftsteller verkündet, eine Geschichte zu veröffentlichen, die den Mord aufklären soll, sorgt er für einen handfesten Skandal. Steckt in der Erzählung wirklich ein Hinweis auf den Mörder? Und wieso scheint Poe mehr über den Fall zu wissen als der Inspektor selbst?
New York 1841. Aus dem Hudson River wird die grausam zugerichtete Leiche der jungen Tabakverkäuferin Mary Rogers geborgen. High Constable Hays kommt mit seinen Ermittlungen nur schleppend voran. Bis eines Tages Edgar Allan Poe eine Erzählung veröffentlicht, die frappierende Parallelen zu den Morden aufweist. Ist sie der Schlüssel zur Lösung des Mordfalls?
Raffiniert und anspielungsreich: Ein kriminalistischer Hochgenuss.
»Dieser Thriller lebt von der stimmigen New-York-Atmosphäre.« Stern
New York, 1841. In der brütenden Sommerhitze wird die grausam zugerichtete Leiche der jungen Zigarrenverkäuferin Mary Rogers am Hudson-Ufer angeschwemmt. Die Ermittlungen führen High Constable Jacob Hays von den Einwandererslums bis in die aufstrebende Welt der Zeitungen und Verlage, dennoch kommt er dem Täter keinen Schritt näher. Zur gleichen Zeit taucht Edgar Allan Poe in der Stadt auf. Als der verarmte Schriftsteller verkündet, eine Geschichte zu veröffentlichen, die den Mord aufklären soll, sorgt er für einen handfesten Skandal. Steckt in der Erzählung wirklich ein Hinweis auf den Mörder? Und wieso scheint Poe mehr über den Fall zu wissen als der Inspektor selbst?
New York 1841. Aus dem Hudson River wird die grausam zugerichtete Leiche der jungen Tabakverkäuferin Mary Rogers geborgen. High Constable Hays kommt mit seinen Ermittlungen nur schleppend voran. Bis eines Tages Edgar Allan Poe eine Erzählung veröffentlicht, die frappierende Parallelen zu den Morden aufweist. Ist sie der Schlüssel zur Lösung des Mordfalls?
Raffiniert und anspielungsreich: Ein kriminalistischer Hochgenuss.
»Dieser Thriller lebt von der stimmigen New-York-Atmosphäre.« Stern
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.05.2008Rabenschwarzes New York
Mordskomplex: Der amerikanische Autor Joel Rose betätigt sich als Metadetektiv. Er ist Edgar Allen Poe auf der Spur, der einem Gewaltverbrecher nachjagt.
Die Straßen New Yorks sind nicht die sichersten der Welt. Das macht das Leben gefährlich, kann aber auch die Phantasie der Schriftsteller beflügeln. Das weiß man von Serienhelden des vergangenen Jahrhunderts wie Jerry Cotton oder dem kahlköpfigen Kojak, die unermüdlich im Einsatz waren, um Bandenkriege, Mord, Rauschgifthandel und andere Angriffe auf die Zivilisation aufzuklären. Aber sie hatten ihre Vorgänger: Niemand Geringerer als Edgar Allan Poe setzte bereits in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts seinen Ehrgeiz daran, einen der rätselhaftesten Mordfälle der aufstrebenden Millionenstadt zu lösen.
Im Jahr 1841 wurde die Leiche des Ladenmädchens Mary Rogers aus dem Hudson geborgen. Die Ermittlungen verliefen schleppend, und trotz einer großen Zahl von Verdächtigen und lebhafter öffentlicher Spekulationen konnte der wahre Täter nie gefasst werden. Eine besondere Demütigung erfuhr die erfolglose New Yorker Polizei vor allem durch das publizistische Echo auf diesen Fall, denn 1842 unterzog der dreiunddreißigjährige Edgar Allan Poe, der gerade zu einiger Bekanntheit gekommen war, die Umstände von Mary Rogers' Tod einer akribischen Prüfung. Poe verwendete in seiner Fortsetzungsgeschichte, mit der er diesen Fall kommentierte, einen leicht durchschaubaren Kunstgriff: Er verlegte den Schauplatz des Verbrechens vom Hudson an die Seine und gab der Toten den französischen Namen Marie Rogêt. Der eigentliche Held seines Werks aber war der Pariser Meisterdetektiv Auguste Dupin, den Poe kurz zuvor das fiktive Rätsel um die grausamen Morde in der Rue Morgue hatte lösen lassen und der nun, allein durch geduldige Zeitungslektüre, die Fehler und falschen Schlussfolgerungen der New Yorker Ermittler aufdeckte und eine verblüffende Lösung des rätselhaften Todes andeutete.
Die mit vielen gelehrten Exkursen versehene Erzählung über "Das Geheimnis um Marie Rogêt" verrät viel von dem Bestreben Poes, seine außergewöhnliche Kombinationsgabe unter Beweis zu stellen. Ein poetisches Meisterstück ist ihm damit freilich nicht gelungen, wie seine Leserschaft früh erkannt hat. Gleichwohl hat Poes Erzählung bis heute Liebhaber und auch Nachahmer gefunden.
Zu ihnen zählt der 1960 geborene Joel Rose, der sich fast zwanzig Jahre lang mit dem Mord an Mary Rogers beschäftigt hat - die gut fünfhundert Seiten des fertigen Buches seien, so erklärt er nicht ohne Koketterie, nur ein Bruchteil dessen, was er im Lauf der Jahre über diesen Fall geschrieben hat. Rose kennt sich gut aus im Genre der Kriminalliteratur, hat er doch neben mehreren Romanen mit spannenden Sujets auch Drehbücher für die Fernsehserien "Miami Vice" und "Einsatz in Manhattan" verfasst. So schließt sich der Kreis zwischen dem modernen Ermittler Kojak und seinen fiktiven Vorgängern.
Dieser literarischen Ahnenreihe, zu der auch so prominente Figuren wie Sherlock Holmes und Hercule Poirot gehören, fügt Rose nun seinen eigenen kauzigen Detektiv hinzu, den New Yorker Polizeichef Joseph Hays. Der ist in diesem Roman am Ende seiner Dienstzeit angelangt, kennt die Verbrecher seiner Stadt wie kein Zweiter und hat - so will es der Autor - neben dem scharfen Verhör von Verdächtigen vor allem die systematische Ermittlung erfunden, die auf akribischer Spurensicherung und der geduldigen Analyse von Zeugenaussagen beruht. Ein hübsches Verwirrspiel entsteht dadurch, dass Joel Rose virtuos die verschiedenen Ebenen der Fiktion vermengt: Detektiv Hays sei in Wirklichkeit das Urbild für Poes Ermittler Dupin gewesen, versichern gleich mehrere Romanfiguren mit großer Überzeugungskraft. Angesichts dieser behaupteten Genealogie mögen sich Leser, die nicht ganz firm in der Geschichte des Detektivromans sind, verwirrt fragen, wo in diesem Roman die Grenzen der Einbildungskraft verlaufen, wo also historische Fakten aufhören und wo die Erfindung beginnt.
Rose unternimmt viel, um diese Grenze zwischen Realität und Fiktion zu verwischen. Die authentische Topographie New Yorks bildet den Rahmen für die verschlungene Handlung, viele der Figuren entsprechen historischen Vorbildern. Dazu gehören zunächst die Autoren und Verleger, die sich in der aufstrebenden Stadt New York treffen und einander ihre Erfolge neiden; dazu gehören auch die skrupellosen Bandenchefs, die sich bekriegen; und dazu gehört schließlich der Erfinder Samuel Colt, dessen Trommelrevolver die Geschichte des Verbrechens verändert hat. Rose entwirft ein eigenwilliges Porträt dieses geschickten Mannes, dem er sogar die Erfindung des ersten orthopädischen Sessels zuschreibt, was dem gichtkranken Detektiv Hays einige Erholung von seinen Schmerzen ermöglicht.
Im Zentrum des Romans aber steht die düstere Gestalt Edgar Allen Poes, der es nicht schafft, sein überragendes Talent mit einer bürgerlichen Lebensweise zu verbinden. In eindringlichen Szenen, die zu den besten Partien des Romans gehören, erzählt Rose von Poes Armut, seiner Opiumsucht, der verzweifelten Liebe zu seiner kranken Ehefrau, seinen Erfolgen in der New Yorker Damenwelt sowie seinem Ringen um das große Gedicht "The Raven", das ihm erst nach seinem Tode den literarischen Ruhm einbringen sollte, nach dem er so lange gesucht hat. So entsteht - ganz im Einklang mit jüngeren Poe-Biographien - das eindrucksvolle Charakterbild eines Künstlers, dem es zeit seines Lebens nicht gelungen ist, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, und der unter mysteriösen Umständen in Baltimore ums Leben kam, gerade vierzig Jahre alt.
Der Gefahr der Verzettelung vermag aber auch Joel Rose nicht zu entgehen. Sein Roman will zu vieles auf einmal sein, um durchgehend fesseln zu können: Kriminalgeschichte und historisches Sittengemälde, psychologisches Schriftstellerporträt und postmodernes Spiel mit der Fiktion. Verklammert wird die vielsträngige Handlung durch das Rätsel um den Tod der hübschen Mary Rogers. Wie es der kanonischen Form der Detektivgeschichte entspricht, präsentiert der alte Hays am Ende einen Täter, der ein umfassendes Geständnis ablegt und an dessen schlechtem Charakter nun kein Zweifel mehr bleibt.
Wer aber während der Lektüre gehofft hat, durch scharfsinniges Schlussfolgern den Fall zusammen mit dem klugen Detektiv lösen zu können, wird enttäuscht. Zu willkürlich erscheint die Erklärung für den Tod der jungen Frau.
SABINE DOERING
Joel Rose: "Kein Rabe so schwarz". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Karen Nölle. Pendo Verlag, München und Zürich 2007. 518 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mordskomplex: Der amerikanische Autor Joel Rose betätigt sich als Metadetektiv. Er ist Edgar Allen Poe auf der Spur, der einem Gewaltverbrecher nachjagt.
Die Straßen New Yorks sind nicht die sichersten der Welt. Das macht das Leben gefährlich, kann aber auch die Phantasie der Schriftsteller beflügeln. Das weiß man von Serienhelden des vergangenen Jahrhunderts wie Jerry Cotton oder dem kahlköpfigen Kojak, die unermüdlich im Einsatz waren, um Bandenkriege, Mord, Rauschgifthandel und andere Angriffe auf die Zivilisation aufzuklären. Aber sie hatten ihre Vorgänger: Niemand Geringerer als Edgar Allan Poe setzte bereits in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts seinen Ehrgeiz daran, einen der rätselhaftesten Mordfälle der aufstrebenden Millionenstadt zu lösen.
Im Jahr 1841 wurde die Leiche des Ladenmädchens Mary Rogers aus dem Hudson geborgen. Die Ermittlungen verliefen schleppend, und trotz einer großen Zahl von Verdächtigen und lebhafter öffentlicher Spekulationen konnte der wahre Täter nie gefasst werden. Eine besondere Demütigung erfuhr die erfolglose New Yorker Polizei vor allem durch das publizistische Echo auf diesen Fall, denn 1842 unterzog der dreiunddreißigjährige Edgar Allan Poe, der gerade zu einiger Bekanntheit gekommen war, die Umstände von Mary Rogers' Tod einer akribischen Prüfung. Poe verwendete in seiner Fortsetzungsgeschichte, mit der er diesen Fall kommentierte, einen leicht durchschaubaren Kunstgriff: Er verlegte den Schauplatz des Verbrechens vom Hudson an die Seine und gab der Toten den französischen Namen Marie Rogêt. Der eigentliche Held seines Werks aber war der Pariser Meisterdetektiv Auguste Dupin, den Poe kurz zuvor das fiktive Rätsel um die grausamen Morde in der Rue Morgue hatte lösen lassen und der nun, allein durch geduldige Zeitungslektüre, die Fehler und falschen Schlussfolgerungen der New Yorker Ermittler aufdeckte und eine verblüffende Lösung des rätselhaften Todes andeutete.
Die mit vielen gelehrten Exkursen versehene Erzählung über "Das Geheimnis um Marie Rogêt" verrät viel von dem Bestreben Poes, seine außergewöhnliche Kombinationsgabe unter Beweis zu stellen. Ein poetisches Meisterstück ist ihm damit freilich nicht gelungen, wie seine Leserschaft früh erkannt hat. Gleichwohl hat Poes Erzählung bis heute Liebhaber und auch Nachahmer gefunden.
Zu ihnen zählt der 1960 geborene Joel Rose, der sich fast zwanzig Jahre lang mit dem Mord an Mary Rogers beschäftigt hat - die gut fünfhundert Seiten des fertigen Buches seien, so erklärt er nicht ohne Koketterie, nur ein Bruchteil dessen, was er im Lauf der Jahre über diesen Fall geschrieben hat. Rose kennt sich gut aus im Genre der Kriminalliteratur, hat er doch neben mehreren Romanen mit spannenden Sujets auch Drehbücher für die Fernsehserien "Miami Vice" und "Einsatz in Manhattan" verfasst. So schließt sich der Kreis zwischen dem modernen Ermittler Kojak und seinen fiktiven Vorgängern.
Dieser literarischen Ahnenreihe, zu der auch so prominente Figuren wie Sherlock Holmes und Hercule Poirot gehören, fügt Rose nun seinen eigenen kauzigen Detektiv hinzu, den New Yorker Polizeichef Joseph Hays. Der ist in diesem Roman am Ende seiner Dienstzeit angelangt, kennt die Verbrecher seiner Stadt wie kein Zweiter und hat - so will es der Autor - neben dem scharfen Verhör von Verdächtigen vor allem die systematische Ermittlung erfunden, die auf akribischer Spurensicherung und der geduldigen Analyse von Zeugenaussagen beruht. Ein hübsches Verwirrspiel entsteht dadurch, dass Joel Rose virtuos die verschiedenen Ebenen der Fiktion vermengt: Detektiv Hays sei in Wirklichkeit das Urbild für Poes Ermittler Dupin gewesen, versichern gleich mehrere Romanfiguren mit großer Überzeugungskraft. Angesichts dieser behaupteten Genealogie mögen sich Leser, die nicht ganz firm in der Geschichte des Detektivromans sind, verwirrt fragen, wo in diesem Roman die Grenzen der Einbildungskraft verlaufen, wo also historische Fakten aufhören und wo die Erfindung beginnt.
Rose unternimmt viel, um diese Grenze zwischen Realität und Fiktion zu verwischen. Die authentische Topographie New Yorks bildet den Rahmen für die verschlungene Handlung, viele der Figuren entsprechen historischen Vorbildern. Dazu gehören zunächst die Autoren und Verleger, die sich in der aufstrebenden Stadt New York treffen und einander ihre Erfolge neiden; dazu gehören auch die skrupellosen Bandenchefs, die sich bekriegen; und dazu gehört schließlich der Erfinder Samuel Colt, dessen Trommelrevolver die Geschichte des Verbrechens verändert hat. Rose entwirft ein eigenwilliges Porträt dieses geschickten Mannes, dem er sogar die Erfindung des ersten orthopädischen Sessels zuschreibt, was dem gichtkranken Detektiv Hays einige Erholung von seinen Schmerzen ermöglicht.
Im Zentrum des Romans aber steht die düstere Gestalt Edgar Allen Poes, der es nicht schafft, sein überragendes Talent mit einer bürgerlichen Lebensweise zu verbinden. In eindringlichen Szenen, die zu den besten Partien des Romans gehören, erzählt Rose von Poes Armut, seiner Opiumsucht, der verzweifelten Liebe zu seiner kranken Ehefrau, seinen Erfolgen in der New Yorker Damenwelt sowie seinem Ringen um das große Gedicht "The Raven", das ihm erst nach seinem Tode den literarischen Ruhm einbringen sollte, nach dem er so lange gesucht hat. So entsteht - ganz im Einklang mit jüngeren Poe-Biographien - das eindrucksvolle Charakterbild eines Künstlers, dem es zeit seines Lebens nicht gelungen ist, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, und der unter mysteriösen Umständen in Baltimore ums Leben kam, gerade vierzig Jahre alt.
Der Gefahr der Verzettelung vermag aber auch Joel Rose nicht zu entgehen. Sein Roman will zu vieles auf einmal sein, um durchgehend fesseln zu können: Kriminalgeschichte und historisches Sittengemälde, psychologisches Schriftstellerporträt und postmodernes Spiel mit der Fiktion. Verklammert wird die vielsträngige Handlung durch das Rätsel um den Tod der hübschen Mary Rogers. Wie es der kanonischen Form der Detektivgeschichte entspricht, präsentiert der alte Hays am Ende einen Täter, der ein umfassendes Geständnis ablegt und an dessen schlechtem Charakter nun kein Zweifel mehr bleibt.
Wer aber während der Lektüre gehofft hat, durch scharfsinniges Schlussfolgern den Fall zusammen mit dem klugen Detektiv lösen zu können, wird enttäuscht. Zu willkürlich erscheint die Erklärung für den Tod der jungen Frau.
SABINE DOERING
Joel Rose: "Kein Rabe so schwarz". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Karen Nölle. Pendo Verlag, München und Zürich 2007. 518 S., geb., 19,90 [Euro].
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