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"Diese entschlossenen Wanderer der Jetztzeit / kehren den Weg zurück, doch was sag ich! (...) Gefangene sind wir in Fluten der Bilder, Myriaden Zeichen und Botschaftssignalen aus Nichts" (...) Mit ihren Neun Elegien setzt Marie-Thérèse Kerschbaumer die Poetik der Sprache wider die Beschleunigung des Nichts. Als einen Abgesang auf die vergehende Epoche des Buchwissens, der Handfertigkeiten und des Generationen überdauernden Gedächtnisses. Um das Maß aufzuspüren im Jetzigen und dem Kommen des ungewissen Neuen das Fließen von Sprache entgegenzusetzen, denn "Am Anfang war der Wunsch, der Gesang, /…mehr

Produktbeschreibung
"Diese entschlossenen Wanderer der Jetztzeit / kehren den Weg zurück, doch was sag ich! (...) Gefangene sind wir in Fluten der Bilder, Myriaden Zeichen und Botschaftssignalen aus Nichts" (...) Mit ihren Neun Elegien setzt Marie-Thérèse Kerschbaumer die Poetik der Sprache wider die Beschleunigung des Nichts. Als einen Abgesang auf die vergehende Epoche des Buchwissens, der Handfertigkeiten und des Generationen überdauernden Gedächtnisses. Um das Maß aufzuspüren im Jetzigen und dem Kommen des ungewissen Neuen das Fließen von Sprache entgegenzusetzen, denn "Am Anfang war der Wunsch, der Gesang, / am Angang war der Schritt, das Maß, war der Zirkel (...)". In der Langsamkeit der Elegien, in polymorphen Bildern und im Klang der Sprache verschiebt die Dichterin gewohnte Welt-Sichten und verführt die Leserin und den Leser zum Staunen über die Kraft der Poesie, die in der spanischen Übertragung von Maria Elena Blanco ihre kongeniale Entsprechung fand.
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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung

Und hinter tausend Engeln keine Welt
Hölderlin-Fahnen und Rilke-Fähnchen, lose flatternd: Marie-Thérèse Kerschbaumers „Neun Elegien”
Auch wenn man die Begeisterung für Hölderlin verstehen kann, wünscht man sich von seinen Nachfolgern manchmal etwas mehr Nüchternheit. Nein, es genügt nicht, die gleichen Worte wie er im Munde zu führen, es genügt auch nicht, sich verkannt zu fühlen und das Unverständnis der Mitwelt in höheres Auserwähltsein umzudeuten. Wer sich heute Hölderlin zum Vorbild nehmen will, der muss andere Wörter finden. Unser Himmel ist nicht mehr der des 18. und 19. Jahrhunderts, unser Horizont ein anderer. „Ferne” bedeutet für einen, der zu Fuß nach Bordeaux gewandert ist, etwas anderes als für uns, die wir mit dem Flugzeug reisen und Bilder der Erde aus Weltraumperspektive kennen.
Marie-Thérèse Kerschbaumer bedient sich recht ungeniert bei Hölderlin und Rilke, gelegentlich auch bei Celan. In ihren neun Elegien, die einer Art écriture automatique des hohen Tons folgen, gibt es nur einen einzigen schlichten Satz. Er bezieht sich auf den Tod eines Freundes: „Ich rufe leise dich / du kehrst nicht um.” Doch selbst diese Schlichtheit ist geborgt, von den Widmungsgedichten Else Lasker-Schülers.
Natürlich schöpft kein Schriftsteller, ob Prosaist oder Lyriker, aus dem Nichts. Aber der Grat zwischen bewundernder Anleihe und Epigonentum ist schmal. Durch das Werk eines anderen hindurchzugehen, um es dann, aus eigenem Impuls, in etwas anderes zu verwandeln, ist die Kunst. Das leisten diese Elegien nicht. Sie hissen überall Hölderlin- und Rilke-Fähnchen, die lose im Wind einer altertümlichen Sprache vor sich hinflattern, erreichen aber nie die gedankliche Dimension der Vorbilder. Selbst wer nur wenig mit der Philosophie Hölderlins vertraut ist, wird in jeder Hymne, in jeder Idylle oder Elegie eine Topographie von Gedankenwegen erkennen. Und auch Rilkes „Duineser Elegien” sind keine schlichten Klagegesänge, sondern erkunden die Möglichkeiten der Figuralisierung in säkularer Zeit.
Der Weltschmerz der 1936 geborenen Österreicherin ist unverkennbar, nicht aber die Welt, in der sie lebt. Da wird Umweltverschmutzungs- und Medienkritik in einem Vokabular geübt, das allenfalls „gebenedeiten” Engeln einleuchten mag: „Gefangene sind wir in Fluten der Bilder”. In Fluten kann man untergehen, aber nicht gefangen sein. Und wenn uns in der vierten Elegie die Ergriffenheit des lyrischen Ich bei der Imagination all dessen, was KZ-Häftlinge zurücklassen mussten, vorgeführt wird, dann sollte sich ein schwammiges „Von wannen kamen, von dannen gehen” eigentlich verbieten. Dass die Gedichte auch noch ins Spanische übersetzt sind, mag zwar biographisch verständlich sein - der Vater der Autorin war Kubaner -, verstärkt aber den Eindruck des Prätentiösen. „Ahnen! Engel / der Ferne, habt ihr gelind meine / Mühen gesehn und lächelnd, / dass ich’s grad noch ertrage / was Welt ist, in meiner Zeit?” Um die Mühen zu sehen, muss man kein Engel sein, lächeln allerdings kann man darüber nicht.
MEIKE FESSMANN
MARIE-THÉRÈSE KERSCHBAUMER: Neun Elegien / Nueve elegías. Deutsch und Spanisch. Übertragen von María Elena Blanco. Mit einem Nachwort von Julian Schutting. Wieser Verlag, Klagenfurt 2004. 84 Seiten, 17 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ziemlich böse straft Meike Fessmann in einer kurzen Kritik diese neun Elegien von Marie-Therese Kerschbaumer als "ecriture automatique des hohen Tons" und wirft der Autorin vor, sich "recht ungeniert" bei ihren dichterischen Vorbildern zu bedienen: "Überall Hölderlin- und Rilke-Fähnchen, die lose im Wind einer altertümlichen Sprache vor sich hinflattern". Auch dass Umweltverschmutzung und Medien bei der Dichterin einen derartigen Weltschmerz hinterlassen haben, will ihr Fessmann nicht abkaufen, zumal Kerschbaumer, wenn es etwa um Konzentrationslager geht, die dezidierten Worte zu fehlen scheinen.

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