Jemand musste David Altenstetter verleumdet haben. Statt in die Kirche, so hieß es, gehe er des Nachts zu geheimen Konventen in den Wäldern außerhalb der Stadt. Die Obrigkeit schickt ihre Schergen aus, um den berühmten Goldschmied in Ketten zu legen. Altenstetter weiß: Wer der Ketzerei überführt wird, muss brennen. Es beginnt ein Verhör auf Leben und Tod ...
Augsburg im späten 16. Jahrhundert war der Ort eines prekären Gleichgewichts. Nicht nur haderten die beiden großen Konfessionen miteinander um die Deutung der menschlichen Existenz und die weltliche Macht. Die Menschen waren auch hin- und hergerissen zwischen christlichen und magischen Vorstellungen. Geister, Werwölfe und Untote bevölkerten die Traumlandschaften der Zeitgenossen, Pest und Türkengefahr nährten Phantasien vom drohenden Weltende. Bernd Roeck macht sich auf die Spurensuche jener schillernd sinistren Welt der Frühen Neuzeit. Indem er Stück für Stück die Biographie des brillanten Goldschmieds David Altenstetter rekonstruiert, macht er das Leben in einer deutschen Stadt mit allen Sinnen erfahrbar und führt in die längst verdrängte spirituelle Geschichte des 16. Jahrhunderts ein. Roecks Buch ist nicht weniger als eine glänzend erzählte archäologische Reise ins Unbewusste der europäischen Kultur.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Augsburg im späten 16. Jahrhundert war der Ort eines prekären Gleichgewichts. Nicht nur haderten die beiden großen Konfessionen miteinander um die Deutung der menschlichen Existenz und die weltliche Macht. Die Menschen waren auch hin- und hergerissen zwischen christlichen und magischen Vorstellungen. Geister, Werwölfe und Untote bevölkerten die Traumlandschaften der Zeitgenossen, Pest und Türkengefahr nährten Phantasien vom drohenden Weltende. Bernd Roeck macht sich auf die Spurensuche jener schillernd sinistren Welt der Frühen Neuzeit. Indem er Stück für Stück die Biographie des brillanten Goldschmieds David Altenstetter rekonstruiert, macht er das Leben in einer deutschen Stadt mit allen Sinnen erfahrbar und führt in die längst verdrängte spirituelle Geschichte des 16. Jahrhunderts ein. Roecks Buch ist nicht weniger als eine glänzend erzählte archäologische Reise ins Unbewusste der europäischen Kultur.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2010Schnörkelwesen
Derb, phantasievoll, opulent: Bernd Roeck erkundet das Leben eines Goldschmieds und vermeintlichen Ketzers
Dieser Mann hat eine blühende Phantasie. Expressiv schillernde Kreaturen entspringen seiner Einbildungskraft, und wenn er über Gott und die Welt nachdenkt, lässt er die breit getrampelten Pfade links liegen. Wir sprechen von David Altenstetter, einem Augsburger Goldschmied der späten Renaissance. Ein bisschen aber auch von Bernd Roeck, dem in Zürich lehrenden Historiker, der Altenstetters Leben im Kosmos der Reformation erforscht hat. So lustvoll spekuliert Roeck über die Beziehungsnetze des Goldschmieds, dass die Stadt des späten 16. Jahrhunderts als ebenso derbes wie feinziseliertes Diorama vor dem Leser ausgebreitet wird. Gäbe es 3D-Kinos in Buchform, Roeck hätte eins geschrieben – Soundeffekte, Geruchsproben und Wetteranimationen inklusive.
Was macht das Leben des um 1547 im Elsass geborenen, später in Augsburg heimischen Altenstetter so interessant? Zum einen die Tatsache, dass er der Ketzerei verdächtigt wurde und in eine gefährliche Untersuchungsmühle geriet, die ihn leicht hätte das Leben kosten können. Zum anderen sind es die großen Bruchlinien der Zeit, die sich in einem bodenständigen Handwerkerleben abzeichnen: das Auseinanderdriften von Religion auf der einen, Kunst, Wissenschaft und säkularem Bürgertum auf der anderen Seite. In dieser aus den spätmittelalterlichen Fugen geratenen Welt bekämpfen sich etliche Glaubensrichtungen, prunken Fürsten mit ihren Kunstkammern, suchen Alchemisten nach dem schnellen Gold. Humanistische Gelehrte ringen um eine geistige Ordnung, in der die von Luther so benannte „tollerantz” kein Schimpfwort mehr wäre. Und in der Kunst sprießen derweil die Schnörkel, ranken und schlängeln sich manieristische Ornamente ins Bild; fast so, als sei die Welt eine überquellende Schatztruhe, die man nicht mehr verschließen kann.
Inmitten dieses Vanitas-Trubels fertigt Altenstetter seine Emaille-Miniaturen. Erhalten sind verschiedene Kunst- und Gebrauchsgegenstände – Silberbesteck, Pokale und Zierplatten –, die mit der wimmelnden Ornamentik des Manierismus geschmückt sind: Blumen, Vögel, Libellen, Affen, mythologische Tiermenschfiguren, Monster und Fabelwesen. Als Altenstetter am 4. Dezember 1598 von den Ratsherren verhört wird, ist er weit über die Stadt hinaus für seine Kunst bekannt und zählt zu den wohlhabenden Bürgern Augsburgs, erklärt Roeck mithilfe der Steuerbücher. Aber alles Ansehen nützt nichts. Man verdächtigt den Goldschmied, geheime Versammlungen zu besuchen, und auf die Frage, welcher Religion er angehöre, antwortet er ausweichend. Er bleibt vorerst in Haft, man droht ihm sogar mit Folter. Altenstetter, das rekonstruiert Roeck aus der Bibliothek und den Freundschaften des Goldschmieds, stand den Anhängern des schlesischen Adligen Caspar Schwenckfeld nahe. Die Schwenckfelder setzten sich für einen selbstbestimmten Glauben ohne Rituale und kirchliche Institutionen ein – ein geradezu aufgeklärt anmutendes Programm, das die etablierten Kirchen mit aller Macht bekämpften.
Welche Wege führen von der spirituellen Gottessuche eines freien Geistes zu den farbsprühenden Monster- und Blumen-Ornamenten? Wie verbinden sich Kunst und Religion in einem Handwerkerleben, das vom alltäglichen Broterwerb und vom Streit mit anderen Zünften geprägt ist? „Technik des Selbst” bedeutet für Altenstetter wohl zuallererst, in seiner Werkstatt den perfekten Tiefschnitt im Metall zu entwickeln. Aber auch die Lektüre theologischer Schriften und das religiöse Gespräch mit Freunden auf Spaziergängen außerhalb der Stadt gehören zu einer Selbstformung, die auf den neu entstehenden psychischen Innenraum der Renaissance verweist.
Mit Enthusiasmus und Akribie macht sich der Autor daran, den Mikrokosmos des Goldschmieds zu erschließen. Wer zählte zu seinen Bekannten, und welche Bekannten dieser Bekannten könnte auch Altenstetter gekannt haben? Betrieb er ein Alchemielabor, weil sein Nachbar, ein Fugger, mit Alchemisten in Kontakt stand? Und hatte er über einen gelehrten Freund die Renaissance-Übersetzungen Ovids kennengelernt?
Gerade die spekulativen Schleifen des Buches sind ein großer Gewinn, weil sie hervorheben, dass Wissenschaft auch von Phantasie lebt. Leidvolle Leseerfahrungen lehren, dass die historische Kärrnerarbeit ohne Imaginationskraft eine öde Veranstaltung bleibt. Roeck verwandelt Fakten in Geschichten: Er weiß, was bei dem Handwerker auf den Mittagstisch kam (Kohlsuppe, gereicht schon gegen 10 Uhr), und entwirft ein mögliches Szenario der religiösen Entwicklung Altenstetters. Das mutet manchmal ein bisschen alchemistisch an, aber es eröffnet eine fremde Welt, in der das Denken in Analogien und das Aufgehobensein im göttlichen Kosmos von entscheidender Bedeutung sind.
Man mag dabei an Carlo Ginzburgs mikrohistorischen Klassiker „Der Käse und die Würmer” über das Leben eines Müllers um 1600 denken, und auch die alltagsgeschichtlichen Recherchen von Natalie Zemon Davis zur Frühen Neuzeit in Frankreich liegen nicht fern. Entscheidend ist aber, dass in „Ketzer, Künstler und Dämonen” die Kunst das wichtigste Mittel zur Welterschließung darstellt. Wie man mit Kunstwerken ein komplexes Sozialgefüge entschlüsselt, hat Bernd Roeck in vorangegangenen Büchern vorgeführt: „Mörder, Maler und Mäzene” enthüllte mit kriminalwissenschaftlicher Energie den Mordfall um Piero della Francescas „Geißelung”; und „Die Nase Italiens” – verfasst mit dem Kunsthistoriker Andreas Tönnesmann – analysierte, wie der profilstarke Herzog von Urbino sich selbst zur Marke machte.
Bei Altenstetters Schnörkelwesen ist die Lage etwas verzwickter, denn „in seiner Unbestimmtheit ist das Groteskenornament ‚letztes Wort‘, es steht nicht in irgendwelchen Diensten”, schreibt Roeck. Er erkennt in solcher Unbestimmtheit die Lücke, die das Ornament dem frommen Goldschmied lässt – und damit den Beginn einer Epoche, in der die Kunst zur großen Konkurrentin der Religion heranwächst.
Vor allem aber ist es Roecks stilistische Verve, die aus dem kleinen Goldschmiedleben die sozialen, religiösen und künstlerischen Ambivalenzen der Epoche herauspoliert. Eine „finstere Armee wandelnder Skelette” muss die Hungerzeiten überstehen, während Rudolf II. die Stadt Augsburg als „eine Art Luxuskaufhaus” betrachtet. Maden räkeln sich im fauligen Fleisch, Zobelpelze schimmern und Kerzen flackern in düsteren Verhörgewölben. Solch opulente Drastik katapultiert die Leserschaft direkt ins 16. Jahrhundert – wer etwas gediegen Staubiges erwartet, sollte sich anschnallen. JUTTA PERSON
BERND ROECK: Ketzer, Künstler und Dämonen. Die Welten des Goldschmieds David Altenstetter. Eine Geschichte aus der Renaissance. Verlag C. H. Beck, München 2009. 288 Seiten, 24,90 Euro.
Das hier ist 3D-Kino in Buchform: Soundeffekte, Geruchsproben, Monster . . .
Das Luxushandwerk führt in einen neu entstehenden psychischen Innenraum
Ornament und Verbrechen: Ein Deckelpokal mit Emaille-Arbeit von David Altenstetter, entstanden 1610 Abbildung aus dem besprochenen Band
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Derb, phantasievoll, opulent: Bernd Roeck erkundet das Leben eines Goldschmieds und vermeintlichen Ketzers
Dieser Mann hat eine blühende Phantasie. Expressiv schillernde Kreaturen entspringen seiner Einbildungskraft, und wenn er über Gott und die Welt nachdenkt, lässt er die breit getrampelten Pfade links liegen. Wir sprechen von David Altenstetter, einem Augsburger Goldschmied der späten Renaissance. Ein bisschen aber auch von Bernd Roeck, dem in Zürich lehrenden Historiker, der Altenstetters Leben im Kosmos der Reformation erforscht hat. So lustvoll spekuliert Roeck über die Beziehungsnetze des Goldschmieds, dass die Stadt des späten 16. Jahrhunderts als ebenso derbes wie feinziseliertes Diorama vor dem Leser ausgebreitet wird. Gäbe es 3D-Kinos in Buchform, Roeck hätte eins geschrieben – Soundeffekte, Geruchsproben und Wetteranimationen inklusive.
Was macht das Leben des um 1547 im Elsass geborenen, später in Augsburg heimischen Altenstetter so interessant? Zum einen die Tatsache, dass er der Ketzerei verdächtigt wurde und in eine gefährliche Untersuchungsmühle geriet, die ihn leicht hätte das Leben kosten können. Zum anderen sind es die großen Bruchlinien der Zeit, die sich in einem bodenständigen Handwerkerleben abzeichnen: das Auseinanderdriften von Religion auf der einen, Kunst, Wissenschaft und säkularem Bürgertum auf der anderen Seite. In dieser aus den spätmittelalterlichen Fugen geratenen Welt bekämpfen sich etliche Glaubensrichtungen, prunken Fürsten mit ihren Kunstkammern, suchen Alchemisten nach dem schnellen Gold. Humanistische Gelehrte ringen um eine geistige Ordnung, in der die von Luther so benannte „tollerantz” kein Schimpfwort mehr wäre. Und in der Kunst sprießen derweil die Schnörkel, ranken und schlängeln sich manieristische Ornamente ins Bild; fast so, als sei die Welt eine überquellende Schatztruhe, die man nicht mehr verschließen kann.
Inmitten dieses Vanitas-Trubels fertigt Altenstetter seine Emaille-Miniaturen. Erhalten sind verschiedene Kunst- und Gebrauchsgegenstände – Silberbesteck, Pokale und Zierplatten –, die mit der wimmelnden Ornamentik des Manierismus geschmückt sind: Blumen, Vögel, Libellen, Affen, mythologische Tiermenschfiguren, Monster und Fabelwesen. Als Altenstetter am 4. Dezember 1598 von den Ratsherren verhört wird, ist er weit über die Stadt hinaus für seine Kunst bekannt und zählt zu den wohlhabenden Bürgern Augsburgs, erklärt Roeck mithilfe der Steuerbücher. Aber alles Ansehen nützt nichts. Man verdächtigt den Goldschmied, geheime Versammlungen zu besuchen, und auf die Frage, welcher Religion er angehöre, antwortet er ausweichend. Er bleibt vorerst in Haft, man droht ihm sogar mit Folter. Altenstetter, das rekonstruiert Roeck aus der Bibliothek und den Freundschaften des Goldschmieds, stand den Anhängern des schlesischen Adligen Caspar Schwenckfeld nahe. Die Schwenckfelder setzten sich für einen selbstbestimmten Glauben ohne Rituale und kirchliche Institutionen ein – ein geradezu aufgeklärt anmutendes Programm, das die etablierten Kirchen mit aller Macht bekämpften.
Welche Wege führen von der spirituellen Gottessuche eines freien Geistes zu den farbsprühenden Monster- und Blumen-Ornamenten? Wie verbinden sich Kunst und Religion in einem Handwerkerleben, das vom alltäglichen Broterwerb und vom Streit mit anderen Zünften geprägt ist? „Technik des Selbst” bedeutet für Altenstetter wohl zuallererst, in seiner Werkstatt den perfekten Tiefschnitt im Metall zu entwickeln. Aber auch die Lektüre theologischer Schriften und das religiöse Gespräch mit Freunden auf Spaziergängen außerhalb der Stadt gehören zu einer Selbstformung, die auf den neu entstehenden psychischen Innenraum der Renaissance verweist.
Mit Enthusiasmus und Akribie macht sich der Autor daran, den Mikrokosmos des Goldschmieds zu erschließen. Wer zählte zu seinen Bekannten, und welche Bekannten dieser Bekannten könnte auch Altenstetter gekannt haben? Betrieb er ein Alchemielabor, weil sein Nachbar, ein Fugger, mit Alchemisten in Kontakt stand? Und hatte er über einen gelehrten Freund die Renaissance-Übersetzungen Ovids kennengelernt?
Gerade die spekulativen Schleifen des Buches sind ein großer Gewinn, weil sie hervorheben, dass Wissenschaft auch von Phantasie lebt. Leidvolle Leseerfahrungen lehren, dass die historische Kärrnerarbeit ohne Imaginationskraft eine öde Veranstaltung bleibt. Roeck verwandelt Fakten in Geschichten: Er weiß, was bei dem Handwerker auf den Mittagstisch kam (Kohlsuppe, gereicht schon gegen 10 Uhr), und entwirft ein mögliches Szenario der religiösen Entwicklung Altenstetters. Das mutet manchmal ein bisschen alchemistisch an, aber es eröffnet eine fremde Welt, in der das Denken in Analogien und das Aufgehobensein im göttlichen Kosmos von entscheidender Bedeutung sind.
Man mag dabei an Carlo Ginzburgs mikrohistorischen Klassiker „Der Käse und die Würmer” über das Leben eines Müllers um 1600 denken, und auch die alltagsgeschichtlichen Recherchen von Natalie Zemon Davis zur Frühen Neuzeit in Frankreich liegen nicht fern. Entscheidend ist aber, dass in „Ketzer, Künstler und Dämonen” die Kunst das wichtigste Mittel zur Welterschließung darstellt. Wie man mit Kunstwerken ein komplexes Sozialgefüge entschlüsselt, hat Bernd Roeck in vorangegangenen Büchern vorgeführt: „Mörder, Maler und Mäzene” enthüllte mit kriminalwissenschaftlicher Energie den Mordfall um Piero della Francescas „Geißelung”; und „Die Nase Italiens” – verfasst mit dem Kunsthistoriker Andreas Tönnesmann – analysierte, wie der profilstarke Herzog von Urbino sich selbst zur Marke machte.
Bei Altenstetters Schnörkelwesen ist die Lage etwas verzwickter, denn „in seiner Unbestimmtheit ist das Groteskenornament ‚letztes Wort‘, es steht nicht in irgendwelchen Diensten”, schreibt Roeck. Er erkennt in solcher Unbestimmtheit die Lücke, die das Ornament dem frommen Goldschmied lässt – und damit den Beginn einer Epoche, in der die Kunst zur großen Konkurrentin der Religion heranwächst.
Vor allem aber ist es Roecks stilistische Verve, die aus dem kleinen Goldschmiedleben die sozialen, religiösen und künstlerischen Ambivalenzen der Epoche herauspoliert. Eine „finstere Armee wandelnder Skelette” muss die Hungerzeiten überstehen, während Rudolf II. die Stadt Augsburg als „eine Art Luxuskaufhaus” betrachtet. Maden räkeln sich im fauligen Fleisch, Zobelpelze schimmern und Kerzen flackern in düsteren Verhörgewölben. Solch opulente Drastik katapultiert die Leserschaft direkt ins 16. Jahrhundert – wer etwas gediegen Staubiges erwartet, sollte sich anschnallen. JUTTA PERSON
BERND ROECK: Ketzer, Künstler und Dämonen. Die Welten des Goldschmieds David Altenstetter. Eine Geschichte aus der Renaissance. Verlag C. H. Beck, München 2009. 288 Seiten, 24,90 Euro.
Das hier ist 3D-Kino in Buchform: Soundeffekte, Geruchsproben, Monster . . .
Das Luxushandwerk führt in einen neu entstehenden psychischen Innenraum
Ornament und Verbrechen: Ein Deckelpokal mit Emaille-Arbeit von David Altenstetter, entstanden 1610 Abbildung aus dem besprochenen Band
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2010Der Historiker als Nekromant
Drehbuch für einen Historienfilm: Bernd Roeck lässt sich für seine Geschichte des Goldschmieds David Altenstetter vom Engel der Geschichte zuwinken und flicht gewandt seine Indizienketten.
In einer seiner späten Schriften sinnierte Aby Warburg über die frühen Gehversuche des modernen Wissenschaftlers "im Zeitalter des Faust". Zuerst skizzierte er ihn nach bewährtem Muster als eine Zwei-Seelen-Figur, die zwischen Magie und Mathematik hin und her geschwankt sei. Dann erging er sich gleich kühn ins Allgemeine: "Athen will eben immer wieder neu aus Alexandrien zurückerobert sein."
In diesem Satz sieht der an der Universität Zürich lehrende Historiker Bernd Roeck eine Anspielung "auf den langen, von unzähligen Niederlagen geprägten Kampf des ,guten Europäers' um Aufklärung und Vernunft". Roeck widmet sein jüngstes Buch einer Figur, die er als frühes Exemplar dieser Spezies versteht. Es ist der Augsburger Goldschmied und religiöse Freigeist David Altenstetter, der in den Jahrzehnten vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges gelebt hat.
In der Geschichte tritt aber nicht nur der Held, sondern auch der Autor als Athener auf. Allerdings erscheint er als einer, der die Alexandriner mit ihren eigenen Waffen schlagen will. Roeck inszeniert sich als aufklärerischer Geistesbeschwörer. Mit dem wissenschaftlichen Gepäck des Historikers tritt er eine Zeitreise an. Er steigt ins Archiv, wo er sich über den "Ausdünstungen von altem Papier und Staub" in einen "Totenbeschwörer, einen Nekromanten", verwandelt und das "Aroma" einsaugt, "das der ,Engel der Geschichte' aus grauer Vorzeit in die Gegenwart wehen lässt".
Dank dieser Methode macht er Bekanntschaft mit einem Bürger seiner Heimatstadt, der am Anfang des konfessionellen Winters steht und der ihm zugleich als Vorbote eines säkularen Frühlings erscheint. Entstanden aus dieser Begegnung ist ein interessantes Mischgenre, ein Stück historiographischer Fiktion, mit dem sich jeder Junghistoriker um Kopf und Kragen bringen würde, das für einen gestandenen Wissenschaftler von Roecks Statur aber ein amüsantes und provokantes Experiment darstellen mag.
Obwohl Roeck betont, dass von keinem Goldschmied des 16. Jahrhunderts, ausgenommen Benvenuto Cellini, so viel an archivalischem und künstlerischem Material überliefert sei, ist aus den Quellen kaum etwas Gesichertes über das Denken, Leben und Wirken Altenstetters herauszuziehen. Der Autor braucht schon deshalb viel historiographischen Erfindergeist, um seinem Helden Leben einzuhauchen.
Altenstetter wurde Mitte des 16. Jahrhunderts in Colmar geboren, als Goldschmied trat er aber erst nach seiner Übersiedlung nach Augsburg in Erscheinung, wo er eine vermögende Bürgerstochter heiratete und bald zu größeren Aufträgen kam. Was ihn als historische Gestalt aber richtig interessant macht, war ein langes Wochenende im Dezember 1598, das er zusammen mit zwei befreundeten Handwerkern im Gefängnis unter dem Alten Rathaus verbrachte. Von diesem Wochenende sind Verhörprotokolle überliefert. In ihnen werden den Verdächtigen geheime sonntägliche Treffen und regelmäßiges Schwänzen der kirchlichen Gottesdienste zur Last gelegt. Sie enthalten zudem ein paar Antworten der Inhaftierten, die in der Tat bemerkenswert sind.
Auf die Frage, welcher Konfession sie angehörten, bestritten die Handwerker zwar vehement, Täufer zu sein, drückten sich aber um ein Bekenntnis zu einem der beiden offiziell anerkannten Glaubensbekenntnisse. Während der Kürschner Martin Küenle geradeheraus erzählte, der "Schwenckfeldische Glauben" gefalle ihm am besten, gab Altenstetter vorsichtig an, er sei "der Religion halben bisher frei" gewesen, habe Gottesdienste der Lutheraner und Katholiken besucht, sich aber noch für keine der beiden entscheiden können. Um seine Frömmigkeit zu unterstreichen, nannte er vier Bücher, die er "daheim zu Haus" gelesen habe: eine vorreformatorische deutsche Bibel, den verdeutschten Kommentar des Erasmus zum Neuen Testament sowie zwei Schriften spätmittelalterlicher Mystiker. Nach dem Eintreffen dreier Bittschriften und dem Verneinen geheimer Versammlungen kamen die Handwerker frei - und der ganze Spuk hatte offenbar ein Ende.
Aus diesen Verhörprotokollen, ergänzt um ein paar versprengte Quellen, gestaltet Roeck die Identität seines Goldschmieds. Das Resultat ist eine Biographie im Konjunktiv. Roeck vermutet, Altenstetter habe zu den verstreuten Anhängern des schlesischen Adeligen Caspar Schwenckfeld von Ossig (1490-1561) gehört, der eine von Riten, Dogmen und Bildern befreite, rein innerliche Religiosität gepredigt habe und dafür gemeinhin als "Spiritualist" verschrien worden sei. Die "Bibliothek" des Goldschmieds mit ihren zwei vorreformatorischen Mystikern und mit dem zu häuslicher Bibellektüre ermunternden Erasmus passt für Roeck ideal in dieses Bild.
Weiter mutmaßt der Autor, Altenstetter könnte "Chef eines Fuggerschen Alchemielabors" gewesen sein, welches die Augsburger "Tycoons" womöglich im Keller des von ihnen gestifteten Sanatoriums für Syphilis-Patienten eingerichtet hätten. Vielleicht habe der Kunsthandwerker auch eine Reise nach Prag unternommen, um am Hof Kaiser Rudolfs II. bei der Herstellung der habsburgischen Hauskrone mitzuwirken.
Vor allem aber bringt Roeck Altenstetters Goldschmiedekunst mit dem Spiritualismus der Schwenckfeldianer in Verbindung. Er deutet die Ornamentgrotesken auf den erhaltenen Email-Zierscheiben, Tischuhren und Pokalen als eine Inszenierung halb dämonischer, halb diesseitiger Zwitterwesen, die sich dem Kontrollzwang und Reinheitsgebot der Konfessionskirchen widersetzten - und letztlich an der Schaffung jenes "Denkraums" beteiligt waren, in dem Warburg seinen faustischen Wissenschaftler verortete. Roeck betont in diesem Zusammenhang auch, dass sich Altenstetter nicht mehr als bloßer Handwerker, sondern als origineller Künstler verstanden habe. Daher die Signaturen auf seinen Werken, daher der Drang zum Fürstenhof.
Roeck scheint es nicht darauf angelegt zu haben, mit seinen Indizienketten vor dem Gerichtshof der Historikerzunft einen Prozess zu führen. Vielmehr nutzt er den Mangel an Beweisen, um aus seinem gewaltigen Wissensschatz über die Augsburger Geschichte selbst eine Welt zu zimmern, die wenn nicht wirklich, so doch wahrhaftig erscheinen soll. Viele Passagen des Buches lesen sich wie ein Drehbuch für einen Historienfilm. In ihnen schildert Roeck ein von Dreck, Verwesungsgestank, Folter, Kälte und Dunkelheit geprägtes Stadtleben, aus dem sein "guter Europäer" umso heller hervorstrahlt.
Obwohl Roeck seiner Phantasie kaum Zurückhaltung auferlegt, hat er keinen historischen Roman geschrieben. Jedes archivalische Indiz ist sorgfältig aufgeführt, zwischen Verbürgtem und Vermutetem wird klar unterschieden. Fragt sich also nur, wie ernst sich Roeck selber als Geistesbeschwörer nimmt. Aus Zwischentiteln wie "Altenstetter, Duchamp, Beuys" möchte man herauslesen, dass hier einer mit zwinkerndem Auge am Schreibtisch saß.
Andere Stellen dagegen lassen auf einen höheren Wahrheitsanspruch schließen - und da kann es einem mitunter etwas unheimlich werden. Nachdem der Autor eindringlich geschildert hat, wie Altenstetter am Freitag, dem 4. Dezember 1598, seine erste Befragung durch die "Eisenherren" überstanden hat und im Verlies der kommenden Verhöre harrt, macht er einen Schnitt: "Draußen ist es längst dunkel geworden. Auf den Straßen und Gassen herrscht nun Stille, die längst verlorene Stille der frühneuzeitlichen Nacht. Es ist Neumond, der schwarze Himmel gehört allein den kalt und hell flimmernden Sternen." Und dann folgt - als Ausweis des wissenschaftlichen Anspruchs - die Anmerkung: "Zur spektakulären Wirkung frühneuzeitlicher Sterne: Olsen."
CASPAR HIRSCHI
Bernd Roeck: "Ketzer, Künstler und Dämonen". Die Welten des Goldschmieds David Altenstetter. Verlag C. H. Beck, München 2009. 288 S., Abb., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Drehbuch für einen Historienfilm: Bernd Roeck lässt sich für seine Geschichte des Goldschmieds David Altenstetter vom Engel der Geschichte zuwinken und flicht gewandt seine Indizienketten.
In einer seiner späten Schriften sinnierte Aby Warburg über die frühen Gehversuche des modernen Wissenschaftlers "im Zeitalter des Faust". Zuerst skizzierte er ihn nach bewährtem Muster als eine Zwei-Seelen-Figur, die zwischen Magie und Mathematik hin und her geschwankt sei. Dann erging er sich gleich kühn ins Allgemeine: "Athen will eben immer wieder neu aus Alexandrien zurückerobert sein."
In diesem Satz sieht der an der Universität Zürich lehrende Historiker Bernd Roeck eine Anspielung "auf den langen, von unzähligen Niederlagen geprägten Kampf des ,guten Europäers' um Aufklärung und Vernunft". Roeck widmet sein jüngstes Buch einer Figur, die er als frühes Exemplar dieser Spezies versteht. Es ist der Augsburger Goldschmied und religiöse Freigeist David Altenstetter, der in den Jahrzehnten vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges gelebt hat.
In der Geschichte tritt aber nicht nur der Held, sondern auch der Autor als Athener auf. Allerdings erscheint er als einer, der die Alexandriner mit ihren eigenen Waffen schlagen will. Roeck inszeniert sich als aufklärerischer Geistesbeschwörer. Mit dem wissenschaftlichen Gepäck des Historikers tritt er eine Zeitreise an. Er steigt ins Archiv, wo er sich über den "Ausdünstungen von altem Papier und Staub" in einen "Totenbeschwörer, einen Nekromanten", verwandelt und das "Aroma" einsaugt, "das der ,Engel der Geschichte' aus grauer Vorzeit in die Gegenwart wehen lässt".
Dank dieser Methode macht er Bekanntschaft mit einem Bürger seiner Heimatstadt, der am Anfang des konfessionellen Winters steht und der ihm zugleich als Vorbote eines säkularen Frühlings erscheint. Entstanden aus dieser Begegnung ist ein interessantes Mischgenre, ein Stück historiographischer Fiktion, mit dem sich jeder Junghistoriker um Kopf und Kragen bringen würde, das für einen gestandenen Wissenschaftler von Roecks Statur aber ein amüsantes und provokantes Experiment darstellen mag.
Obwohl Roeck betont, dass von keinem Goldschmied des 16. Jahrhunderts, ausgenommen Benvenuto Cellini, so viel an archivalischem und künstlerischem Material überliefert sei, ist aus den Quellen kaum etwas Gesichertes über das Denken, Leben und Wirken Altenstetters herauszuziehen. Der Autor braucht schon deshalb viel historiographischen Erfindergeist, um seinem Helden Leben einzuhauchen.
Altenstetter wurde Mitte des 16. Jahrhunderts in Colmar geboren, als Goldschmied trat er aber erst nach seiner Übersiedlung nach Augsburg in Erscheinung, wo er eine vermögende Bürgerstochter heiratete und bald zu größeren Aufträgen kam. Was ihn als historische Gestalt aber richtig interessant macht, war ein langes Wochenende im Dezember 1598, das er zusammen mit zwei befreundeten Handwerkern im Gefängnis unter dem Alten Rathaus verbrachte. Von diesem Wochenende sind Verhörprotokolle überliefert. In ihnen werden den Verdächtigen geheime sonntägliche Treffen und regelmäßiges Schwänzen der kirchlichen Gottesdienste zur Last gelegt. Sie enthalten zudem ein paar Antworten der Inhaftierten, die in der Tat bemerkenswert sind.
Auf die Frage, welcher Konfession sie angehörten, bestritten die Handwerker zwar vehement, Täufer zu sein, drückten sich aber um ein Bekenntnis zu einem der beiden offiziell anerkannten Glaubensbekenntnisse. Während der Kürschner Martin Küenle geradeheraus erzählte, der "Schwenckfeldische Glauben" gefalle ihm am besten, gab Altenstetter vorsichtig an, er sei "der Religion halben bisher frei" gewesen, habe Gottesdienste der Lutheraner und Katholiken besucht, sich aber noch für keine der beiden entscheiden können. Um seine Frömmigkeit zu unterstreichen, nannte er vier Bücher, die er "daheim zu Haus" gelesen habe: eine vorreformatorische deutsche Bibel, den verdeutschten Kommentar des Erasmus zum Neuen Testament sowie zwei Schriften spätmittelalterlicher Mystiker. Nach dem Eintreffen dreier Bittschriften und dem Verneinen geheimer Versammlungen kamen die Handwerker frei - und der ganze Spuk hatte offenbar ein Ende.
Aus diesen Verhörprotokollen, ergänzt um ein paar versprengte Quellen, gestaltet Roeck die Identität seines Goldschmieds. Das Resultat ist eine Biographie im Konjunktiv. Roeck vermutet, Altenstetter habe zu den verstreuten Anhängern des schlesischen Adeligen Caspar Schwenckfeld von Ossig (1490-1561) gehört, der eine von Riten, Dogmen und Bildern befreite, rein innerliche Religiosität gepredigt habe und dafür gemeinhin als "Spiritualist" verschrien worden sei. Die "Bibliothek" des Goldschmieds mit ihren zwei vorreformatorischen Mystikern und mit dem zu häuslicher Bibellektüre ermunternden Erasmus passt für Roeck ideal in dieses Bild.
Weiter mutmaßt der Autor, Altenstetter könnte "Chef eines Fuggerschen Alchemielabors" gewesen sein, welches die Augsburger "Tycoons" womöglich im Keller des von ihnen gestifteten Sanatoriums für Syphilis-Patienten eingerichtet hätten. Vielleicht habe der Kunsthandwerker auch eine Reise nach Prag unternommen, um am Hof Kaiser Rudolfs II. bei der Herstellung der habsburgischen Hauskrone mitzuwirken.
Vor allem aber bringt Roeck Altenstetters Goldschmiedekunst mit dem Spiritualismus der Schwenckfeldianer in Verbindung. Er deutet die Ornamentgrotesken auf den erhaltenen Email-Zierscheiben, Tischuhren und Pokalen als eine Inszenierung halb dämonischer, halb diesseitiger Zwitterwesen, die sich dem Kontrollzwang und Reinheitsgebot der Konfessionskirchen widersetzten - und letztlich an der Schaffung jenes "Denkraums" beteiligt waren, in dem Warburg seinen faustischen Wissenschaftler verortete. Roeck betont in diesem Zusammenhang auch, dass sich Altenstetter nicht mehr als bloßer Handwerker, sondern als origineller Künstler verstanden habe. Daher die Signaturen auf seinen Werken, daher der Drang zum Fürstenhof.
Roeck scheint es nicht darauf angelegt zu haben, mit seinen Indizienketten vor dem Gerichtshof der Historikerzunft einen Prozess zu führen. Vielmehr nutzt er den Mangel an Beweisen, um aus seinem gewaltigen Wissensschatz über die Augsburger Geschichte selbst eine Welt zu zimmern, die wenn nicht wirklich, so doch wahrhaftig erscheinen soll. Viele Passagen des Buches lesen sich wie ein Drehbuch für einen Historienfilm. In ihnen schildert Roeck ein von Dreck, Verwesungsgestank, Folter, Kälte und Dunkelheit geprägtes Stadtleben, aus dem sein "guter Europäer" umso heller hervorstrahlt.
Obwohl Roeck seiner Phantasie kaum Zurückhaltung auferlegt, hat er keinen historischen Roman geschrieben. Jedes archivalische Indiz ist sorgfältig aufgeführt, zwischen Verbürgtem und Vermutetem wird klar unterschieden. Fragt sich also nur, wie ernst sich Roeck selber als Geistesbeschwörer nimmt. Aus Zwischentiteln wie "Altenstetter, Duchamp, Beuys" möchte man herauslesen, dass hier einer mit zwinkerndem Auge am Schreibtisch saß.
Andere Stellen dagegen lassen auf einen höheren Wahrheitsanspruch schließen - und da kann es einem mitunter etwas unheimlich werden. Nachdem der Autor eindringlich geschildert hat, wie Altenstetter am Freitag, dem 4. Dezember 1598, seine erste Befragung durch die "Eisenherren" überstanden hat und im Verlies der kommenden Verhöre harrt, macht er einen Schnitt: "Draußen ist es längst dunkel geworden. Auf den Straßen und Gassen herrscht nun Stille, die längst verlorene Stille der frühneuzeitlichen Nacht. Es ist Neumond, der schwarze Himmel gehört allein den kalt und hell flimmernden Sternen." Und dann folgt - als Ausweis des wissenschaftlichen Anspruchs - die Anmerkung: "Zur spektakulären Wirkung frühneuzeitlicher Sterne: Olsen."
CASPAR HIRSCHI
Bernd Roeck: "Ketzer, Künstler und Dämonen". Die Welten des Goldschmieds David Altenstetter. Verlag C. H. Beck, München 2009. 288 S., Abb., geb., 24,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Caroline Schnyder hat sich fasziniert in Bernd Roecks Studie über den im 16. Jahrhundert tätigen Goldschmied David Altenstetter vertieft und viel über die profane und religiöse Welt des frühneuzeitlichen Augsburg erfahren. Der Historiker, ausgewiesener Renaissance-Kenner, hat aus Quellen wie Steuerbüchern, Protokollen von Verhören, die der Goldschmied wegen seiner ungeklärten Religionszugehörigkeit ertragen musste, oder Briefen geschöpft und lässt so eine Zeit lebendig werden, die vor allem von religiösen Auseinandersetzungen geprägt war, erklärt die Rezensentin. Dass sich Roeck dabei auf Spekulationen einlässt, wie es gewesen sein könnte, findet sie legitim und erhellend, und so gewinnen Zeit, Ort und Person Kontur und Farbe, wie sie lobt. Es würden viele anregende Fragen in diesem Buch aufgeworfen und zudem den so genannten "Schwenckfeldianern", einer reformierten Religionsbewegung, zu der auch Altenstetter Kontakt hatte, ein "kleines Denkmal" gesetzt, so Schnyder interessiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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