Juden versuchten durch alle Jahrhunderte dem Leidensdruck, der auf ihnen als einer verfolgten Religionsgemeinschaft lastete, zu entfliehen. In einzelnen Biographien oder Gruppenbeschreibungen zeigt der Autor unterschiedliche Wegeund Bemühungen, wie Juden sich einer unterdrückten Sonderrolle in Staat und Gesellschaft zu entziehen versuchten, indem sie aus ihrer angestammten jüdischen Tradition "ausstiegen", sich damit aber zugleich in unabsehbare Identitätskonflikte verstrickten. Mit akribischer Sorgfalt bringt Levinson das breite menschliche Spektrum der jüdischen Abtrünnigen zum Vorschein; diese Phänomenologie reicht von schlichten anpasserischen Assimilationsbestrebungen bis hin zu moralisch verwerflichen Handlungen. So gelingt ihm eine nicht verdrängende und beschönigende "Zustandsbeschreibung" (Flavius), die eine wichtige Seite der jüdischen Geschichte verkörpert. Levinson entfaltet eine spannende Dramatik, in der Tragik und Komik, Absurdes und Allzumenschliches aufscheine n, wodurch gerade die unzerstörbare Kraft und Substanz jüdischer Religiosität deutlich werden.