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Celebrates the pioneers who helped shape our understanding of the world during the golden age of Arabic science, including Iraqi physicist Ibn al-Haytham, who practised the modern scientific method over half a century before Bacon; al-Khwarizmi, the greatest mathematician; and, Abu Rayhan al-Biruni, a Persian polymath to rival Leonardo da Vinci.

Produktbeschreibung
Celebrates the pioneers who helped shape our understanding of the world during the golden age of Arabic science, including Iraqi physicist Ibn al-Haytham, who practised the modern scientific method over half a century before Bacon; al-Khwarizmi, the greatest mathematician; and, Abu Rayhan al-Biruni, a Persian polymath to rival Leonardo da Vinci.
Autorenporträt
Jim Al-Khalili, geb. 1962 in Bagdad, ist britischer Professor für theoretische Atomphysik an der Universität von Surrey, wo er auch einen Lehrstuhl für Public Engagement in Science innehat. Außerdem ist er Autor zahlreicher Bücher und BBC Sendungen zur Wissenschaftsgeschichte. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Michael Faraday Prize für Wissenschaftspublizistik der Royal Society.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.07.2011

Von Allah zu Kopernikus
Arabische Wissenschaften – Der Physiker Jim al-Khalili räumt mit positiven und negativen Mythen gleichermaßen auf
Ob sich noch jemand an das 1960 erschienene, oft nachgedruckte Buch „Allahs Sonne über dem Abendland“ von Sigrid Hunke (1914-1999) erinnert? Das war ein spritziger, freilich die Grenzen historischer Genauigkeit stark überdehnender Essay, der die Europäer daran erinnerte, dass der Westen dem Orient entscheidende wissenschaftliche und geistige Impulse verdankt – weit mehr, als man im Allgemeinen zuzuerkennen bereit war. Sigrid Hunkes Nazi-Vergangenheit und ihre Verbindungen zur neopaganen Rechten haben es dringend nötig gemacht, dass S. Fischer, auch Hunkes Verlag, aus der Feder eines ideologisch unverdächtigen Autors ein solideres Werk zur Thematik vorlegt.
Jenseits der polemischen Frage, ob der Islam zu Europa gehört, haben diejenigen, die an der Sache selbst interessiert sind, mit dem Buch des irakischstämmigen britischen Physikers Jim al-Khalili eine profunde, eingängig geschriebene Einführung zu den Leistungen der arabischen Wissenschaftler des Mittelalters an der Hand. „Arabische“ Wissenschaft heißt hier: Wissenschaftliche Texte, die in Arabisch, der lingua franca des muslimischen Mittelalters, geschrieben worden sind, gleich welcher Religion oder Nationalität diese Forscher waren. Tatsächlich zählt die beeindruckende Liste von Namen bei al-Khalili Muslime ebenso wie Christen, Juden und Zoroastrier, Araber ebenso wie Perser und, vor allem in Andalusien, „Europäer“.
Was direkt für das Buch von al-Khalili einnimmt und es weit über die gängigen Islamdebatten erhebt, ist der nüchterne Zugang zur Materie. Er räumt mit positiven wie mit negativen Mythen gleichermaßen auf, weil es ihm stets um die tatsächlichen Errungenschaften, nicht apologetisch um den bloßen Ruf der arabischen Wissenschaften geht. Verdanken wir den Arabern, deren aus Indien stammende Zahlen wir übernommen haben, das Dezimalsystem? Nur zum Teil. Die entscheidende Frage lautet, wer die Null, also einen leeren Platzhalter in der Dezimalstelle, zum ersten Mal eingeführt hat. Auch die Araber taten dies noch nicht. Aber sie taten einen entscheidenden Schritt dahin, indem sie zum ersten Mal Dezimalbrüche mit einem Dezimalkomma einführten.
Das Buch, das zahlreiche Abbildungen und erläuternde Diagramme enthält, bildet das Originalmanuskript mit dem ersten nachweisbaren Dezimalbruch ab – tatsächlich sieht die Markierung aus wie das heute noch bei uns gebräuchliche Komma. Überhaupt liegen einige der wegweisenden Errungenschaften der Araber auf dem weiteren Gebiet der Mathematik. Al-Khwarizmi (780-850) lautet der Name des vermutlich größten arabischen Mathematikers, ein Kronzeuge al-Khalilis. Einer kräftigen Verballhornung seines Namens verdankt sich unser Wort „Algorithmus“.
Al-Khwarizmi ist unter anderem der Erfinder der Algebra, ein Begriff, der wiederum vom arabischen Wort „al-jebr“ abstammt, was ursprünglich das Einrenken der Knochen meinte. Diese Entlehnung aus der medizinischen Terminologie ist ebenfalls kein Zufall, galten die Araber den Europäern doch in allen medizinischen Belangen bis weit in die Neuzeit als überlegen. Ihre ins Lateinische übersetzten Kompendien waren Standardwerke an allen europäischen Universitäten.
Entscheidendes verdanken wir den Arabern ferner in Geometrie, Astronomie (wovon die zahlreichen aus dem Arabischen stammenden Sternnamen zeugen) und Erdkunde. Dass die Erde eine Kugel war, ist den Arabern – wie im übrigen den meisten Griechen – immer schon klar gewesen. Aber es gelang ihnen erstmals, den Erdumfang einigermaßen genau zu berechnen. Die exakteste Angabe lieferte schließlich al-Biruni (973-1048). Al-Khalili verrät uns, wie al-Biruni das geschafft hat und fordert zum Überprüfen auf, indem er das Verfahren in Form einer Rechenaufgabe nachzeichnet. An solchen Beispielen wird evident, dass die Araber weit mehr leisteten, als nur die griechischen Errungenschaften weiterzugeben.
Die Begeisterung für sein Thema merkt man dem Autor an; zu Übertreibungen führt es ihn nicht. Verdanken wir die kopernikanische Wende wirklich Kopernikus? Die Theorie, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht, wie früher allgemein angenommen, umgekehrt, kursierte bereits bei den Griechen, galt jedoch als abwegig und nicht beweisbar. Auch bei den Arabern setzte sie sich nicht durch. Ihre astronomischen Kenntnisse führten jedoch zur Erklärung von Phänomenen, die für die Theorie des Kopernikus die entscheidende Grundlage legten. Wissenschaft, so schließt al-Khalili, vollzieht sich, anders als wir Laien es uns gern vorstellen, nie in urplötzlichen Erkenntnissen bestimmter Genies, sondern ist ein sich aufbauender Prozess, an dem viele über lange Zeit beteiligt sind, selbst wenn am Ende einzelne Gestalten den Ruhm einheimsen.
Vor diesem Hintergrund scheinen die arabischen Forscher, obwohl sie im Westen weniger bekannt sind, keineswegs unbedeutender als die Lichtgestalten der europäischen Wissenschaftsgeschichte. Sie haben jedoch eine schlechtere Lobby oder traten schlicht zu früh auf den Plan, in einer Zeit, als sich das streng wissenschaftliche Weltbild noch nicht in wichtigen Kreisen der Gesellschaft durchgesetzt hatte und für Furore sorgen konnte.
Das Buch ist flüssig zu lesen und lädt zum Mitdenken ein, ohne zu überfordern. Warum der wissenschaftliche Forschergeist in der islamischen Welt seit der Renaissance versiegte und sich die Erkenntnisproduktion nach Europa verlagerte, kann freilich auch al-Khalili nicht annähernd klären. Der gegenüber vielen Strömungen offene Wahrheitsbegriff des klassischen Islams (synkretistischen Religionen nicht unähnlich), so scheint es, ermöglichte die Freiheit und Finanzierung auch (nicht-religiöser) wissenschaftlicher Forschung. Aber es brauchte eine auf die eine und einzige Wahrheit sich konzentrierende weltanschauliche Blickverengung wie unter den europäischen Eliten der Neuzeit, um die naturwissenschaftliche Erkenntnislawine auszulösen, die uns alle bis heute in ihrem Bann hält. STEFAN WEIDNER
JIM AL-KHALILI: Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur. Aus dem Englischen von Sebastian Vogel. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2011. 432 Seiten, 22,95 Euro.
Die arabischen Forscher waren
keineswegs unbedeutender als
die europäischen Lichtgestalten
Bitte umdrehen! Al-Idrisis Weltkarte aus dem 12. Jahrhundert zeigt den Norden unten. Abb. aus dem besprochenen Buch
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