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Morgens geht die junge Kiharu in Zöpfen und Matrosenkleid durch Tokios Straßen zur Schule, am Abend besucht sie glanzvolle Parties - im kostbaren Seidenkimono und mit festlicher Shimada-Frisur. Kiharu Nakamura ist eine Geisha, sie hat in jahrelanger Ausbildung den Tanz, die uralten Traditionen der Teezeremonie, Umgangsformen und die Kunst der geistreichen Konversation erlernt. Nach bestandener Prüfung wird sie 15jährig in ein Geisha-Haus aufgenommen. Aber Kiharu will mehr. Bald ist sie die einzige Geisha, die Englisch spricht, so daß sie auf Empfängen ausländische Gäste betreuen darf. Sie…mehr

Produktbeschreibung
Morgens geht die junge Kiharu in Zöpfen und Matrosenkleid durch Tokios Straßen zur Schule, am Abend besucht sie glanzvolle Parties - im kostbaren Seidenkimono und mit festlicher Shimada-Frisur. Kiharu Nakamura ist eine Geisha, sie hat in jahrelanger Ausbildung den Tanz, die uralten Traditionen der Teezeremonie, Umgangsformen und die Kunst der geistreichen Konversation erlernt. Nach bestandener Prüfung wird sie 15jährig in ein Geisha-Haus aufgenommen. Aber Kiharu will mehr. Bald ist sie die einzige Geisha, die Englisch spricht, so daß sie auf Empfängen ausländische Gäste betreuen darf. Sie lernt Jean Cocteau, Charlie Chaplin und William Randolph Hearst kennen. Als sie für Japans faschistische Machthaber ihre internationalen Kunden bespitzeln soll, gibt die 20jährige ihren Beruf auf, heiratet einen Diplomaten und folgt ihm nach Indien. Ihr weiterer Lebensweg führt sie durch die Kriegswirren in das unbekannte Land Amerika. "Die Sprache der Memoiren Kiharus ist schlicht. Sie sind in einem charmanten Plauderton geschrieben, unbesorgt um Zusammenhänge und immer auf dem assoziativen Sprung zur nächstgelegenen Erinnerung." FAZ
Autorenporträt
Ursula Gräfe, geboren 1956 in Frankfurt am Main, studierte Japanologie und Anglistik und arbeitet seit 1988 als Literaturübersetzerin. Sie hat u.a. Werke von R.K. Narayan, Haruki Murakami, Yasushi Inoue und Kenzaburo Oe ins Deutsche übertragen, ist Autorin einer Buddha-Biographie und Herausgeberin mehrerer Anthologien. Jedes Jahr verbringt sie einige Zeit in Asien, vor allem in Indien. Ursula Gräfe lebt in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.06.1997

Der Preis für einen Kimono
Kiharu Nakamura berichtet aus der geblümten Welt der Geishas

"Geisha" gehört zu den wenigen japanischen Vokabeln, die in den deutschen Wortschatz eingegangen sind. Doch die Vorstellungen, die sich bei uns mit dieser Berufsbezeichnung verbinden, sind vage. Gehobene Prostitution dürfte die gängigste sein. Dieses Vorurteil scheint zusammen mit dem Begriff importiert worden zu sein, denn in Japan selbst ist es ebenfalls verbreitet. Kiharu Nakamura, die als Geisha im Tokio der dreißiger Jahre gearbeitet hat, will in ihren Memoiren erklären, was eine Geisha wirklich ist.

Als junges Mädchen kam Kiharu nach Shimbashi, einem renommierten Lizenzviertel für Geisha-Häuser in Tokio. Hier durchlief sie als Hangyoku, das heißt als Geisha-Schülerin, die anspruchsvolle und langwierige Ausbildung, wie sie bis heute vermittelt wird: Sie erhielt Unterricht im klassischen japanischen Tanz, im Balladenvortrag und im Spiel auf dem Shamisen, einem gitarrenähnlichen Instrument. Auch die Kunst der Teezeremonie und vor allem der Konversation mußte sie üben.

Nach bestandener Abschlußprüfung vor einer Kommission aus erfahrenen Geishas trat Kiharu in einen zunftähnlich organisierten Berufsstand, der bei seinen Mitgliedern über Arbeitszeit, Bezahlung und den richtigen Sitz des Kimonos wachte. Die Geisha-Gemeinschaften wurden schon früh von Frauen geführt - meistens von ehemaligen Geishas, die sich als Restaurantbesitzerinnen oder sogenannte Mütter von Geisha-Häusern selbständig gemacht hatten. Sie übernahmen die Vermittlung ihrer Schutzbefohlenen an die Kunden. Stets in Gruppen, wurden Geishas zu Feiern in Teehäusern und Restaurants, mitunter auch in Privathäusern, engagiert, wo sie die Gäste bedienten und mit künstlerischen Darbietungen für deren Unterhaltung sorgten.

Da Geishas traditionelle japanische Künste pflegten, genossen sie einerseits ein hohes Ansehen. Auch für das Selbstverständnis der Geishas, die ihrem Beruf nicht selten noch mit sechzigJahren nachgingen, galten künstlerische und gesellschaftliche Fähigkeiten mehr als Jugend und Schönheit. Andererseits war das scheinbar leichte Leben, mit dem sie in den Vergnügungsvierteln ihrer wechselnden männlichen Kundschaft die Zeit vertrieben, vielen Japanern suspekt.

Was die Liebe in der Welt der Geishas, die stets unverheiratet waren, angeht, läßt Kiharu es offen, welche Hoffnungen sich die Kunden in dieser Hinsicht machen konnten. Offenbar entjungferte noch in den dreißiger Jahren üblicherweise ein älterer Teehaus-Stammkunde eine Hangyoku, die dieses Ritual als Teil ihrer Initiation zur Geisha über sich ergehen lassen sollte. Kiharu machte schon eine Ausnahme, als sie den Eisenbahnminister, der für sie ausersehen war, unter Tränen zum Rücktritt vom Liebesakt überreden konnte.

Für käufliche Liebe waren Prostituierte zuständig. Viele Geishas waren allerdings Geliebte eines reichen Gönners, dessen Geld als Grundlage einer solchen Beziehung eine wichtige Rolle spielte - das Leben in der Vergnügungswelt war teuer. Allein die unerläßliche Kimono-Garderobe, die einem strengen jahreszeitlichen Wechsel folgte, kostete ein Vermögen. Nicht selten führte ein solches, meist auf Dauer angelegtes Verhältnis zur Ehe. Kiharu und ihre Kolleginnen hatten in der freien Atmosphäre der Lizenzviertel wechselnde Affären, auch mit Kunden. In welchen Fällen es sich allein um Liebe handelte und wo Gefälligkeit einem Kunden gegenüber hineinspielte, wird nicht restlos geklärt. Sex für Geld - auf diesen eindeutigen Handel ließen sich Geishas jedenfalls nicht ein.

Die Sprache der Memoiren Kiharus ist schlicht. Sie sind in einem charmanten Plauderton geschrieben, unbesorgt um Zusammenhänge und immer auf dem assoziativen Sprung zur nächstgelegenen Erinnerung. Im Stil sind sie also authentisch, denn so wollten die Kunden in Shimbashi wohl unterhalten werden. Zu ihnen zählten tonangebende Persönlichkeiten der japanischen Hauptstadt - Politiker und Künstler, Geschäftsleute und Journalisten. Gelegenheit zu interessanten Begegnungen gab es mithin genug. Doch da sie im Zeichen des Vergnügens standen und meistens flüchtig waren, kann Kiharu wenig mehr als Namen nennen. Aufschluß über die Atmosphäre im Japan Anfang der dreißiger Jahre gibt sie nicht.

Kiharu heiratet, gedemütigt von den Vorurteilen gegenüber Geishas, auf die sie außerhalb ihres Milieus immer wieder stößt, mit Mitte Zwanzig. Der Eintritt in den Stand der Ehe beendet das Leben als Geisha. Damit sollten auch die Memoiren einer Geisha schließen. Da Kiharu jedoch Freude am Schreiben gefunden hat, stehen dem Leser noch zwei Drittel ihres Lebensberichts bevor. Sie geht mit ihrem Mann, einem Diplomaten, nach Indien. Nach dem Zweiten Weltkrieg läßt sie sich scheiden und wandert in die Vereinigten Staaten aus, wo sie unter anderem als Kauffrau, Erzieherin und Fotomodell arbeitet. Doch bei aller Buntheit sind ihre Erlebnisse in der Neuen Welt nicht der besondere Stoff, aus dem Memoiren sein sollten. MATTHIAS ALEXANDER

Kiharu Nakamura: "Kiharu". Memoiren einer Geisha. Aus dem Japanischen von Kimiko Nakayama und Ursula Gräfe. Europaverlag, München, Wien 1997. 460 S., Abb., geb., 49,80 DM.

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"Die Sprache der Memoiren Kiharus ist schlicht. Sie sind in einem charmanten Plauderton geschrieben, unbesorgt um Zusammenhänge und immer auf dem assoziativen Sprung zur nächstgelegenen Erinnerung." (FAZ)