In seinem wichtigsten Buch seit Black Hawk Down schildert Mark Bowden, der Meister der investigativen Recherche, auf atemberaubende Weise die zehnjährige Jagd auf Osama bin Laden und enthüllt dabei, wie Barack Obama zum kompromisslosen Krieger im Weißen Haus wurde.
Durch seinen einzigartigen Zugang zu höchsten Vertretern der US-Regierung und der Sicherheitsbehörden und auf der Grundlage bisher unbekannter Quellen schildert Bowden Amerikas Kampf gegen den Terror als Duell zweier Männer: dem Terrorfürst Bin Laden, der in seinem pakistanischen Versteck in eine zunehmend verzweifelte Lage gerät, und dem Präsidenten, der seine Chance wittert, im Krieg gegen den Terror die entscheidende Schlacht zu gewinnen. Eine brillant geschriebene Enthüllungsreportage und ein Politthriller ersten Ranges.
Durch seinen einzigartigen Zugang zu höchsten Vertretern der US-Regierung und der Sicherheitsbehörden und auf der Grundlage bisher unbekannter Quellen schildert Bowden Amerikas Kampf gegen den Terror als Duell zweier Männer: dem Terrorfürst Bin Laden, der in seinem pakistanischen Versteck in eine zunehmend verzweifelte Lage gerät, und dem Präsidenten, der seine Chance wittert, im Krieg gegen den Terror die entscheidende Schlacht zu gewinnen. Eine brillant geschriebene Enthüllungsreportage und ein Politthriller ersten Ranges.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.10.2012Sein Kommando
In seinem brillanten Buch "Killing Osama" zeichnet der Journalist Mark Bowden den amerikanischen Präsidenten als reflektierten und zugleich risikobereiten Entscheider. Barack Obama dürfte das im Wahlkampf freuen
In gewisser Weise ist es ein Raum, der die Hauptrolle im neuen Buch des amerikanischen Journalisten Mark Bowden spielt. Es ist der sogenannte Situation Room im Westflügel des Weißes Hauses, jener Raum also, in dem bei der finalen Jagd auf Usama Bin Ladin alle Informationen zusammenliefen. Ein Raum, den wir alle kennen durch das weltberühmt gewordene Foto, das Präsident Obama und sein Sicherheitsteam während der Operation zeigt, die sie mit gebanntem Blick live am Videobildschirm verfolgen: Der Präsident mit blauer Windjacke ganz hinten in der Ecke, Hillary Clinton mit vor den Mund geschlagener Hand, General Marshall B. Webb, hochdekoriert, auf dem Chefsessel, Vizepräsident Joe Biden informell, ohne Krawatte in blauem Hemd.
Bis auf den General, der auf seiner Computertastatur mit dem Kommandeur des Navy Seal Team Six chattet, das Usama im pakistanischen Abbottabad aufspürt, starren alle auf die Bildübertragung: Wir sehen Obama und seinen Leuten dabei zu, wie sie sehen, was wir nicht sehen.
Bowden kennt diesen Lageraum, der so gar nicht aussieht, wie man sich das Entscheidungszentrum einer Weltmacht vorstellt: Präsident Kennedy hatte den "Holzschuppen", wie er genannt wird, nach der Kuba-Krise eingerichtet, um über ein sicheres Kommandozentrum zu verfügen. Er hat keine Fenster, große Teile der Wandvertäfelung, die ihm seinen Spitznamen gegeben haben, wurden 2007 entfernt. Am meisten überrascht seine Intimität: Ist er komplett gefüllt, drängt sich die Führungsriege der amerikanischen Regierung hier regelrecht zusammen. Auch am 1. Mai 2011, dem Tag des dramatischen Showdown.
"Killing Osama - Der geheime Krieg des Barack Obama" nennt Bowden sein Buch. Wer seinen mitreißenden Bestseller "Black Hawk Down" kennt, aus dem der Regisseur Ridley Scott den gleichnamigen Film gemacht hat, erwartet natürlich eine Navy-Seal-Reportage vom Einsatz in Abbottabad und keinen Report aus dem Weißen Haus: Bowden, der für "Vanity Fair" und "The Atlantic" schreibt, hatte in "Black Hawk Down" die katastrophal scheiternde Mission einer amerikanischen Spezialeinheit recherchiert, die Oktober 1993 in der Hauptstadt von Somalia den Diktator Aidid durch einen Überraschungsangriff stürzen sollte. Als einer ihrer Black-Hawk-Helikopter abgeschossen wurde, saßen 99 Elitesoldaten in der Falle. Berühmt für sein akribisches Vorgehen und seine umfassenden Interviews, hatte der Journalist die Rekonstruktion dieses Einsatzes so erzählt, als wäre der Leser dabei. Ohne effektheischend zu sein, hatte er ihn unmittelbar ins Geschehen involviert. Das war seine Kunst.
Bei Usama Bin Ladin interessiert ihn nun etwas anderes. Die Rekonstruktion des Einsatzes, das sagt er selbst, haben Peter L. Bergen in seinem Buch "Die Jagd auf Osama Bin Laden" und ein ehemaliger Navy-Seal unter dem Titel "No Easy Day" schon geleistet. Bowden dagegen will die beiden Männer gegenüberstellen, die auf den ersten Blick nur Buchstaben und sonst eigentlich alles voneinander trennt: Obama und Usama. Sein Buch, sagt er, sei auch eine Geschichte darüber, wie Barack Obama entschieden habe, jemanden zu töten. Und über Usama Bin Ladin, der entschieden habe, viele Menschen zu töten. Dass der amerikanische Präsident den Tod des Al-Qaida-Führers allerdings nicht von vornherein im Auge hatte, bezeugt Barack Obama selbst im Interview mit dem Autor.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush verfolgte er nicht die Vergeltungsstrategie, sondern wollte Bin Ladin einen regulären Strafprozess machen, um ihn nicht zum Märtyrer werden zu lassen: "Wir sind aber, falls er sich in Abbottabad tatsächlich aufhielt, davon ausgegangen, dass er im Gefecht ums Leben kommen würde", zitiert ihn Bowden. Obama nahm Usamas Tod in Kauf.
"Killing Osama" beginnt mit dem 11. September 2001, geht dann aber zurück in die neunziger Jahre. Wie unter Präsident Clinton ein Büro, die "ALEC-Station", Bin Ladin schon damals fiebernd nachspürte und dafür belächelt wurde; wie es die Gefahr, die von ihm ausging, enorm hoch einschätzte, acht Gelegenheiten hatte, ihn aufzuspüren, die allesamt abgeblasen wurden: das gehört zu den verblüffenden Nebengeschichten, von denen Bowdens Buch voll ist.
Dazu gehört auch die ausführliche Geschichte, wie der wiederholt auftauchende Name eines Kuweiters die Spur zum Versteck Bin Ladins in Pakistan legte und die Versuche, den hoch gewachsenen Mann, den man im Innenhof des Hauses beim Spazierengehen beobachten konnte, als Bin Ladin zu identifizieren: Der Mann wohnte mit seiner Familie dort. Das Anwesen wurde nur verlassen, wenn ein Kind zum Arzt gebracht werden musste. Also kam die CIA auf die Idee, in der Nähe eine Klinik zu eröffnen, in der Kinder kostenlose Hepatitis-B-Impfungen erhalten konnten. Der Gebrauch der Spritzen hätte es ihnen ermöglicht, die DNA der Kinder festzustellen. Nur mied die Familie die neue Klinik.
Wie Bowden all das erzählt, mit einer Leichtigkeit, die bei der Fülle des Materials alles andere als selbstverständlich ist, ist bewundernswert. Dass wiederum der Autor Barack Obama bewundert, den er als bedachten, reflektierten und zugleich risikofreudigen Entscheider zeichnet, daraus macht er keinen Hehl und wird den Zeitpunkt des Erscheinens seines Buchs auch nicht zufällig gewählt haben.
Es gab Leute, die, als sie das berühmte Foto aus dem Situation Room sahen, darüber spekulierten, ob es Barack Obama in der Ecke nicht ohnmächtig neben dem Mächtigen auf dem Chefsessel zeige. Wer "Killing Obama" gelesen hat, kann darüber nur lachen. Er weiß, warum Barack Obama in der Ecke sitzt. Denn Mark Bowden spekuliert nicht herum. Er fragt nach.
JULIA ENCKE
Mark Bowden: "Killing Osama. Der geheime Krieg des Barack Obama". Aus dem Englischen von André Mumot. Berlin-Verlag, 332 Seiten, 14,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In seinem brillanten Buch "Killing Osama" zeichnet der Journalist Mark Bowden den amerikanischen Präsidenten als reflektierten und zugleich risikobereiten Entscheider. Barack Obama dürfte das im Wahlkampf freuen
In gewisser Weise ist es ein Raum, der die Hauptrolle im neuen Buch des amerikanischen Journalisten Mark Bowden spielt. Es ist der sogenannte Situation Room im Westflügel des Weißes Hauses, jener Raum also, in dem bei der finalen Jagd auf Usama Bin Ladin alle Informationen zusammenliefen. Ein Raum, den wir alle kennen durch das weltberühmt gewordene Foto, das Präsident Obama und sein Sicherheitsteam während der Operation zeigt, die sie mit gebanntem Blick live am Videobildschirm verfolgen: Der Präsident mit blauer Windjacke ganz hinten in der Ecke, Hillary Clinton mit vor den Mund geschlagener Hand, General Marshall B. Webb, hochdekoriert, auf dem Chefsessel, Vizepräsident Joe Biden informell, ohne Krawatte in blauem Hemd.
Bis auf den General, der auf seiner Computertastatur mit dem Kommandeur des Navy Seal Team Six chattet, das Usama im pakistanischen Abbottabad aufspürt, starren alle auf die Bildübertragung: Wir sehen Obama und seinen Leuten dabei zu, wie sie sehen, was wir nicht sehen.
Bowden kennt diesen Lageraum, der so gar nicht aussieht, wie man sich das Entscheidungszentrum einer Weltmacht vorstellt: Präsident Kennedy hatte den "Holzschuppen", wie er genannt wird, nach der Kuba-Krise eingerichtet, um über ein sicheres Kommandozentrum zu verfügen. Er hat keine Fenster, große Teile der Wandvertäfelung, die ihm seinen Spitznamen gegeben haben, wurden 2007 entfernt. Am meisten überrascht seine Intimität: Ist er komplett gefüllt, drängt sich die Führungsriege der amerikanischen Regierung hier regelrecht zusammen. Auch am 1. Mai 2011, dem Tag des dramatischen Showdown.
"Killing Osama - Der geheime Krieg des Barack Obama" nennt Bowden sein Buch. Wer seinen mitreißenden Bestseller "Black Hawk Down" kennt, aus dem der Regisseur Ridley Scott den gleichnamigen Film gemacht hat, erwartet natürlich eine Navy-Seal-Reportage vom Einsatz in Abbottabad und keinen Report aus dem Weißen Haus: Bowden, der für "Vanity Fair" und "The Atlantic" schreibt, hatte in "Black Hawk Down" die katastrophal scheiternde Mission einer amerikanischen Spezialeinheit recherchiert, die Oktober 1993 in der Hauptstadt von Somalia den Diktator Aidid durch einen Überraschungsangriff stürzen sollte. Als einer ihrer Black-Hawk-Helikopter abgeschossen wurde, saßen 99 Elitesoldaten in der Falle. Berühmt für sein akribisches Vorgehen und seine umfassenden Interviews, hatte der Journalist die Rekonstruktion dieses Einsatzes so erzählt, als wäre der Leser dabei. Ohne effektheischend zu sein, hatte er ihn unmittelbar ins Geschehen involviert. Das war seine Kunst.
Bei Usama Bin Ladin interessiert ihn nun etwas anderes. Die Rekonstruktion des Einsatzes, das sagt er selbst, haben Peter L. Bergen in seinem Buch "Die Jagd auf Osama Bin Laden" und ein ehemaliger Navy-Seal unter dem Titel "No Easy Day" schon geleistet. Bowden dagegen will die beiden Männer gegenüberstellen, die auf den ersten Blick nur Buchstaben und sonst eigentlich alles voneinander trennt: Obama und Usama. Sein Buch, sagt er, sei auch eine Geschichte darüber, wie Barack Obama entschieden habe, jemanden zu töten. Und über Usama Bin Ladin, der entschieden habe, viele Menschen zu töten. Dass der amerikanische Präsident den Tod des Al-Qaida-Führers allerdings nicht von vornherein im Auge hatte, bezeugt Barack Obama selbst im Interview mit dem Autor.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush verfolgte er nicht die Vergeltungsstrategie, sondern wollte Bin Ladin einen regulären Strafprozess machen, um ihn nicht zum Märtyrer werden zu lassen: "Wir sind aber, falls er sich in Abbottabad tatsächlich aufhielt, davon ausgegangen, dass er im Gefecht ums Leben kommen würde", zitiert ihn Bowden. Obama nahm Usamas Tod in Kauf.
"Killing Osama" beginnt mit dem 11. September 2001, geht dann aber zurück in die neunziger Jahre. Wie unter Präsident Clinton ein Büro, die "ALEC-Station", Bin Ladin schon damals fiebernd nachspürte und dafür belächelt wurde; wie es die Gefahr, die von ihm ausging, enorm hoch einschätzte, acht Gelegenheiten hatte, ihn aufzuspüren, die allesamt abgeblasen wurden: das gehört zu den verblüffenden Nebengeschichten, von denen Bowdens Buch voll ist.
Dazu gehört auch die ausführliche Geschichte, wie der wiederholt auftauchende Name eines Kuweiters die Spur zum Versteck Bin Ladins in Pakistan legte und die Versuche, den hoch gewachsenen Mann, den man im Innenhof des Hauses beim Spazierengehen beobachten konnte, als Bin Ladin zu identifizieren: Der Mann wohnte mit seiner Familie dort. Das Anwesen wurde nur verlassen, wenn ein Kind zum Arzt gebracht werden musste. Also kam die CIA auf die Idee, in der Nähe eine Klinik zu eröffnen, in der Kinder kostenlose Hepatitis-B-Impfungen erhalten konnten. Der Gebrauch der Spritzen hätte es ihnen ermöglicht, die DNA der Kinder festzustellen. Nur mied die Familie die neue Klinik.
Wie Bowden all das erzählt, mit einer Leichtigkeit, die bei der Fülle des Materials alles andere als selbstverständlich ist, ist bewundernswert. Dass wiederum der Autor Barack Obama bewundert, den er als bedachten, reflektierten und zugleich risikofreudigen Entscheider zeichnet, daraus macht er keinen Hehl und wird den Zeitpunkt des Erscheinens seines Buchs auch nicht zufällig gewählt haben.
Es gab Leute, die, als sie das berühmte Foto aus dem Situation Room sahen, darüber spekulierten, ob es Barack Obama in der Ecke nicht ohnmächtig neben dem Mächtigen auf dem Chefsessel zeige. Wer "Killing Obama" gelesen hat, kann darüber nur lachen. Er weiß, warum Barack Obama in der Ecke sitzt. Denn Mark Bowden spekuliert nicht herum. Er fragt nach.
JULIA ENCKE
Mark Bowden: "Killing Osama. Der geheime Krieg des Barack Obama". Aus dem Englischen von André Mumot. Berlin-Verlag, 332 Seiten, 14,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dass dieses Buch ein bedeutender Beitrag zur Geschichtsschreibung über das frühe 21. Jahrhundert ist und auch bleiben wird, daran hat Andrian Kreye keinen Zweifel. Zu fabelhaft ist die Jagd nach Bin Laden. Zu exklusiv der Zugang zu Dokumenten und Akteuren. Zu spannend für Kreye auch, wie der auf diesem Gebiet höchst versierte Autor die Story erzählt. Bei allem Lob über das Buch hätte Kreye allerdings beinahe übersehen, wie sehr der Autor die Perspektive der Jäger und vermeintlichen Sieger einnimmt und mit ihm der Leser. Und war da nicht noch etwas, fragt Kreye schlau und erklärt sich und uns die Funktion der Aktion "Geronimo" in Zeiten des Wahlkampfs. An der eigentlichen Stärke des Buches, die Veränderung der Kriegsführung unter Obama hin zu asymmetrischen Strategien herausgearbeitet zu haben, ändert das laut Kreye jedoch nichts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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