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Wie das Schreiben beim Überleben hilft - die bewegende Lebensgeschichte eines der berühmtesten Kinder- und Jugendbuchautoren.
Otfried Preußler war ein deutscher Junge wie viele. Außer, dass er mit 17 anfing zu schreiben. Er kam mit 19 Jahren an die Ostfront und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dort rettete er sich - nicht zuletzt - durch das Schreiben. Was er dort erlebte, wie ihn diese Zeit prägte und welche Kämpfe Otfried Preußler mit sich selbst ausfocht, erzählt Carsten Gansel anhand aufsehenerregender Archivfunde und autobiographischer Texte.
Carsten Gansel zeigt, auf
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Produktbeschreibung
Wie das Schreiben beim Überleben hilft - die bewegende Lebensgeschichte eines der berühmtesten Kinder- und Jugendbuchautoren.

Otfried Preußler war ein deutscher Junge wie viele. Außer, dass er mit 17 anfing zu schreiben. Er kam mit 19 Jahren an die Ostfront und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dort rettete er sich - nicht zuletzt - durch das Schreiben. Was er dort erlebte, wie ihn diese Zeit prägte und welche Kämpfe Otfried Preußler mit sich selbst ausfocht, erzählt Carsten Gansel anhand aufsehenerregender Archivfunde und autobiographischer Texte.

Carsten Gansel zeigt, auf welche Weise seine Eltern und die böhmische Landschaft mit ihren Mythen, Sagen und Legenden, und wie Krieg und Gefangenschaft Otfried Preußler prägten und in spätere Werke wie etwa Krabat eingingen. Bei der biografischen Spurensuche hat er zahlreiche Dokumente aus schwer zugänglichen russischen Archiven aufgespürt und gänzlich unbekannte Texte von Otfried Preußler zutage gefördert.

Auch Teile eines Jahrzehnte später entstandenen Autobiografie-Projektes und eines unveröffentlichten Romanvorhabens liefern neben unbekannten Gedichten, Briefen, Notizen, Berichten ein eindrucksvolles Bild eines Autors, der wie viele andere seiner Generation auf existenzielle Weise in die Zeitläufte des 20. Jahrhunderts geriet und seinen eigenen Weg fand.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Carsten Gansel, Jahrgang 1955, ist Professor für Neuere Deutsche Literatur und Mediendidaktik in Gießen. Bei Galiani hat er bereits das von ihm in Russland aufgespürte Manuskript Heinrich Gerlachs Durchbruch bei Stalingrad (2016) sowie dessen Odyssee in Rot (2017) herausgegeben. 2020 erschien mit Wir Selbst von Gerhard Sawatzky eine weitere literarische Entdeckung von Gansel.
Rezensionen
Was aus Otfried Syrowatka wurde

So nah wie Carsten Gansel war bisher kein Biograph an Otfried Preußler dran. Leider trübt die Nähe den Blick auf die historischen Hintergründe.

Weitaus nicht alles, was Otfried Preußler zu Papier gebracht hatte, gelangte an die Öffentlichkeit. So war der 2013 verstorbene Schriftsteller um die Jahrtausendwende im Gespräch mit dem damaligen F.A.Z.-Herausgeber Frank Schirrmacher, um seine Erinnerungen "Verlorene Jahre?" als Vorabdruck in der Zeitung erscheinen zu lassen. Dieses Manuskript hat Preußler aber nie vollendet - der 1923 im nordböhmischen Reichenberg (Liberec) geborene Autor machte gesundheitliche Gründe geltend. Ebenso nicht zu Ende brachte er ein anderes autobiografisches Projekt: Im "Bessarabischen Sommer" ließ Preußler sein Alter Ego "Trenkler" die eigenen Erfahrungen als Soldat im Zweiten Weltkrieg und den Weg in sowjetische Kriegsgefangenschaft Revue passieren.

Der Germanist Carsten Gansel zitiert nun in einem mehr als 500 Seiten starken Buch über die "frühen Jahre" des als Kinder- und Jugendbuchautor bekannt gewordenen Schriftstellers ausgiebig aus den unveröffentlichten und bisher unbekannten Manuskripten. Gansel kam durch einen Zufallsfund zu Preußler. 2012 hielt er sich im Russischen Staatlichen Militärarchiv in Moskau auf und sah eine Kriegsgefangenenakte, die seine Neugier erregte: die von Preußler.

So nah wie Gansel, der vor allem vom Zugang zu Preußlers Privatarchiv profitiert hat, ist noch kein Forscher dem Erfinder von fest im kollektiven kulturellen Gedächtnis verankerten Figuren wie "Krabat", dem "kleinen Gespenst" und dem "Räuber Hotzenplotz" gekommen. Allerdings geht diese Nähe, die auch Sympathie für den Menschen Otfried Preußler erkennen lässt, einher mit einer unzureichenden Einbettung in die komplexen historischen Rahmenbedingungen, in denen sich Preußler gerade in seinen jungen Jahren bewegte.

Fragwürdig erscheint insbesondere die Bewertung der Tatsache, dass Preußler in seinem 1943 oder 1944 erschienenen ersten Roman, "Erntelager Geyer", die Aktivitäten der Hitlerjugend idealisierte. Gansel stellt sich gegen Einschätzungen, wonach Preußler dieses Frühwerk verschwiegen habe. Er verweist dabei auf den beigefügten Lebenslauf eines Schreibens von Preußler an die Künstlergilde Esslingen, in dem stand: "Mit sechzehn schrieb ich die ersten Gedichte, mit achtzehn das Manuskript meines Jugendbuches 'Erntelager Geyer'."

Es erschließt sich nicht, weshalb ein an einen höchst überschaubaren Adressatenkreis gelangter Brief aus dem Jahr 1953 höher gewichtet werden soll als die bereits vorhandenen affirmativen Biographien über Preußler (insbesondere "Ich bin ein Geschichtenerzähler" von 2010), in denen der 1956 erschienene "Kleine Wassermann" als erstes literarisches Werk aufgeführt wird. Anhand des bisher Bekannten spricht weiter einiges für die These, dass Preußler sich für sein Frühwerk "geniert" hat - und die Auseinandersetzung damit mied.

Ebenso wenig überzeugt Gansels Deutung des Inhalts von "Erntelager Geyer". Er betont, dass Metaphern wie Männlichkeit, Naturverbundenheit, Kameradschaft, Führer und Gefolgschaft auf die Jugendbewegung des neunzehnten Jahrhunderts zurückgehen und Preußler daher nicht die "Übernahme der Blut-und-Boden-Ideologie" anzulasten sei. Diese Sichtweise verkennt, dass nationalsozialistisches Gedankengut nicht nur aus Aufrufen zur Vernichtung bestand. Peter Becher und Murray G. Hall kamen mit Blick auf das "Phantombuch" Preußlers vor wenigen Jahren zu dem Schluss, dass die erwähnten Metaphern vielmehr zu den Grundlagen der NS-Ideologie zählten. Es befremdet, dass Gansel das Werk des Sudetendeutschen Preußler unkritischer einordnet als jene Fachkollegen, die ihre Erörterungen dazu in Publikationen des Adalbert-Stifter-Vereins veröffentlicht haben, der ein in seinen Wurzeln sudetendeutsches Kulturinstitut ist.

Zu Recht verwahrt sich Gansel gegen die pauschale Gleichsetzung von "sudetendeutsch" mit reaktionärer Gesinnung. Doch wenn es um die Einordnung des familiären Hintergrunds Preußlers geht, dessen Vater 1941 den ursprünglichen Familiennamen Syrowatka eindeutschen ließ, fällt der Autor abermals hinter den Forschungsstand zurück. So hat Sandra Marunska 2018 in einer Monographie dargelegt, dass der völkische Dichter Hans Watzlik im Hause Syrowatka/Preußler verkehrte und vom sechs oder sieben Jahre alten Otfried als "Onkel Hans" verehrt wurde. Von dessen ideologischem Hintergrund konnte der damalige kleine Junge nichts wissen. Doch zur Rolle des Vaters, der von 1925 an Hauptschriftleiter der Zeitschrift "Deutsche Jugend" wurde, lässt Gansel viele Fragen offen - auch die Behauptung von dessen Identifikation mit einer "spätromantischen" Nationalidee, die von völkischen Spielarten abgrenzbar sei, überzeugt nicht.

Immerhin wird ein Konflikt zwischen Vater und Sohn dargestellt, als Otfried Preußler 1961 aus der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgetreten ist. Der Vater hatte ihn zuvor ohne sein Wissen als Mitglied angemeldet. Der Schritt war insofern bemerkenswert, als dem Sohn sonst jede Rebellion gegen den Vater fremd war. Das unterschied ihn deutlich vom 1922 ebenfalls in der Tschechoslowakei geborenen Schriftsteller Franz Fühmann, der seinem Vater später vorwarf, Begründer einer Ortsgruppe der NSDAP im Sudetenland gewesen zu sein. Leider verpasst es Gansel herauszuarbeiten, warum Preußlers Vater das landsmannschaftliche Engagement so wichtig war.

Schlüssiger erklärt er hingegen, weshalb Otfried Preußler während seiner Kriegsgefangenschaft im tatarischen Jelabuga Abstand von den antifaschistischen Aktiven unter den Gefangenen nahm. Diese galten vielen Wehrmachtsangehörigen als "Konjunkturritter". Preußler schrieb in seinen unveröffentlichten Memoiren "Verlorene Jahre?" von einer Zerrissenheit: "Da war der Fahneneid, auf die Person Adolf Hitlers geschworen - da war die Angst, bis zum letzten Atemzug hierbehalten zu werden, als Arbeitssklaven des Großen Stalin."

Über die Zeit in sowjetischer Kriegsgefangenschaft heißt es im Klappentext der Biographie nicht ohne Pathos, dass das Schreiben Preußler "beim Überleben" geholfen habe. Bei der Lektüre des Buchs wird klar, dass es ihm und zahlreichen anderen Gefangenen, die in den Genuss von Preußlers Gedichten und Dramen kamen, zumindest ein Stück Normalität in die Lager brachte. In seiner Lyrik drückte Preußler auch die Liebe zu seiner Verlobten Annelies aus. Wie durch ein Wunder fand er sie über eine aufwendige Suche mittels Briefwechseln wieder, so dass sie ihn nach der Freilassung im Sommer 1949 im oberbayerischen Rosenheim erwartete. Ein Zurück ins frühere Sudetenland gab es nach der Vertreibung der Deutschen nicht.

Preußler war durch Krieg und Gefangenschaft traumatisiert. Das arbeitet Gansel im letzten Kapitel heraus, in dem er beschreibt, wie der Schriftsteller mehr als ein Jahrzehnt lang an "Krabat" arbeitete - und wiederholt unter Schreibblockaden litt. Der Stoff führte ihn, so Gansel, unwillkürlich in Krieg und Gefangenschaft zurück - hier hat das emphatische Hineinversetzen in die Lage von Preußler fraglos seine Berechtigung. Gansel gelingt es auch aufzuzeigen, wie der so vielseitig talentierte Preußler letztlich aus wirtschaftlichen Gründen zum Kinder- und Jugendbuchautor wurde. Hätte er doch nur den historischen Rahmen nüchtern eingeflochten. NIKLAS ZIMMERMANN

Carsten Gansel:

"Kind einer schwierigen Zeit". Otfried Preußlers frühe Jahre.

Galiani Berlin Verlag,

Berlin 2022. 560 S., Abb., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.08.2022

Was aus Otfried Syrowatka wurde

So nah wie Carsten Gansel war bisher kein Biograph an Otfried Preußler dran. Leider trübt die Nähe den Blick auf die historischen Hintergründe.

Weitaus nicht alles, was Otfried Preußler zu Papier gebracht hatte, gelangte an die Öffentlichkeit. So war der 2013 verstorbene Schriftsteller um die Jahrtausendwende im Gespräch mit dem damaligen F.A.Z.-Herausgeber Frank Schirrmacher, um seine Erinnerungen "Verlorene Jahre?" als Vorabdruck in der Zeitung erscheinen zu lassen. Dieses Manuskript hat Preußler aber nie vollendet - der 1923 im nordböhmischen Reichenberg (Liberec) geborene Autor machte gesundheitliche Gründe geltend. Ebenso nicht zu Ende brachte er ein anderes autobiografisches Projekt: Im "Bessarabischen Sommer" ließ Preußler sein Alter Ego "Trenkler" die eigenen Erfahrungen als Soldat im Zweiten Weltkrieg und den Weg in sowjetische Kriegsgefangenschaft Revue passieren.

Der Germanist Carsten Gansel zitiert nun in einem mehr als 500 Seiten starken Buch über die "frühen Jahre" des als Kinder- und Jugendbuchautor bekannt gewordenen Schriftstellers ausgiebig aus den unveröffentlichten und bisher unbekannten Manuskripten. Gansel kam durch einen Zufallsfund zu Preußler. 2012 hielt er sich im Russischen Staatlichen Militärarchiv in Moskau auf und sah eine Kriegsgefangenenakte, die seine Neugier erregte: die von Preußler.

So nah wie Gansel, der vor allem vom Zugang zu Preußlers Privatarchiv profitiert hat, ist noch kein Forscher dem Erfinder von fest im kollektiven kulturellen Gedächtnis verankerten Figuren wie "Krabat", dem "kleinen Gespenst" und dem "Räuber Hotzenplotz" gekommen. Allerdings geht diese Nähe, die auch Sympathie für den Menschen Otfried Preußler erkennen lässt, einher mit einer unzureichenden Einbettung in die komplexen historischen Rahmenbedingungen, in denen sich Preußler gerade in seinen jungen Jahren bewegte.

Fragwürdig erscheint insbesondere die Bewertung der Tatsache, dass Preußler in seinem 1943 oder 1944 erschienenen ersten Roman, "Erntelager Geyer", die Aktivitäten der Hitlerjugend idealisierte. Gansel stellt sich gegen Einschätzungen, wonach Preußler dieses Frühwerk verschwiegen habe. Er verweist dabei auf den beigefügten Lebenslauf eines Schreibens von Preußler an die Künstlergilde Esslingen, in dem stand: "Mit sechzehn schrieb ich die ersten Gedichte, mit achtzehn das Manuskript meines Jugendbuches 'Erntelager Geyer'."

Es erschließt sich nicht, weshalb ein an einen höchst überschaubaren Adressatenkreis gelangter Brief aus dem Jahr 1953 höher gewichtet werden soll als die bereits vorhandenen affirmativen Biographien über Preußler (insbesondere "Ich bin ein Geschichtenerzähler" von 2010), in denen der 1956 erschienene "Kleine Wassermann" als erstes literarisches Werk aufgeführt wird. Anhand des bisher Bekannten spricht weiter einiges für die These, dass Preußler sich für sein Frühwerk "geniert" hat - und die Auseinandersetzung damit mied.

Ebenso wenig überzeugt Gansels Deutung des Inhalts von "Erntelager Geyer". Er betont, dass Metaphern wie Männlichkeit, Naturverbundenheit, Kameradschaft, Führer und Gefolgschaft auf die Jugendbewegung des neunzehnten Jahrhunderts zurückgehen und Preußler daher nicht die "Übernahme der Blut-und-Boden-Ideologie" anzulasten sei. Diese Sichtweise verkennt, dass nationalsozialistisches Gedankengut nicht nur aus Aufrufen zur Vernichtung bestand. Peter Becher und Murray G. Hall kamen mit Blick auf das "Phantombuch" Preußlers vor wenigen Jahren zu dem Schluss, dass die erwähnten Metaphern vielmehr zu den Grundlagen der NS-Ideologie zählten. Es befremdet, dass Gansel das Werk des Sudetendeutschen Preußler unkritischer einordnet als jene Fachkollegen, die ihre Erörterungen dazu in Publikationen des Adalbert-Stifter-Vereins veröffentlicht haben, der ein in seinen Wurzeln sudetendeutsches Kulturinstitut ist.

Zu Recht verwahrt sich Gansel gegen die pauschale Gleichsetzung von "sudetendeutsch" mit reaktionärer Gesinnung. Doch wenn es um die Einordnung des familiären Hintergrunds Preußlers geht, dessen Vater 1941 den ursprünglichen Familiennamen Syrowatka eindeutschen ließ, fällt der Autor abermals hinter den Forschungsstand zurück. So hat Sandra Marunska 2018 in einer Monographie dargelegt, dass der völkische Dichter Hans Watzlik im Hause Syrowatka/Preußler verkehrte und vom sechs oder sieben Jahre alten Otfried als "Onkel Hans" verehrt wurde. Von dessen ideologischem Hintergrund konnte der damalige kleine Junge nichts wissen. Doch zur Rolle des Vaters, der von 1925 an Hauptschriftleiter der Zeitschrift "Deutsche Jugend" wurde, lässt Gansel viele Fragen offen - auch die Behauptung von dessen Identifikation mit einer "spätromantischen" Nationalidee, die von völkischen Spielarten abgrenzbar sei, überzeugt nicht.

Immerhin wird ein Konflikt zwischen Vater und Sohn dargestellt, als Otfried Preußler 1961 aus der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgetreten ist. Der Vater hatte ihn zuvor ohne sein Wissen als Mitglied angemeldet. Der Schritt war insofern bemerkenswert, als dem Sohn sonst jede Rebellion gegen den Vater fremd war. Das unterschied ihn deutlich vom 1922 ebenfalls in der Tschechoslowakei geborenen Schriftsteller Franz Fühmann, der seinem Vater später vorwarf, Begründer einer Ortsgruppe der NSDAP im Sudetenland gewesen zu sein. Leider verpasst es Gansel herauszuarbeiten, warum Preußlers Vater das landsmannschaftliche Engagement so wichtig war.

Schlüssiger erklärt er hingegen, weshalb Otfried Preußler während seiner Kriegsgefangenschaft im tatarischen Jelabuga Abstand von den antifaschistischen Aktiven unter den Gefangenen nahm. Diese galten vielen Wehrmachtsangehörigen als "Konjunkturritter". Preußler schrieb in seinen unveröffentlichten Memoiren "Verlorene Jahre?" von einer Zerrissenheit: "Da war der Fahneneid, auf die Person Adolf Hitlers geschworen - da war die Angst, bis zum letzten Atemzug hierbehalten zu werden, als Arbeitssklaven des Großen Stalin."

Über die Zeit in sowjetischer Kriegsgefangenschaft heißt es im Klappentext der Biographie nicht ohne Pathos, dass das Schreiben Preußler "beim Überleben" geholfen habe. Bei der Lektüre des Buchs wird klar, dass es ihm und zahlreichen anderen Gefangenen, die in den Genuss von Preußlers Gedichten und Dramen kamen, zumindest ein Stück Normalität in die Lager brachte. In seiner Lyrik drückte Preußler auch die Liebe zu seiner Verlobten Annelies aus. Wie durch ein Wunder fand er sie über eine aufwendige Suche mittels Briefwechseln wieder, so dass sie ihn nach der Freilassung im Sommer 1949 im oberbayerischen Rosenheim erwartete. Ein Zurück ins frühere Sudetenland gab es nach der Vertreibung der Deutschen nicht.

Preußler war durch Krieg und Gefangenschaft traumatisiert. Das arbeitet Gansel im letzten Kapitel heraus, in dem er beschreibt, wie der Schriftsteller mehr als ein Jahrzehnt lang an "Krabat" arbeitete - und wiederholt unter Schreibblockaden litt. Der Stoff führte ihn, so Gansel, unwillkürlich in Krieg und Gefangenschaft zurück - hier hat das emphatische Hineinversetzen in die Lage von Preußler fraglos seine Berechtigung. Gansel gelingt es auch aufzuzeigen, wie der so vielseitig talentierte Preußler letztlich aus wirtschaftlichen Gründen zum Kinder- und Jugendbuchautor wurde. Hätte er doch nur den historischen Rahmen nüchtern eingeflochten. NIKLAS ZIMMERMANN

Carsten Gansel:

"Kind einer schwierigen Zeit". Otfried Preußlers frühe Jahre.

Galiani Berlin Verlag,

Berlin 2022. 560 S., Abb., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bei Rezensent Niklas Zimmermann hinterlässt Carsten Gansels Biografie über Otfried Preußler einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits beeindruckt die ausgiebige Recherche im Privatarchiv und in bislang unveröffentlichten Dokumenten. Die akribische Annäherung führt zu großer Empathie mit Preußler. Andererseits erweist sich jedoch genau diese Nähe auch als Problem, findet Zimmermann. Er bemängelt eine unkritische oder gänzlich fehlende Auseinandersetzung mit Preußlers persönlichen und familiären Verstrickungen in die NS-Ideologie. Das gilt für Preußlers ersten Roman, der Sympathien für die Hitlerjugend hegt, wie auch für Verbindungen des Vaters zu völkischen Dichtern. Zimmermann irritiert, dass Gansel hier hinter den Forschungsstand zurückfällt und hätte sich insgesamt mehr Nüchternheit in der Auseinandersetzung mit dem historischen Kontext Preußlers gewünscht.

© Perlentaucher Medien GmbH
Es ist eine deutsche Lebensgeschichte, von Glauben und falscher Treue geprägt und von dem Unvermögen, die Irrtümer und Einschnitte aus den frühen Erwachsenenjahren später zu bewerten. Cornelia Geißler Berliner Zeitung 20221019