"Warum haben Kartoffeln Augen?" ,"Wie macht man eigentlich Pfannkuchen?" und "Wie wird aus dem Fisch ein Stäbchen?" - diese Fragen und viele mehr beschäftigen Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren. Sie wollen wissen, was sie essen und warum manche Lebensmittel "gesünder" sind als andere. Und sie wollen selbst in der Küche aktiv werden. Die Kinder-Ernährungsspezialistin Dagmar von Cramm verrät zusammen mit vielen Kids im Koch-Alphabet alles Wissenswerte von Apfel über Eis und Nudeln bis hin zu Zucker. Neben spannenden Eigenanbau-Experimenten gibt s natürlich auch "kinderleichte" Lieblingsrezepte sowie zahlreiche Tipps und Tricks, was wie zusammenpasst, lecker schmeckt und warum es auch noch ernährungsphysiologisch wertvoll ist.
So wird Essen erlebbar!
So wird Essen erlebbar!
Dagmar Freifrau von Cramm ist Journalistin, Buchautorin und Ökotrophologin. Sie ist Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und lebt in Freiburg im Breisgau.
© Gräfe und Unzer
Von Äthylen und Streuobstwiesen: Renate Künast stellt ein Kinder-Kochbuch vor, das kreative Kräfte wecken soll
Für die grundlegenden, an sich schönen Dinge im Leben, für die Liebe und das Essen, werden die Kinder kaum erzogen. Sobald sie in der Pubertät sind, bleiben sie ihren Trieben überlassen, hören bestenfalls etwas von Verhütung oder daß man auf Kalorien achten sollte. Leitmotiv für die Liebe sind die schlichten Geschichten aus Hollywood mit ihren eindeutigen sexuellen Signalen; für das Essen sind ebenfalls einfache, praktisch zu handhabende Dinge wie Hamburger, Pizza und Schokoriegel prägend. Daß aber für die Liebe wie für das Essen eine zivile Kraft vonnöten ist, daß man dafür "viel Lebenszeit und Willenskraft und weit mehr Stilgefühl und Geist" braucht, wie es Harald Brodkey in "Liebeserklärungen und andere letzte Worte" ausdrückt, wird den Jugendlichen nicht vermittelt. Die jungen Leute werden zu beruflichen Experten ausgebildet, doch gegenüber den elementaren Trieben, gegenüber Lebensführung und Lebenskunst, bleiben sie Dilettanten.
Die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, hatte nun endlich ein Einsehen und entschloß sich, für Abhilfe zu sorgen. Gab es bislang schon eine Reihe von Kochbüchern, die für Mütter geschrieben wurden, um für die Kinder ein gutes und zeitgemäßes Essen zuzubereiten, so legte nun Dagmar von Cramm das "Kinder Koch-Alphabet" vor, das die Kinder selbst anleitet, die Schürze umzubinden. Es entstand in Absprache mit dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und wurde von diesem finanziell unterstützt, während die Kinderkommission des Deutschen Bundestags eine ideelle Förderung gewährte und die Publikation empfiehlt.
Der Gräfe und Unzer Verlag nutzte vor ein paar Tagen die Gelegenheit, sich bei der Vorstellung des Buches mit der Bundesministerin zu schmücken. Die Medien wurden im Dachgartenrestaurant des Deutschen Bundestages empfangen und in den verglasten Wintergarten geleitet. Hinter der vorderen Tischreihe, an der die Ministerin, die Autorin und Vertreter des Verlages saßen, ragte die Charité auf, als wollte sie sagen: Eßt gesund! Natürlich wurde in den Reden zum Lobe des Buches darauf hingewiesen, daß das Werk und das Kochen selbst den Kindern Spaß machen soll, doch niemand sah sich imstande, das "Kinder Koch-Alphabet" allein dadurch zu rechtfertigen, daß es im Dienst einer verfeinerten Lebensart stehe. Die Rednerinnen klammerten sich immer wieder an das Einmaleins der Gesundheit, an das Kauderwelsch von Kohlenhydraten, Fett und Übergewicht, um das Buch zu preisen.
Es soll vor allem Kinder zwischen acht und zwölf ansprechen, doch auch sie finden im Buch zunächst ein "Ernährungslexikon", in dem es heißt: "An der Universität kann man Ernährungswissenschaft studieren. Ernährungswissenschaftler erforschen die Wirkung von Essen und Trinken auf den Körper des Menschen." Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden, daß in gewissem Maß auch naturwissenschaftliche Aufklärung betrieben wird; daß aber in der Einleitung eines Kinder-Kochbuches die Märchen der Brüder Grimm oder die Geschichten von Wilhelm Busch nicht ins Spiel kommen, daß kein einziger Gastrosoph, wie etwa Karl Friedrich von Rumohr, das Wort erhält, ist doch zu bedauern. Neben den verstandesmäßigen Erläuterungen hätte man ruhig mehr rein sinnliche und geistige Begründungen hinzuziehen können. Doch diese Einwendungen fallen letztlich nicht ins Gewicht. Das Buch zeigt einen klaren Aufbau und stellt in alphabetischer Reihenfolge einzelne Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen vor. So wird etwa die Geschichte des Apfels kurz dargestellt, es wird aufgezählt, was aus Äpfeln alles gemacht wird, wie man sie wachsen soll; es gibt ein kleines Kapitel "Apfel-Medizin" und ein kleines "Apfel-Lexikon" mit Überschriften wie "Äthylen", "Handelsklassen" oder "Streuobstwiese". Schließlich werden einige Apfelsorten beschrieben und zwei Rezepte angegeben: "Bratäpfel" und "Gebackene Apfelspalten". Jeder Schritt der Zubereitung wird gut durch Text und Bild erklärt. Insgesamt macht die Autorin den Apfel interessant, und die Kinder werden beim Kochen nicht überfordert, sie erlernen schlichte Garmethoden und im Ansatz die Kunst des Kombinierens. Sie erleben einen schonenden Umgang mit den Dingen, der die eigenen kreativen Kräfte wachruft und das Essen zum Erlebnis erhebt.
ERWIN SEITZ
Dagmar von Cramm: Kinder Koch-Alphabet. Rezepte + Infos = Kochspaß. Gräfe und Unzer Verlag, München 2002. 160 Seiten mit vielen Farbfotos. Klappenbroschur. 14,90 Euro.
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