In Hauptspindeln erfährt die Lagerung eine starke Beanspruchung durch hohe Bearbeitungskräfte und Drehzahlen. Die rechnerische Auslegung der Spindellager hinsichtlich deren mechanischen und kinematischen Beanspruchungen zeigt die Belastungsgrenzen der Spindel an. Die Analyse der Kugelkinematik, mit den in der Praxis eingesetzten Methoden der quasistatischen Wälzlagerberechnung, ist noch immer mit hohen Unsicherheiten verbunden. Häufig begrenzt die berechnete Kugelkinematik durch den sogenannten Kugelvor- und -nachlauf die spezifizierbare Belastung der Spindel. Diese Forschungsarbeit analysiert daher experimentell und simulativ die Belastung von Spindellagern sowie die Kugelkinematik unter praxisnahen Lastparametern als Beitrag für eine verbesserte Auslegung der Lagerung.Zur ganzheitlichen Analyse der Belastung von Spindellagern werden Messsysteme vorgestellt, mit denen die auf die Lagerung wirkende Belastung sowie die orbitale Bewegung der Kugeln und des Käfigs erfasst werden können. Das System zur Messung der orbitalen Kugelbewegung stellt eine zentrale Neuentwicklung dar. Dieses arbeitet nach dem Prinzip einer Lichtschranke im Durchlichtverfahren, bei dem die Kugeln die Lichtschranke schalten. Mehrere über dem Lagerumfang angeordnete Sensoren erlauben eine kontinuierliche Beobachtung der Kugelbewegung. Die hohe Integrierbarkeit der Messsysteme ermöglicht den Einsatz in Prüfständen und in Hauptspindeln.Im methodischen Teil werden Berechnungsverfahren vorgestellt, die auf Basis der gemessenen Wellenverlagerung die Belastung in den Lagerstellen ermitteln. Hierzu wird die gemessene Wellenverlagerung über ein Spindelmodell mit elastischer Welle unter Berücksichtigung dynamischer Schwingformen auf die Lagerstelle projiziert. Die dabei entstehenden Belastungen in den Wälzkontakten der Lager werden mit der quasistatischen Wälzlagerberechnung ermittelt. Diese Belastungen dienen als Eingangsgrößen für einen dynamischen Berechnungsansatz der Kugelkinematik.Die Anwendung der Messsysteme und Berechnungsmethoden im experimentellen Teil zeigt die Entwicklung des Kugelvor- und -nachlaufs unter zahlreichen Belastungsparametern in Prüfständen und Hauptspindeln. Die gemessene Kugelgeschwindigkeit weist entgegen der quasistatischen Auslegung eine deutlich geringere Modulation auf, sodass auch der Kugelvor- und -nachlauf geringer ausfällt als vorhergesagt. Die entwickelte dynamische Methode beschreibt die Kugelgeschwindigkeit mit verbesserter Genauigkeit.