King kommt noch! - dieser Satz der Mutter taucht alles in ein neues Licht! Seit drei Tagen ist der Junge mit den Eltern und dem Baby in diesem neuen Land. Nur King ist nicht da, sein Hund und bester Freund. Aber King kommt noch! Doch wie soll King den langen Weg finden? Mit seinem Papiertelefon spricht der Junge ihm immer wieder Botschaften in den Wind: Bleib im Versteck, bis keine Raketen mehr fliegen. Lauf nur im Dunkeln los! Dazwischen beginnt er, die Straße zu beobachten und sich über all die Merkwürdigkeiten zu wundern. Am meisten über den Mann, der den Hundedreck in eine Tüte steckt und mitnimmt. Wozu nur? Der Junge stromert umher, und nach und nach löst er die Räsel dieser Straße, bis sie nicht mehr fremd ist. Doch die aufregendste Entdeckung macht er, als er die Bücher zu lesen lernt, deren Wörter er nicht versteht. Mit einer Taschenlampe erweckt er die Bilder darin zum Leben. Und auf einem, dem wunderbarsten, findet er einen Hund: Es ist King und er hat Flügel! Jetzt weiß er wirklich: King kommt noch! Ein Kinderbuch, traurig und heiter, das nicht zuletzt durch seine warmherzigen Bilder die schönste Hoffnung beflügelt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.06.2017Windtelefon
Ein kleiner Flüchtlingsjunge
erkundet seine neue Heimat
Voller Zuversicht wartet ein Junge auf seinen geliebten Hund. „King kommt noch!“, hatte die Mutter versprochen. Sie sind ja auch erst seit drei Tagen in diesem neuen Land, in Sicherheit zwar, aber fremd und verloren. Mama, Papa, Baby und der Junge, der in diesem Buch von seinen Gedanken und Erlebnissen erzählt, alle in nur einem Zimmer. Ein komisches Land, in dem es immer gleich drei Straßen gibt – eine für Autos und gleich zwei am Rand, extra für Kinder, Hunde und Menschen! Und wo tatsächlich ein Mann Hundehäufchen in einer Plastiktüte einsammelt. Was er wohl damit macht?
Auch Mama und Papa können diese Frage nicht beantworten, sie wissen überhaupt gar nichts mehr, ganz anders als zu Hause. Der Junge sehnt sich so nach seinem Hund. Aber wie soll King den weiten Weg hierher bloß finden? Die Eltern bauen fantasievoll ein „Windtelefon“, das die Worte des Jungen über die Berge hin zu seinem Hund tragen wird. Ganz genau beschreibt er nun King den gefährlichen Weg und findet Trost darin, sich seine Ankunft auszumalen. Bis es so weit ist, erkundet der Junge Schritt für Schritt die neue Welt. Der nette Hausmeister der Unterkunft gibt ihm ein Buch – doch oh Schreck, alle Buchstaben sind fremd! Arabische Schriftzeichen sehen ganz anders aus. Leseanfänger werden das Entsetzen des Jungen gut nachempfinden können. Was, wenn man nicht mehr lesen kann, obwohl man das gerade mühsam in der Schule gelernt hat? Alles ist fremd und unverständlich. Doch dann entdeckt der Junge mit seinem Papa eine Teestube, ganz wie zu Hause. Und im Fahrradladen um die Ecke bekommt er ein Fahrrad, mit dem er die Straße entlangsausen kann. Schritte in ein normales Kinderleben. Als dann noch die weiß gekleidete Frau ihm eine besondere Taschenlampe mit blauem Licht schenkt, erwachen alle Bücher zum Leben. Beim Bücherlesen versinkt er in einer zauberhaften Welt, in der Tiere Flügel bekommen. Auf solchen Flügeln könnte sein geliebter Hund King auch zu ihm kommen.
Realistisch und märchenhaft zugleich ist diese Geschichte vom Ankommen in der Fremde. Andrea Karimé erzählt von Unsicherheit und vom Schmerz des Verlustes, aber auch von den kleinen Gesten der Freundschaft, die so viel bewirken. Wer mit Kindern diese Geschichte liest, begibt sich mit ihnen zusammen in eine magische Welt, in der Hunde den weiten Weg aus dem zerstörten alten Zuhause bis zu dem Jungen finden könnten. Und fühlt sich in die Fremdheit und Verlorenheit eines Kindes ein, für das nichts mehr selbstverständlich ist. Einfühlsam illustriert mit hellen freundlichen Bildern, die auch die Wanderung des Hundes zeigen. (ab 6 Jahre)
REGINE RIEPE
Andrea Karimé: King kommt noch. Mit Illustrationen von Jens Rassmus. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2017. 48 Seiten, 9,90 Euro.
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Ein kleiner Flüchtlingsjunge
erkundet seine neue Heimat
Voller Zuversicht wartet ein Junge auf seinen geliebten Hund. „King kommt noch!“, hatte die Mutter versprochen. Sie sind ja auch erst seit drei Tagen in diesem neuen Land, in Sicherheit zwar, aber fremd und verloren. Mama, Papa, Baby und der Junge, der in diesem Buch von seinen Gedanken und Erlebnissen erzählt, alle in nur einem Zimmer. Ein komisches Land, in dem es immer gleich drei Straßen gibt – eine für Autos und gleich zwei am Rand, extra für Kinder, Hunde und Menschen! Und wo tatsächlich ein Mann Hundehäufchen in einer Plastiktüte einsammelt. Was er wohl damit macht?
Auch Mama und Papa können diese Frage nicht beantworten, sie wissen überhaupt gar nichts mehr, ganz anders als zu Hause. Der Junge sehnt sich so nach seinem Hund. Aber wie soll King den weiten Weg hierher bloß finden? Die Eltern bauen fantasievoll ein „Windtelefon“, das die Worte des Jungen über die Berge hin zu seinem Hund tragen wird. Ganz genau beschreibt er nun King den gefährlichen Weg und findet Trost darin, sich seine Ankunft auszumalen. Bis es so weit ist, erkundet der Junge Schritt für Schritt die neue Welt. Der nette Hausmeister der Unterkunft gibt ihm ein Buch – doch oh Schreck, alle Buchstaben sind fremd! Arabische Schriftzeichen sehen ganz anders aus. Leseanfänger werden das Entsetzen des Jungen gut nachempfinden können. Was, wenn man nicht mehr lesen kann, obwohl man das gerade mühsam in der Schule gelernt hat? Alles ist fremd und unverständlich. Doch dann entdeckt der Junge mit seinem Papa eine Teestube, ganz wie zu Hause. Und im Fahrradladen um die Ecke bekommt er ein Fahrrad, mit dem er die Straße entlangsausen kann. Schritte in ein normales Kinderleben. Als dann noch die weiß gekleidete Frau ihm eine besondere Taschenlampe mit blauem Licht schenkt, erwachen alle Bücher zum Leben. Beim Bücherlesen versinkt er in einer zauberhaften Welt, in der Tiere Flügel bekommen. Auf solchen Flügeln könnte sein geliebter Hund King auch zu ihm kommen.
Realistisch und märchenhaft zugleich ist diese Geschichte vom Ankommen in der Fremde. Andrea Karimé erzählt von Unsicherheit und vom Schmerz des Verlustes, aber auch von den kleinen Gesten der Freundschaft, die so viel bewirken. Wer mit Kindern diese Geschichte liest, begibt sich mit ihnen zusammen in eine magische Welt, in der Hunde den weiten Weg aus dem zerstörten alten Zuhause bis zu dem Jungen finden könnten. Und fühlt sich in die Fremdheit und Verlorenheit eines Kindes ein, für das nichts mehr selbstverständlich ist. Einfühlsam illustriert mit hellen freundlichen Bildern, die auch die Wanderung des Hundes zeigen. (ab 6 Jahre)
REGINE RIEPE
Andrea Karimé: King kommt noch. Mit Illustrationen von Jens Rassmus. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2017. 48 Seiten, 9,90 Euro.
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