»Kittlitz kann erzählen: So exotisch wie Kracht, so lustig wie Kehlmann.« WamS
Eine Amour fou zwischen zwei jungen Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten - und doch mehr gemeinsam haben, als sie ahnen. Johanna ist eine Jurastudentin aus Frankfurt, David ein Maler aus Armenien, ein Flüchtlingskind. Eine Ausstellung seiner Kunst in Venedig führt die beiden zusammen, der Glaube an eine schicksalhafte Fügung eint sie. Ihre Gefühle und die Kämpfe mit den Traumatisierungen der Vergangenheit aber drohen sie zu entzweien. Trägt die Hoffnung, durch einander zum jeweils wahren Selbst gelangen zu können? Eine große internationale Lovestory, zeitgenössisch und wahr.
»Kittlitz schreibt, wie Netflix erzählt: in großen Bildern, mit passendem Soundtrack, mit Empathie für Antihelden.« DER SPIEGEL
»Alard von Kittlitz' elegante wie berührende Erzählung reißt uns in den Strudel einer gnadenlosen Liebe« Katja Eichinger
»Dieses Buch über Schönheit und Schmerz hatmich mitgerissen wie ein Fluss.« Julia Voss
Eine Amour fou zwischen zwei jungen Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten - und doch mehr gemeinsam haben, als sie ahnen. Johanna ist eine Jurastudentin aus Frankfurt, David ein Maler aus Armenien, ein Flüchtlingskind. Eine Ausstellung seiner Kunst in Venedig führt die beiden zusammen, der Glaube an eine schicksalhafte Fügung eint sie. Ihre Gefühle und die Kämpfe mit den Traumatisierungen der Vergangenheit aber drohen sie zu entzweien. Trägt die Hoffnung, durch einander zum jeweils wahren Selbst gelangen zu können? Eine große internationale Lovestory, zeitgenössisch und wahr.
»Kittlitz schreibt, wie Netflix erzählt: in großen Bildern, mit passendem Soundtrack, mit Empathie für Antihelden.« DER SPIEGEL
»Alard von Kittlitz' elegante wie berührende Erzählung reißt uns in den Strudel einer gnadenlosen Liebe« Katja Eichinger
»Dieses Buch über Schönheit und Schmerz hatmich mitgerissen wie ein Fluss.« Julia Voss
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Bernhard Heckler staunt, wie ernst Alard von Kittlitz seine Figuren der Generation Z. nimmt, die in seinem Roman so verzweifelt um einen Platz in der Welt ringen, um ihre Beziehung zu anderen und mit der Einzigartigkeit ihrer selbst - genau wie alle 20-Jährigen. Über das pseudokluge Geschwätz der Figuren kann Heckler dabei ganz gut hinwegsehen. Erstaunlich scheint ihm auch, über wie wenig Humor und Ironie die Figuren doch verfügen. Dass Kittlitz so zugewandt von alldem zu erzählen vermag, scheint für Heckler die eigentliche Sensation des Buches zu sein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.08.2024Verdammt, ich lieb’ dich
Im Roman „Kismet“ erzählt Alard von Kittlitz vom verzweifelten Versuch zweier um sich selbst kreisender junger Menschen, eine Beziehung zu führen.
Die 23-jährige Johanna, Heldin des Romans „Kismet“ des Journalisten und Schriftstellers Alard von Kittlitz, trägt sich zu Beginn der Geschichte während eines Italienurlaubs mit einem Gefühl gespannter Erwartung. „Sie meinte, dass ihr hier, oder bald jedenfalls, etwas ganz Entscheidendes, etwas ausgesprochen Bedeutsames geschehen oder begegnen würde.“ Ein paar Tage später steht sie tief berührt vor dem Bild eines jungen Künstlers auf der Biennale in Venedig. Und noch ein paar Tage später trifft sie diesen Künstler zufällig in einer Bar in Berlin.
So beginnt die Geschichte des verzweifelten Versuchs zweier Menschen, sich zu lieben. Johanna, die deutsche Jurastudentin, und David, der aufstrebende Künstler aus Armenien, prallen aufeinander wie zwei Kontinentalplatten, zwischen ihnen fächert sich ein Gebirge aus Verletzungen, Traumata, Projektionen und Hoffnungen auf.
Sie unterhalten sich auf Englisch. Johanna, deren Zugang zur Welt sich stark über Sprache vollzieht, fühlt sich David in ihren Englischkenntnissen unterlegen, und findet Gefallen an seiner „komplett bastardisierten Sprache“ mit Einflüssen aus der ganzen Welt, in der seine Flucht- und Migrationsgeschichte liegt. Er stammt aus einer armenischen Exklave in Aserbaidschan und ist in Athen aufgewachsen, mehr weiß Johanna zunächst nicht über ihn. Selbst gibt sie auch sehr wenig von sich preis. Dass die beiden keine gemeinsame Sprache haben, verstärkt die Fremdheit zwischen ihnen, die sie von Anfang an fühlen und mit aller Kraft zu überwinden versuchen – ohne wirklich zu wissen, wieso. Ihre gegenseitige Anziehungskraft ist instinktiv und reflexhaft. Motten, die ins Licht fliegen.
Johanna denkt: „Ich meine, wenn man sich verliebt, dann sollte das doch leicht sein, und nicht so mühsam.“ Immer „verhakt“ sich etwas zwischen ihnen. Ihre junge Beziehung wird schnell zu einer Abfolge an Missverständnissen, Kränkungen und Streit, der den Charakter eines Vernichtungskampfes hat. David schmettert bald schon Kaffeekannen auf den Boden und wischt Teller vom Tisch, Johanna benutzt brutale Worte und triumphiert, wenn sie Wirkung zeigen: „Sie hatte ihn verletzt, das freute sie.“
Dann wieder retten sich die beiden in Momente von Zärtlichkeit und in scheinbar überwältigend gute Gespräche, die sich dem Leser jedoch als schmerzhaft inhaltsleeres, pseudokluges Gelaber darstellen, als ein hilfloser Versuch, sich als intellektuell und vielseitig zu präsentieren, dabei aber nichts Wesentliches preiszugeben, ein einziges semantisches Versteckspiel.
An einer Stelle sagt David über sein Verhältnis zu seiner künstlerischen Arbeit: „Aber meine eigenen Sachen sind meine, da habe ich ein intimeres Verhältnis zu, ich kenne die Prozesse dahinter zu gut, um das irgendwie magisch finden zu können.“ Ein intimes Verhältnis dieses Charakters haben die Liebenden ausdrücklich nicht. War ihr Treffen in der Bar also einfach ein Zufall, oder doch Kismet, also: Schicksal? Der Glaube an die Magie wird zum Durchhaltemotto einer erodierenden Beziehung, an der David und Johanna zugrunde zu gehen drohen. „Wir sind füreinander gemacht worden“, sagt sie zu ihm. Und denkt: „Das ist die Wahrheit zwischen uns. Das ist das Echte.“
Weder Johanna noch David sind zu Humor oder (Selbst-)Ironie fähig. Sie haben ein unglaublich eigentliches Verhältnis zu sich selbst und nehmen sich, wie man das mit Mitte zwanzig bisweilen tut, selbst bitterernst. Entsprechend ist auch die Erzählhaltung des Autors, der eine Art Anti-„Allegro Pastell“ vorgelegt hat. In Leif Randts Roman von 2021 sind die beiden Hauptfiguren, eine Schriftstellerin und ein Webdesigner, peinlich darum bemüht, dass nichts zwischen ihnen zu existenziell, zu ernst, zu groß wird. In „Kismet“ kann es David und Johanna gar nicht ernst, groß, existenziell genug sein. Ihre Beziehung ist ein Allegro Tiefrot.
„Es geht letztlich darum, ob du dich selbst ernst nimmst“, sagt David zu Johanna. „Das ist ein echtes Problem, Johanna, glaube ich, unserer Zeit insgesamt. Dass sowieso nichts mehr ernst genommen wird.“
Alard von Kittlitz’ Figuren verkörpern, ohne dezidiert politisch zu sein, eine Hinwendung zu einer neuen Eigentlichkeit in der Gen Z. An ihnen wird die post(selbst)ironische Wende in der Selbst- und Weltbetrachtung junger Menschen der Gegenwart deutlich, die sich nicht mehr über die eigenen Traumata und die Schwächen des Zeitgeists lustig machen, sondern diese mit brachialem, notwendigerweise humorlosem Gestaltungswillen bekämpfen. Diese Entwicklung ist nur konsequent, wenn man bedenkt, dass die Uhr für alle Anfang bis Mitte 20-Jährigen fünf nach zwölf anzeigt, seit sie ein politisches (und therapeutisches) Gedächtnis haben.
Wie viele von dieser pausenlosen Selbstergründung erschöpfte junge Menschen flüchtet sich Johanna in den Sport, um mal ein paar Minuten Ruhe vor sich selbst zu haben. „Johanna also tanzte, um sich zu verlieren, für diese seltenen Momente, in denen sie das Kettenhemd der Reflexion abstreifen durfte.“ Später will sie das Kettenhemd aber unbedingt wieder anziehen. „Ich muss zurück zur Analyse, dachte sie, dringend.“ Der Wunsch wundert nicht, wenn man als Leser von ihrer Mutter erfährt, die sich nach einer Anekdote rückversichert: „Oder erinnere ich das zu golden?“ Klar: Kinder von Eltern, die so sprechen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, früher oder später auf der Couch zu landen.
Als David sich an einer Stelle über Johanna lustig macht, weil sie etwas allzu offensichtlich Pseudokluges gesagt hat, lacht sie mit, „obwohl sie eigentlich fand, dass das so dumm eigentlich nicht gewesen war, diese grotesken Dimensionen des Alls, in dem die Erde so klein war, so ephemer, wie ein Bläschen auf einer Welle bloß“. David ist auch nicht besser, wie er vor lauter Gefühlen sein Gesicht verzieht, „weil diese Farbe so überwältigend laut in ihm klingt“.
Hinter, zwischen und neben alldem erkennt man seine eigene Gefühlswelt mit Mitte zwanzig, ob man will oder nicht. Man erinnert sich an die scheiternden Versuche, jemandem wirklich etwas von sich zu erzählen. An die Suche nach einem Platz in der Welt, die ja oft der Suche nach einem Lichtschalter in einem stockfinsteren Raum gleicht. An den Glauben an die Einzigartigkeit, Schicksalhaftigkeit und Göttlichkeit der ersten großen Liebe bei gleichzeitigem Gefangensein in diesem Glauben. An die aufkeimende Ahnung, dass man in Wahrheit nicht weiß, wer man ist, und die Wut darüber, fälschlicherweise auf das geliebte Gegenüber, das diese Ahnung hat entstehen lassen.
Alard von Kittlitz erzählt von der Ent-Täuschung, im Sinne der Überwindung von Täuschungen, die zum Erwachsenwerden gehört, zugewandt und darauf verzichtend, sich lustig zu machen. Er nimmt seine Figuren im besten Sinne so ernst und so wichtig, dass man ihrem Ringen in einem Maß schutzlos ausgesetzt ist, das die Lektüre teilweise körperlich anstrengend macht. Nicht die schlechteste literarische Leistung.
BERNHARD HECKLER
Der Glaube an die Magie
wird für die beiden
zum Durchhaltemotto
Die Suche nach einem Platz
in der Welt ist wie die
Suche nach Licht im Dunkeln
Wer sich jung verliebt, kommt schnell mal auf die Idee, es handle sich dabei um Kismet, um Schicksal.
Foto: IMAGO/Depositphotos
Alard von Kittlitz: Kismet. Roman. Piper, München 2024. 272 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Im Roman „Kismet“ erzählt Alard von Kittlitz vom verzweifelten Versuch zweier um sich selbst kreisender junger Menschen, eine Beziehung zu führen.
Die 23-jährige Johanna, Heldin des Romans „Kismet“ des Journalisten und Schriftstellers Alard von Kittlitz, trägt sich zu Beginn der Geschichte während eines Italienurlaubs mit einem Gefühl gespannter Erwartung. „Sie meinte, dass ihr hier, oder bald jedenfalls, etwas ganz Entscheidendes, etwas ausgesprochen Bedeutsames geschehen oder begegnen würde.“ Ein paar Tage später steht sie tief berührt vor dem Bild eines jungen Künstlers auf der Biennale in Venedig. Und noch ein paar Tage später trifft sie diesen Künstler zufällig in einer Bar in Berlin.
So beginnt die Geschichte des verzweifelten Versuchs zweier Menschen, sich zu lieben. Johanna, die deutsche Jurastudentin, und David, der aufstrebende Künstler aus Armenien, prallen aufeinander wie zwei Kontinentalplatten, zwischen ihnen fächert sich ein Gebirge aus Verletzungen, Traumata, Projektionen und Hoffnungen auf.
Sie unterhalten sich auf Englisch. Johanna, deren Zugang zur Welt sich stark über Sprache vollzieht, fühlt sich David in ihren Englischkenntnissen unterlegen, und findet Gefallen an seiner „komplett bastardisierten Sprache“ mit Einflüssen aus der ganzen Welt, in der seine Flucht- und Migrationsgeschichte liegt. Er stammt aus einer armenischen Exklave in Aserbaidschan und ist in Athen aufgewachsen, mehr weiß Johanna zunächst nicht über ihn. Selbst gibt sie auch sehr wenig von sich preis. Dass die beiden keine gemeinsame Sprache haben, verstärkt die Fremdheit zwischen ihnen, die sie von Anfang an fühlen und mit aller Kraft zu überwinden versuchen – ohne wirklich zu wissen, wieso. Ihre gegenseitige Anziehungskraft ist instinktiv und reflexhaft. Motten, die ins Licht fliegen.
Johanna denkt: „Ich meine, wenn man sich verliebt, dann sollte das doch leicht sein, und nicht so mühsam.“ Immer „verhakt“ sich etwas zwischen ihnen. Ihre junge Beziehung wird schnell zu einer Abfolge an Missverständnissen, Kränkungen und Streit, der den Charakter eines Vernichtungskampfes hat. David schmettert bald schon Kaffeekannen auf den Boden und wischt Teller vom Tisch, Johanna benutzt brutale Worte und triumphiert, wenn sie Wirkung zeigen: „Sie hatte ihn verletzt, das freute sie.“
Dann wieder retten sich die beiden in Momente von Zärtlichkeit und in scheinbar überwältigend gute Gespräche, die sich dem Leser jedoch als schmerzhaft inhaltsleeres, pseudokluges Gelaber darstellen, als ein hilfloser Versuch, sich als intellektuell und vielseitig zu präsentieren, dabei aber nichts Wesentliches preiszugeben, ein einziges semantisches Versteckspiel.
An einer Stelle sagt David über sein Verhältnis zu seiner künstlerischen Arbeit: „Aber meine eigenen Sachen sind meine, da habe ich ein intimeres Verhältnis zu, ich kenne die Prozesse dahinter zu gut, um das irgendwie magisch finden zu können.“ Ein intimes Verhältnis dieses Charakters haben die Liebenden ausdrücklich nicht. War ihr Treffen in der Bar also einfach ein Zufall, oder doch Kismet, also: Schicksal? Der Glaube an die Magie wird zum Durchhaltemotto einer erodierenden Beziehung, an der David und Johanna zugrunde zu gehen drohen. „Wir sind füreinander gemacht worden“, sagt sie zu ihm. Und denkt: „Das ist die Wahrheit zwischen uns. Das ist das Echte.“
Weder Johanna noch David sind zu Humor oder (Selbst-)Ironie fähig. Sie haben ein unglaublich eigentliches Verhältnis zu sich selbst und nehmen sich, wie man das mit Mitte zwanzig bisweilen tut, selbst bitterernst. Entsprechend ist auch die Erzählhaltung des Autors, der eine Art Anti-„Allegro Pastell“ vorgelegt hat. In Leif Randts Roman von 2021 sind die beiden Hauptfiguren, eine Schriftstellerin und ein Webdesigner, peinlich darum bemüht, dass nichts zwischen ihnen zu existenziell, zu ernst, zu groß wird. In „Kismet“ kann es David und Johanna gar nicht ernst, groß, existenziell genug sein. Ihre Beziehung ist ein Allegro Tiefrot.
„Es geht letztlich darum, ob du dich selbst ernst nimmst“, sagt David zu Johanna. „Das ist ein echtes Problem, Johanna, glaube ich, unserer Zeit insgesamt. Dass sowieso nichts mehr ernst genommen wird.“
Alard von Kittlitz’ Figuren verkörpern, ohne dezidiert politisch zu sein, eine Hinwendung zu einer neuen Eigentlichkeit in der Gen Z. An ihnen wird die post(selbst)ironische Wende in der Selbst- und Weltbetrachtung junger Menschen der Gegenwart deutlich, die sich nicht mehr über die eigenen Traumata und die Schwächen des Zeitgeists lustig machen, sondern diese mit brachialem, notwendigerweise humorlosem Gestaltungswillen bekämpfen. Diese Entwicklung ist nur konsequent, wenn man bedenkt, dass die Uhr für alle Anfang bis Mitte 20-Jährigen fünf nach zwölf anzeigt, seit sie ein politisches (und therapeutisches) Gedächtnis haben.
Wie viele von dieser pausenlosen Selbstergründung erschöpfte junge Menschen flüchtet sich Johanna in den Sport, um mal ein paar Minuten Ruhe vor sich selbst zu haben. „Johanna also tanzte, um sich zu verlieren, für diese seltenen Momente, in denen sie das Kettenhemd der Reflexion abstreifen durfte.“ Später will sie das Kettenhemd aber unbedingt wieder anziehen. „Ich muss zurück zur Analyse, dachte sie, dringend.“ Der Wunsch wundert nicht, wenn man als Leser von ihrer Mutter erfährt, die sich nach einer Anekdote rückversichert: „Oder erinnere ich das zu golden?“ Klar: Kinder von Eltern, die so sprechen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, früher oder später auf der Couch zu landen.
Als David sich an einer Stelle über Johanna lustig macht, weil sie etwas allzu offensichtlich Pseudokluges gesagt hat, lacht sie mit, „obwohl sie eigentlich fand, dass das so dumm eigentlich nicht gewesen war, diese grotesken Dimensionen des Alls, in dem die Erde so klein war, so ephemer, wie ein Bläschen auf einer Welle bloß“. David ist auch nicht besser, wie er vor lauter Gefühlen sein Gesicht verzieht, „weil diese Farbe so überwältigend laut in ihm klingt“.
Hinter, zwischen und neben alldem erkennt man seine eigene Gefühlswelt mit Mitte zwanzig, ob man will oder nicht. Man erinnert sich an die scheiternden Versuche, jemandem wirklich etwas von sich zu erzählen. An die Suche nach einem Platz in der Welt, die ja oft der Suche nach einem Lichtschalter in einem stockfinsteren Raum gleicht. An den Glauben an die Einzigartigkeit, Schicksalhaftigkeit und Göttlichkeit der ersten großen Liebe bei gleichzeitigem Gefangensein in diesem Glauben. An die aufkeimende Ahnung, dass man in Wahrheit nicht weiß, wer man ist, und die Wut darüber, fälschlicherweise auf das geliebte Gegenüber, das diese Ahnung hat entstehen lassen.
Alard von Kittlitz erzählt von der Ent-Täuschung, im Sinne der Überwindung von Täuschungen, die zum Erwachsenwerden gehört, zugewandt und darauf verzichtend, sich lustig zu machen. Er nimmt seine Figuren im besten Sinne so ernst und so wichtig, dass man ihrem Ringen in einem Maß schutzlos ausgesetzt ist, das die Lektüre teilweise körperlich anstrengend macht. Nicht die schlechteste literarische Leistung.
BERNHARD HECKLER
Der Glaube an die Magie
wird für die beiden
zum Durchhaltemotto
Die Suche nach einem Platz
in der Welt ist wie die
Suche nach Licht im Dunkeln
Wer sich jung verliebt, kommt schnell mal auf die Idee, es handle sich dabei um Kismet, um Schicksal.
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Alard von Kittlitz: Kismet. Roman. Piper, München 2024. 272 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»Die Geschichte dieser ausweglosen Liebe ist so einfühlsam und spannend erzählt, dass die Leserinnen und Leser dem langen Auf und Ab dieser Beziehung wie gebannt folgen werden.« Ronald Schneider Rheinische Post 20241028