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The first definitive history of the Nazi concentration camp system, KL will remain an essential read for years to come.

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Produktbeschreibung
The first definitive history of the Nazi concentration camp system, KL will remain an essential read for years to come.
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Autorenporträt
Dr Nikolaus Wachsmann was born in Munich, Germany. He obtained a PhD in History from Birbeck College at the University of London and was a joint winner of the Fraenkel Prize in Contemporary History.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2016

Die Worte der Zeugen
Nikolaus Wachsmann präsentiert sein Buch "KL"

"Möge die Welt wenigstens einen Tropfen, ein Minimum dieser tragischen Welt, in der wir lebten, erblicken." Das aus dem Jiddischen übersetzte Motto der Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager von Nikolaus Wachsmann, die soeben im Siedler Verlag erschienen ist (F.A.Z. vom 21. April), stammt von Salmen Gradowski, einem Häftling des Sonderkommandos von Auschwitz-Birkenau. Dessen Mitglieder wurden dafür eingesetzt, die für die Vergasung ausgewählten Neuankömmlinge zu entkleiden und die Leichen zu verbrennen. Gradowski wurde als Anführer des Aufstands des Sonderkommandos am 7. Oktober 1944 getötet, einen Monat nach der Niederschrift seines Briefes an die Welt. Seine Aufzeichnungen wurden in einer auf dem Gelände des Krematoriums vergrabenen Feldflasche gefunden. "KL" (so die Abkürzung für die Lager in den von den Nationalsozialisten selbst angelegten Akten), Wachsmanns fast tausend Seiten dickes Buch, ist ein Nachtrag zu dieser Flaschenpost aus der Hölle.

Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte, der im Münchner NS-Dokumentationszentrum mit dem aus München gebürtigen Autor sprach, deutete das Motto als Signal der Loyalität: Die ersten Historiker des KZ-Systems waren Insassen. Für Wachsmann, den 1971 geborenen Fachhistoriker und Professor am Londoner Birkbeck College, der seine von Richard Evans betreute, ebenfalls bei Siedler erschienene Dissertation über den Strafvollzug im Hitler-Staat schrieb, hielt die Arbeit an der großen Synthese durchaus noch Überraschungen parat: Verblüfft war er über die Zahl der geborgenen Kassiber. In der Chronik des tschechischen Journalisten Karel Kasák aus Dachau sind auch beiläufige Äußerungen aus der örtlichen Bevölkerung verzeichnet. Zur Umstellung auf den Massenmord, die aus dem Dauerbetrieb des Krematoriums erschlossen werden konnte, überlieferte Kasák die Prophezeiung, all das werde sich noch einmal rächen.

Erst vierzig bis fünfzig Jahre nach Kriegsende wandte sich die professionelle Geschichtswissenschaft den Lagern zu. Laut Zarusky musste sie zunächst das Vorurteil überwinden, dass die Geschichtsschreibung der Opfer einen mythischen Charakter habe. Mit dieser kritischen Bemerkung spielte Zarusky auf einen seiner akademischen Lehrer an, den bedeutendsten Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, in dem Zarusky, Fachmann für Widerstand und Diktaturenvergleich, einer der dienstältesten Mitarbeiter ist. Martin Broszat wies 1988 in einem Briefwechsel mit Saul Friedländer der "deutschen" Forschung die Sache der streng wissenschaftlichen Aufklärung und den jüdischen Opfern die Pflege eines von Verifikationspflichten entlasteten Kollektivgedächtnisses zu.

Nach dem Vorbild von Friedländers Werk über "Das Dritte Reich und die Juden" hat Wachsmann, wo immer es möglich war, Zeugenberichte eingearbeitet. Die Einzelschicksale illustrieren das von Wachsmann mit systematischem Ehrgeiz erschlossene Gesamtgeschehen nicht nur, es setzt sich aus ihnen zusammen. Viele Rezensenten rühmen dieses Kompositionsprinzip. Thomas Laqueur bildet es in seiner weit ausgreifenden Besprechung in der "London Review of Books" sogar nach, indem er die in der Kriegszeit durch wirtschaftliche Zwänge wie utopische Planungen forcierten Funktionsveränderungen der Lager anhand von Nachrichten über seine Verwandten erläutert.

Wachsmann und Zarusky würdigten den 1989 verstorbenen Broszat auch als Pionier. Broszat hatte schon in den siebziger Jahren eine Gesamtgeschichte der SS-Lager entworfen. Wachsmann lobte ihn für die Einsicht, dass damals die Forschungsgrundlage für ein solches Unternehmen noch gefehlt habe und er das Projekt unausgeführt ließ. Mit eigener Forschung erhellte Broszat einen Wendepunkt, der für Wachsmann auch nach jahrelanger Beschäftigung mit der Thematik immer noch einen "irrsinnigen Moment" darstellt. 1934 standen die Lager auf der Kippe, weil Hermann Göring die Ansicht vertrat, in einem autoritären Staat seien Anstalten des außerrechtlichen Gewahrsams entbehrlich. Gegen Göring setzte sich Heinrich Himmler durch, der die Diktatur mit allen Mitteln aufrüsten wollte. Keine Zwangsläufigkeit führte zum Holocaust: Diese Ausgangshypothese von Broszats strukturanalytischer Methode bewährt sich bei Wachsmann im diabolischen Detail einer Organisationsgeschichte des permanenten Funktionswandels. Ein entlastender Effekt tritt nicht ein, weil für alle Varianten der mörderischen Sklavenhaltung eigene Motive und Gründe jenseits des antisemitischen Programms anzusetzen sind.

Beim Essen erzählte Wachsmann später, er habe von einem Geistlichen aus New Jersey einen Brief erhalten, in dem er um die Auskunft gebeten werde, ob er Jude sei. "Dabei soll es darauf doch nicht ankommen!" Im Geist einer Sachlichkeit, die sich nicht mehr einbildet, dass sie sich gegen Empathie wappnen muss, ist in der Zeitgeschichte die Zeit nach Broszat angebrochen.

PATRICK BAHNERS

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