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Saskia van Ammer führt mit ihrem Mann und ihrer Tochter ein glückliches Leben in Amsterdam, bis ein harmloser Fahrradunfall ihre mühsam verdrängte Vergangenheit wieder wach werden läßt: Erinnerungen an einen Todesfall und an ihre Zwillingsschwester Klara, die seit zehn Jahren verschwunden ist. Saskia sucht Zuflucht und Vergessen in den schwedischen Schären, dem Ort ihrer Kindheit. Dort warten nicht nur Klaras Tagebücher auf sie, sondern auch Kriminalinspektor Adolfsson, der immer geahnt hat, daß nicht alles aufgedeckt wurde, als man den Fall damals zu den Akten legte.

Produktbeschreibung
Saskia van Ammer führt mit ihrem Mann und ihrer Tochter ein glückliches Leben in Amsterdam, bis ein harmloser Fahrradunfall ihre mühsam verdrängte Vergangenheit wieder wach werden läßt: Erinnerungen an einen Todesfall und an ihre Zwillingsschwester Klara, die seit zehn Jahren verschwunden ist. Saskia sucht Zuflucht und Vergessen in den schwedischen Schären, dem Ort ihrer Kindheit. Dort warten nicht nur Klaras Tagebücher auf sie, sondern auch Kriminalinspektor Adolfsson, der immer geahnt hat, daß nicht alles aufgedeckt wurde, als man den Fall damals zu den Akten legte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2001

Fräulein Jekyll, Schwester Hyde
Ziemlich gespalten: Barbara Voors' Roman "Klaras Tagebuch"

Man kann es sich ausmalen: Ein anspruchsvoller und spannender Roman sollte es werden, zeitkritisch und unterhaltsam zugleich. Und damit das fertige Werk guten Gewissens der Frauenliteratur zugerechnet werden kann, gehörte auch noch ein kräftiger Schuß streitbarer Feminismus dazu. So ähnlich mag das Rezept ausgesehen haben, mit dem die 33jährige Barbara Voors an ihr neues, ihr fünftes Buch seit 1990 gegangen ist. Auf ein bestimmtes Genre wollte sie sich nicht festlegen. Die vertrackte Familiengeschichte um "Klaras Tagebuch" ist ein Gemisch aus Tagebuch und Briefroman, Politthriller und gesellschaftskritischem Traktat, das es unzweifelhaft auf die Zielgruppe der welterfahrenen Frauen ab vierzig abgesehen hat.

In diesem Alter befindet sich auch Saskia, die holländisch-schwedische Heldin des Romans, eine angesehene Literaturwissenschaftlerin, die für die Wiederentdeckung längst vergessener Autorinnen kämpft und damit das Ziel verbindet, ihrem eigenen Namen Unsterblichkeit zu verleihen. Der Zusammenstoß mit einem Fahrradfahrer in Amsterdam bringt die selbstbewußte Forscherin allerdings nachhaltig aus dem Gleichgewicht, und so macht sie sich in das schwedische Sommerhaus ihrer Jugend auf, um dort, auf einer Schäreninsel, Ordnung in ihr Leben zu bringen. Dieses Leben aber birgt manches Geheimnis, wie es bedeutungsschwere Andeutungen gleich auf den ersten Seiten vermuten lassen.

Auf dem Speicher des Ferienhauses findet Saskia eine bedrückende Hinterlassenschaft, die sie mehr und mehr in den Bann zieht. Es sind die Tagebücher ihrer Zwillingsschwester Klara, die vor zehn Jahren urplötzlich verschwand, nachdem sie in einen undurchsichtigen Mordfall verstrickt war. Immer stärker vermischen sich nun die Stimmen der tagebuchschreibenden Klara und die der Lektüre nachsinnenden Saskia, bis sie kaum noch zu trennen sind. Diese Grenzverwischung hat Methode; die gewitzte Leserin ahnt es längst: Saskia und Klara sind dieselbe Person, und was zunächst nach dem antithetischen Lebensentwurf eines Schwesternpaares aussieht, entpuppt sich als der verzweifelte Versuch, Halt in einem Leben voller Bedrohung und moralischer Schuld zu finden.

Der frühe Unfalltod ihrer Zwillingsschwester trieb die Überlebende in ein kompliziertes Spiel mit verdoppelter Identität, das Voors spannungsvoll zu inszenieren versucht. Dabei greift sie auf bekannte Erzählmuster zurück, geraten wir doch unversehens in eine Variante der Geschichte von Frau Doktor Jekyll und Schwester Hyde. Psychologisch unterfüttert wird das alles mit Anspielungen auf das Syndrom der Persönlichkeitsspaltung, eine der großen medizinischen Mythen der letzten Jahre.

Bei allen populärpsychologischen Ausführungen kommt die Gesellschaftskritik nicht zu kurz. Denn Klaras Tagebuchaufzeichnungen kreisen unentwegt um ihre Freundin mit dem sprechenden Namen Desirée, die das glanzvolle Leben eines männerverachtenden Vamps führt. Klaras verzweifelte Versuche, Desirées kräfteverzehrendes Leben zurück in die rechten Bahnen zu lenken, werden zum Kampf gegen Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit. An großen Worten ist dabei kein Mangel; immer wieder ist von Schuld, Verrat, Treue, Sühne, Verantwortung und Vergebung die Rede. Schließlich bringt ihre Freundschaft die jungen Frauen auch noch in die Nähe kaltblütiger Waffenschieber, die aus den politischen Wirren im postkolonialen Afrika ihren kräftigen Profit zu ziehen versuchen.

Der Weg von der sommerlichen Küste Schwedens ins krisengeschüttelte Afrika ist weit, zu weit für das erzählerische Vermögen der Autorin. Zwar hat Barbara Voors, die heute in Stockholm zu Hause ist, selbst eine Zeitlang in Moçambique und Zimbabwe gelebt. Aber was sie erzählt, gelangt kaum über die Aneinanderreihung vertrauter Klischees hinaus. Der größte Schuft unter den Waffenhändlern beispielsweise wird als verführerisch gutaussehender Mann mit den unvermeidlichen grauen Schläfen beschrieben, der jedoch - wir sind gewarnt - einen ausdruckslosen Blick besitzt und so auftritt, als ob er "immer eine Art Uniform tragen müßte und besser zu Pferde säße, statt zu Fuß zu gehen". Mit solchen Versatzstücken hat die amerikanische Filmindustrie jahrzehntelang ihre Nazi-Schurken ausgestattet.

Der Autorin gelingen nur selten lebendige Schilderungen. Ihre Figuren haben kaum eine Chance, etwas zu unternehmen, ohne daß sogleich eine unmißverständliche Deutung ihres Verhaltens mitgeliefert wird. So werden zwar nach und nach die Rätsel um Klaras Tagebuch gelöst, doch das größte Geheimnis hat Barbara Voors darüber aus dem Blick verloren: wie man eine spannende Geschichte erzählt.

SABINE DOERING

Barbara Voors: "Klaras Tagebuch". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Gisela Kosubeck. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 2000. 304 S., geb., 36,- DM.

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