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Die fünf Sinne - Gesicht, Geruch, Gehör, Geschmack und Gefühle - dienen der buchstäblichen Einverleibung der Außenwelt. Durch sie nehmen wir die Umwelt wahr und reagieren unmittelbar, ja unwillkürlich auf die jeweiligen Eindrücke.Claude Gudin untersucht in seinem ebenso humorvollen wie sinnlichen Buch die Entwicklung der Verführungskunst selbst. Ihre Geschichte nimmt ihren Anfang am Boden des Urmeers: bei den Mikroalgen, die schillernde Farben erfinden, bevor es überhaupt ein Auge gibt, das sie sehen könnte. Gudin nutzt das Mikroskop als Zeitmaschine und sammelt eine Vielzahl kleiner…mehr

Produktbeschreibung
Die fünf Sinne - Gesicht, Geruch, Gehör, Geschmack und Gefühle - dienen der buchstäblichen Einverleibung der Außenwelt. Durch sie nehmen wir die Umwelt wahr und reagieren unmittelbar, ja unwillkürlich auf die jeweiligen Eindrücke.Claude Gudin untersucht in seinem ebenso humorvollen wie sinnlichen Buch die Entwicklung der Verführungskunst selbst. Ihre Geschichte nimmt ihren Anfang am Boden des Urmeers: bei den Mikroalgen, die schillernde Farben erfinden, bevor es überhaupt ein Auge gibt, das sie sehen könnte. Gudin nutzt das Mikroskop als Zeitmaschine und sammelt eine Vielzahl kleiner evolutionärer Wunder von den Pflanzen, über die Tiere, bis hin zu den Ritualen des Menschen. Verführung ist der Motor allen Lebens, und sie bedient sich schöner Verkleidungen, intensiver Gerüche und lustiger Laute, um das Objekt der Begierde herumzukriegen. Und sie nimmt oft eigenwillige Umwege: ob nun bei den raffinierten Täuschungsmanövern der Orchideen oder dem lockenden Vogelgesang, der auch erklingt, wenn niemand da ist, ihn zu hören. Neben vielen biologischen Fakten erzählt Claude Gudin jede Menge bizarrer, grausamer, berührender und amüsanter Anekdoten aus Pflanzen, Tier- und Menschenreich.
Autorenporträt
Claude Gudin ist Gärtner und Pflanzenbiologe. Er hat zu Biotechnologie geforscht, zu verschiedenen naturwissenschaftlichen Themen publiziert und außerdem Gedichte und Lieder veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2020

Wenn das Zebra Polka tanzt

Trägt ein naturkundliches Buch über Sinneswahrnehmungen, Reproduktionsstrategien und Balzrituale das Wort "Verführung" im Titel, ist Vorsicht geboten. Zu frisch sind die Erinnerungen an Fehlschlüsse à la Sielmann und Grzimek, bei denen Tiere ein "Liebesleben" führten. Der Biologe Claude Gudin weiß genau, wo Wissenschaft zugunsten von Manierismus endet, und doch lässt er sich in seiner Monographie von der eigenen Begeisterung für das verspielte Wort überwältigen: "Wenn das Zebra in seinem gestreiften Pyjama herumhüpft, die Oberlippe geschürzt, dann tanzt es gerade eine Polka für ein empfängliches Weibchen."

Metaphorische Begründungen und Suggestivfragen, Fachvokabular aus der Biochemie und quasipoetische Töne, Gudin pflegt eine Rhetorik der Entgrenzung und macht auch inhaltlich einen großen Bogen um Feinheiten jeder Art: "Welchen Unterschied gibt es zwischen der Handtasche aus Krokodilleder, die man als Geschenk darbietet, und der in Seide eingewickelten Fliege, die die Spinne von Monsieur geschenkt bekommt?" Da gibt es einen großen Unterschied. Zudem sei die Frage gestattet, ob es, Humor hin oder her, der Glaubwürdigkeit des Essays zuträglich ist, das Männchen als "Monsieur" zu bezeichnen.

Der systematische Aufbau der Abhandlung und die behandelten Beispiele vom Beginn des Lebens auf der Erde bis zu den Raffinessen der Kochkunst geraten bei so viel argumentativem Leichtsinn schnell aus dem Blick. Dafür werden sich Ornithologen über die Behauptung wundern, es gebe achttausendfünfhundert Vogelarten. Tatsächlich sind es mindestens zehn-, neuesten Analysen zufolge eher elftausend. Ebenso irritierend ist es, wenn Gudin über den Beginn der Geschlechtsreife im Tierreich philosophiert, um dann zu vermerken, "der Vogel" sei bereits nach zwölf Monaten fruchtbar. Welcher nur? Die Nachtigall? Das Auerhuhn? Der Seeadler? Dass etwa ein Laysanalbatros erst mit sieben bis zehn Jahren fortpflanzungsfähig ist - geschenkt. Einmal heißt es: "Die Verführung kennt weder Logik noch Grenzen." Mit diesem Buch verhält es sich genauso.

span.

Claude Gudin: "Kleine Naturgeschichte der Verführung".

Aus dem Französischen von Elisabeth Heyne. Wagenbach Verlag, Berlin 2020. 175 S., br., 14,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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