Vor dieser Perspektive dürfte auch der Einwand verschwinden, es ginge ja dann nicht mehr um Geschichte, sondern um Philosophie. Bei allem "Geschehen" eben geht es um etwas, was im Werden ist ; in der "Geschichte" der Philosophie ist die Philosophie im Werden. Im Rückschauen stellt sich Geschichte stets als das Werden eines Gewordenen dar. Sofern aber der Historiker selbst mitten im Werdegange steht, muß er ebenso wie jeder Systematiker davon ausgehen, daß hierdurch die natürliche Richtung philosophischen Denkens vorgezeichnet ist. Es darf sich also auch für ihn um nichts anderes handeln als um die Philosophie - um nichts als um die werdende Einsicht, keineswegs aber um Wucherungen der Phantasie, die den Namen der Philosophie nicht verdienen. Blickt man von hier aus zurück, so zeigt diese Geschichtsidee nunmehr ein merkwürdig einfaches Gesicht - gleich als wären die Schwierigkeiten, durch die sie sich den Weg bahnen mußte, gar nicht die ihrigen. Sie scheinen von ihr abzufallen und einen Weg freizugeben, der sich im Gegensatz zu all jenen Umwegen als der gerade erweist. Was ist das Geheimnis dieser Einfachheit? Es ist kein anderes als das der sachgerechten Methode. [Auszug aus: Der philosophische Gedanke und seine Geschichte]