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"Eine Entdeckung! (...) Sein schlägt Schein. Klasse!" -- Stern
David F. Wallace ist die auffälligste Stimme der jungen amerikanischen Literatur. Seine risikofreudigen Storys um Talkshows, komische Haare und alternde Kinderstars sind aufregend genug und drehen sich mit dem Karussel des Medienzirkus. Gepaart mit seinem kreativen Sprachgebrauch, seinem Hang zum Grotesken und einer scharfen Beobachtungsgabe sind sie Garanten für eine einzigartige Lektüre.

Produktbeschreibung
"Eine Entdeckung! (...) Sein schlägt Schein. Klasse!" -- Stern
David F. Wallace ist die auffälligste Stimme der jungen amerikanischen Literatur. Seine risikofreudigen Storys um Talkshows, komische Haare und alternde Kinderstars sind aufregend genug und drehen sich mit dem Karussel des Medienzirkus. Gepaart mit seinem kreativen Sprachgebrauch, seinem Hang zum Grotesken und einer scharfen Beobachtungsgabe sind sie Garanten für eine einzigartige Lektüre.
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Autorenporträt
David Foster Wallace wurde 1962 geboren. Er studierte Englisch, Philosophie und Mathematik, begann eine Karriere als Tennisprofi, machte sich aber schließlich einen Namen als einer der einflussreichsten und zugleich innovativsten Autoren seiner Generation. Zuletzt unterrichtete Foster Wallace Creative Writing am Pomona College in Claremont, Kalifornien. Seit langem unter Depressionen leidend, wurde David Foster Wallace am 12. September 2008 in seinem Haus in Kalifornien tot aufgefunden.

Marcus Ingendaay, 1958 geboren, studierte Anglistik und Germanistik in Köln und Cambridge. Nach Stationen als Reporter und Werbetexter arbeitet er seit vielen Jahren als freier Übersetzer. Für seine Übersetzungen von Werken u. a. von William Gaddis und David Foster Wallace wurde er mehrfach ausgezeichnet. «Die Taxifahrerin» ist sein erster Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2001

Die Quizfrage des Seins
David F. Wallace kürt die Kandidaten · Von Richard Kämmerlings

In seinem Essay "Das Nullmedium oder Warum alle Klagen über das Fernsehen gegenstandslos sind" machte sich Hans Magnus Enzensberger schon 1988 über eine ideologiekritische Medientheorie lustig, die kurz zuvor mit der Einführung des Privatfernsehens zu neuer Blüte gelangt war. Fast zur gleichen Zeit, als der einstige Kritiker der "Bewußtseinsindustrie" im Fernseher die "buddhistische Maschine" entdeckte, erschien in den Vereinigten Staaten der Erzählungsband "Girl with Curious Hair" von David Foster Wallace, der sich wie eine direkte Replik lesen läßt. Denn das fiktionale Universum des 1962 geborenen Wallace fällt mit dem gekrümmten Kosmos der Medien zusammen: Es kennt wie dieser keine Grenze und läuft doch immer wieder nur endlos in sich selbst zurück.

"Palindrome, musikalische Astrologie, Achtzehntes Jahrhundert, Berühmte Eduarde, Die Bibel, Geschichte der Mode, Gemütszustände, Sportarten ohne Ball" lauten die Wissensgebiete von Folge 46 der TV-Rateshow "Jeopardy!", die zum Wendepunkt der bis dahin mäßig erfolgreichen Sendung werden wird. Julie Smith, eine im Auftreten unsichere, verschüchterte junge Frau, kann jede Frage beantworten und wird mit einem Schlag zur landesweiten Berühmtheit. Sie wird auch in den folgenden siebenhundert Sendungen ihren verzweifelnden Herausforderern keine Chance lassen und damit die Einschaltquoten in traumhafte Höhen treiben.

"Tiere sehen dich an", die erste Geschichte des Bandes, ist ein wunderbares Beispiel für die Virtuosität, mit der Wallace aus einem trivialen Stoff erzählerische Funken schlägt. Das Sittenbild der Showbranche mit alkoholabhängigen Producern, sexistischen Moderatoren und intriganten Strippenziehern ist nur der Hintergrund für ein ganz anderes mediales Format: die Soap-opera. Die Fähigkeiten der mysteriösen Ratequeen Julie sind nämlich nur die Kehrseite einer traumatischen Kindheit, in der das Mädchen jahrelang mit ihrem autistischen Bruder weggesperrt wurde, um die Liebhaber ihrer alleinerziehenden Mutter nicht zu stören. Ihre Zeit vertrieben sich die Kinder mit der exzessiven Lektüre einer "obskuren, limitierten kanadischen Enzyklopädie", des "LaPlace's Guide to Total Data", aus dem Julie ihr außergewöhnliches Wissen bezieht. Die verkorkste Biographie, die Julie buchstäblich zu einem wandelnden Lexikon werden ließ, ist selber ein Stoff, aus dem die Albträume der Talkmaster sind.

Wallace spielt in fast allen Geschichten mit dem auffälligen Interesse des Fernsehens für Listen, Hitparaden, Akkumulationen von Daten aller Art, die an die Stelle von sinnvoll zusammengebundenen Erklärungen treten. Für jede Frage gibt es mehrere Antwortmöglichkeiten, für jede Handlung viele einleuchtende Motive. Doch anders als in der Quizshow erklingt kein Jingle, der dem Leser einen Wink gibt. "Was Julie nicht leiden kann: Grußpostkarten, Adoptiveltern, die ihre Liebesfähigkeit vorher nicht oder nur unrealistisch einschätzen, den Gestank von Schwefel, John Updike, Insekten mit Fühlern sowie überhaupt Tiere." Das Erscheinen des Großmeisters des amerikanischen Romans, der einer ganzen Generation die Verlaufsformen ihrer Beziehungsdramen durchdeklinierte, ist in dieser Reihe nicht zufällig. Gegen herkömmliche Formen des Realismus läuft Wallace erzählerisch Amok, indem er die Psychologie seiner Figuren durch einen schieren analytischen Exzeß aushebelt.

In der einleitenden, durchaus psychologisch präzise zu verstehenden "Urszene" der Erzählung wird Julie mit ihrem Bruder am Rande eines Highways, neben einer Kuhwiese ausgesetzt. Dies erklärt rückblickend sowohl die sexuelle Orientierung Julies, die in einer homosexuellen Beziehung zur Rechercheurin der Produktion lebt, als auch ihre einzige Achillesferse, eine ungewöhnliche Schwäche bei Tierfragen: Männer und Tiere haben seit jenem Tag für sie den gleichen leeren Blick, der sich wiederum im maskenhaften Angesicht des voyeuristischen Publikums und des gierigen Kameraauges verdoppelt. Die Übermotivation ist eine Falle für den Leser, der im Fernsehen wie in der Literatur auf die eingefahrene Spur lückenloser Kausalität gesetzt worden ist. In der Titelstory wird die sexuelle Perversion eines zynischen Yuppies, der mit einer Punkergang durch L.A. zieht und Befriedigung nur aus dem Anbrennen von Körperteilen gewinnt, mit einer Mißhandlung durch den Vater "erklärt". Diese Technik, nichts im unklaren zu belassen und gerade dadurch auf einer höheren Ebene zu verrätseln, teilt Wallace mit den Märchenplots von David Lynchs Filmen, denen er vor einigen Jahren einen ausführlichen Essay gewidmet hat.

Die Gesetze des Fernsehens braucht man nicht zu ironisieren, es genügt ihre Übererfüllung. In der Geschichte "Mein Auftritt", in der Edilyn, einer Schauspielerin, die Teilnahme an der "David-Letterman-Show" zum Psychotrip wird, windet sich das Mediengeschäft selbst in den Elfenbeinturmgängen der Selbstreflexion. So wie es längst keine Geheimnisse mehr hinter den Kulissen gibt, die noch entdeckt werden müßten, besteht die Welt insgesamt aus reiner Oberfläche. Letterman trägt vor der Kamera einen Zettel auf der Stirn, auf dem "Make up" steht. Bei ihm sei "alles nur Fake, aber das ist eben der entscheidende Punkt", sagt Rudy, Edilyns übervorsichtiger Mann, der eine Einladung zum Schafott wittert und daher für jede Eventualität des Gesprächsverlaufs gewappnet sein will: "Also nie laut lachen, setz dein Pokerface auf, tu so, als wär dir schon seit ewigen Zeiten klar, was für ein absurder Firlefanz das alles ist, lauter Klischees, Hype und Banalitäten - und eben deshalb ein Riesenspaß." Aber auch Täuschungen und Rollenspiele sind Realität und der von den Medien induzierte Gleichstrom der Schicksale und Stories kann entweder ein prickelndes Kitzeln der Neugier oder einen kräftigen Elektroschock beschädigter Selbstachtung auslösen. Der großartig parodierte Letterman scheitert an einer ebenbürtigen Partnerin, die die Rolle einer sich selbst zur Würstchenwerbung erniedrigenden Schauspielerexistenz so überzeugend spielt, daß keine Angriffsflächen bleiben. Edilyn gibt öffentlich eine Frau, die keine Illusionen mehr hat, um ihnen dann freilich privat dennoch auf den Leim zu gehen. Wer die verbotene Frage nach dem Sein stellt, fällt dem Schein zum Opfer. In einem programmatischen Essay über "Television and U.S. Fiction" hatte Wallace 1990 dargelegt, wie das "Nullmedium" dem Romanschriftsteller zur Muse werden kann. Daß man Vertrauen ins Fernsehen haben könne, klingt ungeheuerlich in einem Literaturbetrieb, der sich vor allem durch Distanz zu den Massenmedien definiert und in dem ein Walter Kempowski noch unlängst glaubte, durch reine Transkription das Kulturgefälle zwischen Joyce und Jauch abbilden zu können. Analog zu Enzensberger oder auch Norbert Niemann in seinem Roman "Wie man's nimmt" hält Wallace die Entlarvung der manipulatorischen Macht der Medien durch einen spionierenden Beobachter für abwegig; umgekehrt sei das Fernsehen unser aller Inneres geworden. Das Anschauen gerade der populärsten Sendungen bietet daher einen Blick in das Fenster der Seele.

Nicht jede der fünf in diesem Band versammelten Geschichten, die in Umfang und leitmotivischer Konzentration ans Novellistische heranreichen, ist von dieser hellsichtigen Qualität. Die Schockeffekte in "John Billy" folgen eher der Ästhetik des Splatterfilms und können auch im furiosen Sound der monologischen Suada nicht ganz das Selbstzweckhaft-Provozierende vermeiden. Auch die letzte Geschichte, eine biographische Phantasie über Lyndon B. Johnson aus der Sicht eines Privatsekretärs, erzeugt in ihrer zu schematischen Konfrontation fiktiver Details des präsidentialen Intimlebens mit seiner öffentlichen Persona jenen Eindruck von Eindimensionalität, den das Wörtlichnehmen der medialen Phantasmen aufbrechen soll. Dennoch sind auch diese schwächeren Stücke dieses Erzähldebüts lesenswert, das nun unter dem Titel "Kleines Mädchen mit komischen Haaren" von dem durch die harte Gaddis-Schule gegangenen Marcus Ingendaay ins Deutsche übersetzt und von Denis Scheck mit einem lesenswerten Nachwort versehen worden ist.

Diese Entdeckung erfolgt spät, aber nicht zu spät. Spät, weil David Foster Wallace spätestens nach dem Roman "Infinite Jest", seinem Opus magnum, als einer der bedeutendsten amerikanischen Autoren der jüngeren Generation gilt, hierzulande aber, trotz der großen Erfolge von Geistesverwandten wie DeLillo, Pynchon oder Gaddis, noch vollkommen unbekannt ist. Nicht zu spät, weil seine Stories nichts an ätzender Schärfe und intelligenter Komik verloren haben. Vielleicht hätten sie gar in der Ära vor Harald Schmidt oder Stefan Raab hierzulande nur für entsetzt-arrogantes Kopfschütteln über die Abgründe der amerikanischen Unterhaltungsindustrie gesorgt. Die Paradoxien einer ganz um den Fetisch Prominenz kreisenden Branche, die zugleich ihre eigenen Bedingungen genüßlich bloßstellt und alle kritischen Hiebe austänzelt, sind hinlänglich beschrieben. Doch indem Wallace das Augenzwinkern des Moderators auf eine romantische Ironie der Selbstaufhebung zurückblendet und zur Grundbedingung moderner Existenz erklärt, gesteht er dem Leser keinen Standpunkt außerhalb der medialen Arena zu. Diese Literatur, von so quasselnder Sinnlichkeit und intellektuellem Raffinement zugleich, stellt unermüdlich Fragen. Wir alle sind ihre Kandidaten.

David Foster Wallace: "Kleines Mädchen mit komischen Haaren". Stories. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Marcus Ingendaay. Hrsg. und mit einem Nachwort von Denis Scheck. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001. 256 S., geb., 38,- DM.

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Diese Entdeckung erfolgt spät, aber nicht zu spät. Nicht zu spät, weil seine Storys nichts an ätzender Schärfe und intelligenter Komik verloren haben. FAZ

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Vater Literaturprofessor, Mutter Englischlehrerin, als Kind Auftritte im Werbefernsehen und als Jugendlicher auf der westamerikanischen Tennisrangliste platziert: Die Biografie von David Forster Wallace hört sich so an, als sei er für seinen Job gecastet worden, findet Tobias Rapp: Heute schreibt Wallace, neben seiner Tätigkeit als Dozent an einer Universität in Illinois, Bücher zum Thema, was es heißt, Mensch zu sein, weiß der Rezensent. "Kleines Mädchen mit komischen Haaren" lautet der Titel seines neuesten Erzählbandes. Wallace, erklärt Trapp, wählt die Medienindustrie als Rahmen, um menschliche Konflikte zu beschreiben. In der Welt von Quizshows, alternden Schauspielerinnen und Yuppie-Anwälten richtet Wallace den Blick auf die Subjektivitäten in der Medienwelt und fügt so den zweidimensionalen Fernsehbildern eine dritte Dimension zu, informiert der Rezensent, ohne zu verraten, was er von den literarischen Ergebnissen hält.

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