"- Und was interessiert dich, Heinrich? Nur die Kunst, nur die Bekanntschaften?
- Nein, die gerade nicht. Die Hälfte der Dresdner Adressen ... habe ich verbrannt. Bekanntschaften machen das Leben noch verwickelter, als es schon ist."
In der Sache hält sich die lebendig teilnehmende Kleist-Biographie der italienischen Autorin, Übersetzerin und Germanistin Anna Maria Carpi streng an die Quellen - in der Darstellung aber nimmt sie sich Freiheiten. Sie imaginiert Begegnungen, Unterhaltungen, Einsamkeitsszenen und erteilt dem Dichter das Wort, der postum, wie von heute aus, zu uns spricht.
Damit bringt sie uns Heinrich von Kleist (1777-1811) nahe, diesen Mann, der von frühauf sein Lebensglück einem streng rationalen Plan anvertrauen wollte, jedoch kaum jemals wußte, wohin er den nächsten Schritt tun sollte. Weniger der unsicheren Zeiten wegen als aufgrund der Verwerfungen in seinem Inneren: Kleists Verzweiflung entsprang der Erkenntnis, daß es den Menschen nicht gegeben ist, einander wirklich zu verstehen. Alle seine Geschöpfe gehen an Mißverständnissen zugrunde.
Kleists Leiden erlebt der Leser hautnah mit. Bei jeder neu sich anbahnenden Katastrophe verspürt er den Wunsch, die Dinge zu wenden; ein vergeblicher Wunsch, wie er weiß, denn Kleists Ende bildet den Auftakt des Buches - und ein Chor von Stimmen, der kundtut, was die Welt zu diesem Freitod zu sagen wußte.
- Nein, die gerade nicht. Die Hälfte der Dresdner Adressen ... habe ich verbrannt. Bekanntschaften machen das Leben noch verwickelter, als es schon ist."
In der Sache hält sich die lebendig teilnehmende Kleist-Biographie der italienischen Autorin, Übersetzerin und Germanistin Anna Maria Carpi streng an die Quellen - in der Darstellung aber nimmt sie sich Freiheiten. Sie imaginiert Begegnungen, Unterhaltungen, Einsamkeitsszenen und erteilt dem Dichter das Wort, der postum, wie von heute aus, zu uns spricht.
Damit bringt sie uns Heinrich von Kleist (1777-1811) nahe, diesen Mann, der von frühauf sein Lebensglück einem streng rationalen Plan anvertrauen wollte, jedoch kaum jemals wußte, wohin er den nächsten Schritt tun sollte. Weniger der unsicheren Zeiten wegen als aufgrund der Verwerfungen in seinem Inneren: Kleists Verzweiflung entsprang der Erkenntnis, daß es den Menschen nicht gegeben ist, einander wirklich zu verstehen. Alle seine Geschöpfe gehen an Mißverständnissen zugrunde.
Kleists Leiden erlebt der Leser hautnah mit. Bei jeder neu sich anbahnenden Katastrophe verspürt er den Wunsch, die Dinge zu wenden; ein vergeblicher Wunsch, wie er weiß, denn Kleists Ende bildet den Auftakt des Buches - und ein Chor von Stimmen, der kundtut, was die Welt zu diesem Freitod zu sagen wußte.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Plötzlich tritt einem Kleist entgegen! Christian Schärf macht erst einmal einen respektvollen Schritt zurück. Kleists Leben und Wirken nach den von Helmut Sembdner erschlossenen Dokumenten als Romanbiografie zu erzählen, wie es Anna Maria Carpi macht, findet Schärf ganz schön mutig. Kann auch schief gehen, weiß er, und liest sich vorsichtig ran. Achtung, Ich-Perspektive in die Napoleonische Epoche, Romantik, Begegnung mit Wieland und den korsettierten Frauen der Zeit, mit Politik und natürlich mit Kleists Schriften, nein, Schreiben. Denn anders als sonst, ist es wohl weniger der analytische Aspekt, der ihn überzeugt, sondern die Nähe, gewagt, aber überraschend gelungen, versichert der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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