Produktdetails
  • Edition Tempus
  • Verlag: Sutton Verlag GmbH
  • Seitenzahl: 159
  • Abmessung: 235mm
  • Gewicht: 357g
  • ISBN-13: 9783897022294
  • ISBN-10: 389702229X
  • Artikelnr.: 24096947
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2001

Caesar, ich mag dich
Pat Southerns Kleopatra ist eine sehr verliebenswerte junge Dame

Nur wenige Frauengestalten der Antike haben Jahrhunderte hindurch eine so starke und vielfältige Resonanz gefunden wie Kleopatra VII. (69 bis 30 v. Chr.), die Geliebte Caesars und Antonius'. Die Reihe der historischen Biographien und Romane, die ihr gewidmet sind, reißt ebensowenig ab wie jene der großen Ausstellungen, die ihre Bildnisse vergegenwärtigen. Die Resultate der Unterwasserarchäologie im Hafen von Alexandria haben in gleicher Weise an sie erinnert wie die Veröffentlichung jenes Papyrus des Berliner Ägyptischen Museums aus dem Jahre 33 v. Chr., der von Kleopatra eigenhändig unterzeichnet war, oder der Versuch, den "Mythos" der Kleopatra im römischen Palazzo Ruspoli zu präsentieren.

Die moderne Renaissance der historischen Biographie rief auch die britische Chefbibliothekarin Pat Southern auf den Plan. Ihren Lebensbildern von Domitian und Antonius folgt nun ein kleiner, graphisch ansprechend gestalteter und durch zahlreiche Abbildungen und Kartenskizzen aufgelockerter Band über Kleopatra. Ob dessen Übersetzung ins Deutsche notwendig war, sei dahingestellt. Denn immerhin liegt hier seit einigen Jahren die kenntnisreiche Miniatur von Manfred Clauss vor. In ihr wurden nicht nur Papyri, Inschriften und andere Quellen ausgewertet, sondern Kleopatras Bild in die ägyptische Tradition und Geschichte integriert, schließlich selbst die kaum bekannte Rezeptionsgeschichte der Königin wenigstens skizziert - Elemente, die man bei Southern vermißt.

Gleichwohl gibt auch die Autorin eine lebendige Nachzeichnung der Ereignisgeschichte jener Jahrzehnte, als Ägypten wie Kleopatra in die Wirren der römischen Bürgerkriege verstrickt wurden. Allerdings droht dieser breite und komplizierte Rahmen gelegentlich das Porträt der Königin zu erdrücken. Die Verfasserin geht zu Recht davon aus, daß Kleopatras Bild schon in der Antike durch Anekdoten und Legenden überwuchert wurde und daß sie vor allem das Opfer eines der widerlichsten Propagandakriege des Altertums geworden ist.

Die stereotypen Vorwürfe der Promiskuität, der Machtgier und der Grausamkeit, kurzum die Dämonisierung, werden mit Nachdruck zurückgewiesen. Southern unterstreicht statt dessen die Intelligenz, die Bildung, die Sprachkompetenz und das politische Interesse der jungen Frau, die nach ihr eine "energische und selbstbewußte Herrscherin mit klaren Zielvorstellungen" war, eine Regentin, welche "die ägyptische Lebensart" förderte und die "großen Wert auf die Erhaltung kultisch-religiöser Praktiken" legte.

Das entscheidende Strukturprinzip der Biographie sind Kleopatras Beziehungen zu Caesar, Antonius und Oktavian. Im Falle Caesars werden dabei die doch wohl unbestreitbaren gefühlsmäßigen Bindungen erstaunlich rationalisiert. An Frau Southerns Vorstellung, "möglicherweise erarbeiteten sie", gemeint sind Caesar und Kleopatra, "ausführliche Verhaltensregeln, bevor sie sich in die Arme fielen", wird man sich nur schwer gewöhnen können. Dennoch: Kleopatra "mochte ihn, liebte ihn vielleicht gar". Da ist der vitale Antonius, den die Verfasserin weithin idealisiert, ein ganz anderer Kerl. Zur Begegnung der beiden in Tarsos merkt sie an: "Vermutlich verfiel er der Königin auf der Stelle." Andererseits wird Antonius' Verhalten gegenüber seinen römischen Frauen, zuerst Fulvia, dann Octavia, die Schwester Oktavians, offenkundig beschönigt, Kleopatras Reaktion auf diese Beziehung ziemlich widerspruchsvoll beurteilt. Überzeugender ist dagegen die Einschätzung der Rolle, die Kleopatra für Oktavian zu spielen hatte.

Sieht man von phantasievollen Ausschmückungen des Geschehens, einzelnen Fehlern und Versehen, den gelegentlich allzu langen Reflexionen und Raisonnements mit ihren vielen Vermutungen und Spekulationen ab, so bietet die Darstellung insgesamt doch eine anregende Lektüre für einen größeren Leserkreis. Die entscheidende Frage bleibt freilich, ob dieser Versuch der historischen Analyse intimster menschlicher Beziehungen angesichts des dafür völlig unzulänglichen Quellenbestandes überhaupt sinnvoll war. Der Rezensent gesteht, daß er in dieser Hinsicht das Urteil von Manfred Clauss bezüglich Kleopatras Neigungen teilt: "Spekulationen über ihre Gefühle zu Caesar und Antonius verbieten sich."

KARL CHRIST.

Pat Southern: "Kleopatra". Ein Lebensbild. Aus dem Englischen von Christof Köhler. Sutton Verlag, Erfurt 2000. 160 S., 33 Abb., br., 29,80 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Was wäre Kleopatra ohne ihren theatralischen Selbstmord, fragt Rezensent Hans-Albrecht Koch und preist zugleich die Fähigkeit des Autors, solche und andere Mythen um Kleopatra einerseits seriös und doch auch äußerst "unterhaltsam" zur erzählen. Eine regelrechte Kunst der "Entmythologisierung" zelebriere der Althistoriker Christoph Schäfer, und auch sonst zeichne sich seine Studie aus durch große Anschaulichkeit und erzählerische Qualitäten. Neben der eigentlichen Geschichte der Kleopatra sei der Geschichte des Kleopatra-Bildes ein zweiter und besonders "reizvoller" Teil des Buches gewidmet. Diese Kulturgeschichte reiche von Horaz' lakonischem Diktum: "Eine ungewöhnliche Frau!" bis zu zeitgenössischen Hollywoodfilmen.

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