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Risiken erkennen und richtig entscheiden in der digitalen Welt
Was genau zeichnen die smarten Geräte bei uns zu Hause auf? Gehört dem autonomen Fahren die Zukunft? Wo entscheiden Algorithmen besser als der Mensch, wo aber nicht? Und wie groß ist die Chance wirklich, beim Online-Dating den Partner fürs Leben zu finden? Der weltweit renommierte Psychologe und Risikoforscher Gerd Gigerenzer beschreibt anhand vieler konkreter Beispiele, wie wir die Chancen und Risiken der digitalen Welt für unser Leben richtig einschätzen und uns vor den Verlockungen sozialer Medien schützen können.

Produktbeschreibung
Risiken erkennen und richtig entscheiden in der digitalen Welt

Was genau zeichnen die smarten Geräte bei uns zu Hause auf? Gehört dem autonomen Fahren die Zukunft? Wo entscheiden Algorithmen besser als der Mensch, wo aber nicht? Und wie groß ist die Chance wirklich, beim Online-Dating den Partner fürs Leben zu finden? Der weltweit renommierte Psychologe und Risikoforscher Gerd Gigerenzer beschreibt anhand vieler konkreter Beispiele, wie wir die Chancen und Risiken der digitalen Welt für unser Leben richtig einschätzen und uns vor den Verlockungen sozialer Medien schützen können.
Autorenporträt
Gerd Gigerenzer ist ein weltweit renommierter Psychologe, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Direktor des Harding Zentrums für Risikokompetenz. Er hat zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten, u.a. den AAAS Preis für den besten Artikel in den Verhaltenswissenschaften, den Communicator-Preis und den Deutschen Psychologie-Preis. Seine populärwissenschaftlichen Bücher 'Das Einmaleins der Skepsis' (2002) und 'Bauchentscheidungen' (2007, ausgezeichnet sowohl als 'Wissenschaftsbuch des Jahres' wie als 'Wirtschaftsbuch des Jahres'), 'Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft' (2013) und 'Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen' (2021) fanden große Beachtung und sind internationale Bestseller. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gigerenzer als einen der 100 einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Alexander Armbruster sieht im Buch des Psychologen Gerd Gigerenzer mehr als einen einführenden Überblick in Statistik, KI und unseren Umgang mit der Technik. Sachlich, didaktisch überzeugend und weitgefasst vermittelt der Autor dem Leser laut Armbruster Funktionsweisen und Fehlerpotenziale der KI. Die Darlegung der Differenzen zwischen menschlicher und maschineller Leistungsfähigkeit im Buch findet der Rezensent jedoch nicht durchweg überzeugend. Hier traut der Autor der Maschine mitunter zu wenig zu, findet Armbruster. Wenn der Autor vor dem "Überwachungskapitalismus" warnt, horcht Armbruster auf, sieht aber unbedingt auch weiteren Diskussionsbedarf.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2021

Schlafwandeln in die Überwachung
Der Psychologe Gerd Gigerenzer über fatale Geschäftsmodelle im Netz, China als digitales
Vorbild – und das Problem, dass wir uns vor den falschen Dingen fürchten
INTERVIEW: ANDRIAN KREYE
Als ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und Leiter des Harding-Zentrums für Risikokompetenz an der Universität Potsdam beschäftigt sich Gerd Gigerenzer wissenschaftlich mit Gefahren, als Psychologe damit, wie und warum Menschen Entscheidungen fällen. In seinem neuen Buch „Klick – Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen“ beschreibt er nicht nur den Stand des digitalen Fortschritts, sondern zeigt auch Methoden, wie man vernünftig damit umgeht.
SZ: Herr Gigerenzer, haben wir uns als Menschen durch die digitalen Technologien schon verändert?
Gerd Gigerenzer: Auf alle Fälle. Wir sind in Echtzeit so vernetzt wie noch nie zuvor. Die meisten Kinder, die heute geboren werden, werden wahrscheinlich keine privaten Augenblicke in ihrem Leben mehr erfahren, in denen sie nicht beobachtet und analysiert werden. Die Psyche des Menschen hat sich immer an neue Technologien angepasst, und jetzt haben wir es mit einschneidenden Veränderungen zu tun.
Bleiben die?
Bisher ist es noch eine kulturelle Evolution. Die vollzieht sich viel schneller als genetische Veränderungen, kann also auch schneller rückgängig gemacht werden.
Gibt es Beispiele für solche kulturellen Evolutionen?
Sicher, die Erfindung der Druckerpresse war so ein Fall. Auch damals gab es das Phänomen der Fake News.
Was wurde denn damals verbreitet?
Das waren etwa Flugblätter, die Bilder von angeblichen Monstern wie das „Mönchkalb“ oder dem „Papstesel“ zeigten, und die von Luther und Zeitgenossen als Zeichen für Gottes Zorn auf die monströse Korruption im römischen Papsttum verbreitet wurden. Jede Revolution in der Kommunikationstechnologie, von Gutenberg bis zum Internet, hat eine Flut von Fake News ermöglicht.
Warum können wir mit digitalen Technologien so schlecht umgehen?
Es geht nicht nur um neue Technologien, sondern um das deren Geschäftsmodelle. Die digitalen Konzerne beschäftigen Heerscharen von Ingenieuren und Psychologen, um unsere Aufmerksamkeit zu binden und sie in Richtungen zu lenken, die den Werbekunden nutzen. Das war ursprünglich nicht so geplant. Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin haben noch 1998 werbefinanzierte Suchmaschinen scharf kritisiert, weil diese den Interessen der Werbekunden dienen und den Nutzern nicht die besten Suchergebnisse liefern. Sie schrieben damals, dass eine Suchmaschine wissenschaftlich ausgerichtet und transparent sein müsse.
Und dann?
Kam die Dotcom-Krise von 2000 und ihre Geldgeber setzten sie unter Druck. Page und Brin machten eine Kehrtwende und entwickelten ein werbefinanziertes Geschäftsmodell, in dem die Nutzer nicht mehr die Kunden sind, sondern die Firmen, die die Werbung bezahlen.
Was kann man als Nutzer tun?
Etwa 50 Prozent der Erwachsenen sind sich immer noch nicht im Klaren, dass die ersten Suchergebnisse nicht jene sind, die die relevantesten sind, sondern die, die den Werbekunden dienen. Nutzer sollten auch lernen, zu erkennen, welche Webseiten seriös sind. Das kann man vor allem durch laterales Lesen: Um zu erfahren, welche Interessen hinter einer Seite stehen, sollten Sie diese verlassen, bevor Sie alles gelesen haben, und auf andere Seiten gehen, um herauszufinden, wer mit welchem Interesse dahintersteckt.
Aber das tun doch die wenigsten.
Aber gerade das Internet macht dieses laterale Lesen ja so einfach, weil man schnell andere Seiten aufrufen kann. Dennoch hat vielen Digital Natives offenbar niemand erklärt, dass man Webseiten nicht wie eine Zeitung liest, also von oben nach unten.
Ist der Einzelne nicht machtlos gegen die Heerscharen von Ingenieuren und Psychologen, die die Konzerne aufbieten?
Würden Sie mit Geld statt mit Ihren Daten bezahlen, wären Sie der Kunde und hätten damit diese Macht. Für Netflix, TV und Radio bezahlen wir ja auch. Facebook macht 97 Prozent des Umsatzes durch Werbung. Würde jeder Nutzer nur zwei Euro monatlich zahlen, könnte Mark Zuckerberg genauso viel Umsatz machen wie derzeit mit personalisierter Werbung. Dann müssten Facebook, Instagram und die vielen anderen Apps auch nicht mehr versuchen, herauszufinden, ob Sie depressiv, schwanger oder krank sind, um Ihnen personalisierte Werbung im richtigen Moment zu schalten. Der ganze Überwachungskapitalismus wäre nicht mehr notwendig.
Es sieht aber nicht so aus, änderten die Digitalkonzerne ihre Geschäftsmodelle.
Deswegen brauchen wir Regierungen, die handeln. In Europa, in Deutschland. Die diesen Konzernen nicht einfach nur ein paar Milliardenstrafen aufbrummen. Nein, man muss an die Wurzel gehen, und das Geschäftsmodell „Zahl mit deinen Daten“ durch „Zahl mit deinem Geld“ ersetzen. Nur dann wird sich etwas verändern.
Wie stark soll denn der Staat eingreifen?
Bisher lassen es unsere Regierungen zu, dass Webseiten uns Geschäftsbedingungen vorgeben, die so lang und unverständlich geschrieben sind, dass wir keine Wahl haben, als per Klick uninformiert einzuwilligen. Denn um diese zu lesen, bräuchte man etwa 30 Arbeitstage im Jahr. Als ich Mitglied des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen war, haben wir die Einführung eines „One-Pager“ vorgeschlagen: Die Geschäftsbedingungen müssen auf einer Seite mit maximal 500 Worten klar und verständlich formuliert werden. Das ist nicht passiert. Es ist auch erstaunlich, dass die Überwachung durch Tech-Konzerne oder die erzwungene uninformierte Einwilligung kein Thema im Wahlkampf ist. Unsere Parteien führen uns schlafwandelnd in die Überwachung.
Sehen Sie unsere Demokratie in Gefahr?
Sie ist in Gefahr durch autokratische Systeme, die mit Hilfe von digitaler Technik schneller und effektiver als wir handeln. Nehmen Sie das Sozialkredit-System in China. Wie bei der Schufa hat jeder Bürger einen Wert, nur erfasst dieser nicht nur die Kreditwürdigkeit, sondern alles, was Sie tun, sozial, politisch. Wenn Sie zu viele Videospiele spielen oder sich Webseiten über den Dalai Lama oder das Massaker vom Tian’anmen-Platz ansehen, bekommen Sie Punkte abgezogen. Besuchen Sie Ihre alte Großmutter oder helfen Sie in einer Suppenküche, geht Ihr Wert nach oben. Personen mit hohem Punktwert erhalten Privilegien, jene mit niedrigem Wert müssen mit Reisebeschränkungen leben und werden nicht befördert, oder ihre Kinder dürfen nicht auf die besten Schulen gehen. Für viele Europäer ist das natürlich ein Grauen. Die meisten Chinesen finden das System dagegen gerecht, und wenn ich mit Freunden in China spreche, dann erzählen die, dass die Menschen wirklich höflicher, weniger egoistisch und weniger korrupt geworden sind. Ja, selbst der Umweltschutz funktioniert besser.
Aber China ist eine Parteiendiktatur.
Bisher. Aber China hat nun angefangen, diese Technologie zu exportieren. In Thailand und Venezuela wird sie schon eingesetzt. Und wer sagt, dass Länder in Europa, die autokratische Tendenzen haben, die Software und Hardware nicht auch kaufen? Und was ist, wenn mit dieser Technologie auch Werte gefördert werden, die die unseren sind? Wenn sich eben Umweltschutzmaßnahmen sehr viel schneller und effektiver umsetzen lassen? Was ist, wenn rings um uns plötzlich alles sehr viel besser und schneller funktioniert als in unserer langsamen Demokratie?
Aber gibt es diese sozialen Bewertungssysteme nicht schon längst auch bei uns? Als herauskam, dass Cambridge Analytica die Daten von Wählern verkauft, damit Parteien sie beeinflussen können, gab es für jede Person rund fünftausend Datenpunkte, die ja auch bewertet wurden.
Richtig. Auch wir werden kommerziell und staatlich überwacht. In China wird das nur sehr viel offener gemacht.
Wobei der Tec-Clash der letzten drei, vier Jahre gezeigt hat, dass sich die Nutzer im Westen auch dagegen wehren.
Noch. Wir haben 2018 eine repräsentative Studie durchgeführt, die ergab, dass zehn Prozent aller Deutschen einem Sozialkredit-System zustimmen würden. 2019 waren es schon 20 Prozent.
Und 2020?
Pause wegen Corona.
Dann ist Ihrer Ansicht nach eine gesetzliche Regelung der digitalen Geschäftsmodelle die einzige Lösung?
Wahrscheinlich, ja. Denn freiwillig wollen die Nutzer derzeit nicht für ihre Privatsphäre bezahlen. Das ist das sogenannte Privatsphären-Paradox. Die meisten Deutschen machen sich Sorgen um ihre Privatsphäre und ihre Daten. Eine repräsentative Studie von uns hat ergeben, dass dennoch 75 Prozent der Deutschen nicht einmal einen Euro dafür ausgeben würden, wenn sie ihre Daten nicht hergeben müssten. Obwohl sich die Leute in Deutschland stärker als in anderen europäischen Ländern bewusst sind, dass private Dienstleister ihre privaten Daten sammeln und auswerten. Wenn man nicht bereit ist, für seine Privatsphäre ein paar Euro im Monat zu bezahlen, dann willigt man freiwillig in ein digitales Überwachungssystem ein, das man in anderen Ländern wie China verteufelt.
Nun hat China gerade ein recht strenges Gesetz erlassen, das reguliert, wie viel und wann Kinder Computerspiele spielen dürfen. Nämlich nur am Wochenende und auch dann nicht mehr als drei Stunden. Und nie nach 20 Uhr. Ist man da in China da vielleicht auf einer richtigen Spur? Wenn sie die Nutzer schützen, die im Netz den größten Schutz brauchen?
Viele Chinesen finden dieses Gesetz richtig, genau wie die harten Beschränkungen bei Covid-19, die sie – im Gegensatz zu unserem Umgang mit dem Virus oder auch unseren Problemen mit Verschwörungstheorien – als Erfolg ansehen. Ich denke, dass eine Demokratie nur funktioniert, wenn ein großer Teil der Bürger und Politiker risikokompetent ist, mitdenkt und den Mut hat, Verantwortung zu übernehmen. Sonst werden uns autokratische Systeme bald voraus sein.
Andererseits sollen Kinder aber auf ein digitales Leben vorbereitet werden.
Ja, das erreicht man aber nicht allein dadurch, dass man Schulen Geld gibt, um Tablets zu kaufen. Man muss mehr investieren, um Kinder und Lehrer digital risikokompetent zu machen. Smarte Technologie braucht smarte Menschen.
Und wie wehren wir uns gegen den Sog der digitalen Welt?
Wenn Sie sich nicht konzentrieren können, dann sollten Sie ihr Telefon nicht nur abschalten, sondern es in einen anderen Raum legen. Und beim Autofahren in den Kofferraum. Studien zeigen, dass uns ein Handy selbst dann ablenkt und unsere Leistung mindert, wenn es in ausgeschaltetem Zustand neben uns liegt. Wir fürchten uns oft vor den Dingen, die uns höchstwahrscheinlich nicht umbringen.
Was meinen Sie damit?
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 fürchten sich viele Menschen in Deutschland vor einem terroristischen Anschlag, in den Jahren vor Corona war das oft sogar die größte Angst überhaupt. In den letzten zehn Jahren sind jedoch im Schnitt nur drei Menschen pro Jahr durch Terrorismus umgekommen. Egal ob islamistisch oder rechtradikal. Aber gleichzeitig starben über 300 Menschen jährlich, weil jemand am Steuer abgelenkt war, etwa durch das Handy.
Wie nutzen Sie denn persönlich die digitalen Medien?
Wenn ich mich konzentrieren muss, lege ich das Handy in ein anderes Zimmer. Vor allem, wenn ich ein Buch oder eine wissenschaftliche Arbeit schreibe. Meine Doktoranden tun das oft nicht, und ich glaube, ich erkenne sehr genau, an welchen Stellen im Text sie unterbrochen wurden.
Wären Sie denn bereit, ohne digitale Technologien zu leben?
Nein, ich kann mir nicht vorstellen, wieder in eine rein analoge Welt zurückzukehren. Es ist schon großartig, was einem alles zur Verfügung steht, wie schnell man an Wissen kommt.
Ursprünglich war die digitale Welt ja auch eine Utopie.
Das Internet verkörperte anfangs den Traum, dass alle Menschen ungehinderten Zugang zu Wissen erhalten, frei von Zensur, Fake News und Profit. Das ist nur teilweise gelungen, etwa bei Wikipedia oder AlgorithmWatch. Wir sollten das Internet gegen die auf Überwachung und personalisierter Werbung beruhenden Geschäftsmodelle verteidigen. Und die digitale Welt zu einer Welt machen, in der wir leben möchten. Mein Buch soll hier helfen, die Kontrolle zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
China überwacht und bewertet das
soziale Verhalten seiner Bürger
in einem Ausmaß, das Europäer
schockiert. Noch, sagt Forscher
Gigerenzer. Ohne strengere Regeln drohten auch in Deutschland
chinesische Zustände. Foto: Andy Wong/AP
Das Geschäftsmodel
„Zahl mit deinen
Daten“ müsse durch „Zahl mit deinem Geld“ ersetzt werden, sagt Gerd Gigerenzer.
Nur dann werde sich
etwas Grundsätzliches verändern.
Foto: Imago/Galuschka
Gerd Gigerenzer:
Klick – Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen. Aus dem Englischen
von Hainer Kober.
C. Bertelsmann Verlag, München, 2021.
416 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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