Produktdetails
- Verlag: Büchergilde Gutenberg
- ISBN-13: 9783763242658
- Artikelnr.: 26026022
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2008Erstarrte Welt
Das Bilderbuch „Klopf an” als Computer-Animation
Es ist ein tolles Buch für ganz kleine Kinder. Zu sehen ist ein rotes Haus mit einer blauen Tür. Klopf an! steht darauf, und mehr muss man beim Vorlesen auch fast nicht tun. Der zweijährige Nicolai klopft mit. Hinter jeder Tür in diesem Haus – es wechseln mit den Farben auch die Bewohner – steckt eine andere kleine Lebenswelt. Da ist der kleine Michel, der auf die Trommel haut. Er kippt um – bumm. Ein zweijähriger Junge braucht nicht mehr an Effekten, um Spaß mit einem Buch zu haben. Auch die Bilder von Anna-Clara Tidholm sind schön gestaltet, die Kaninchenfamilie, die am Tisch sitzt und Möhren und Blattsalat isst, die fünf kleinen Bären, die abends Zähne putzen oder schon schlafen. Im Hintergrund ist immer schon die nächste Tür zu sehen, die letzte ist wieder blau, durch sie verlässt man das Haus, die schöne Geschichte ist aus. Wunderbar auch zum Vorlesen am Abend.
Jetzt ist das Buch als DVD für Kinder ab 3 Jahren erschienen, mit dem Anspruch einer ersten Lernsoftware. Und verkürzt könnte man sagen: Wozu? Das Klopfen an der Tür kommt aus dem Lautsprecher, wenn man mit dem Mauszeiger auf die Tür tippt. Da sitzt dann der kleine Michel wieder, wie schon im Buch, hinter der blauen Tür und darf auf die Trommel hauen. Was bedeutet, dass die kleinen Michelarme ein paar Mal auf- und abwedeln. Das war’s dann. Klickt man den Ball an, hüpft er unmotiviert durchs Zimmer, um ausgerechnet wieder an seinem Ursprungsort zu landen. Das war wohl softwaretechnisch die einfachste Lösung. Und so geht das immer weiter. Klickt man das Bild an der Wand im Zimmer an, wechseln die Ansichten von Palmen in der Wüste zu Flugzeug zu Schiff, als wollte man die Kleinen an digitale Bilderrahmen gewöhnen. Der Erwachsene fragt sich: Was sollen kleine Kinder mit dieser Software lernen? Am ehesten noch, dass man den Mauszeiger über die Bildschirmfläche schieben kann. Aber da steigt Nicolai nach wenigen Sekunden schon aus, er hackt lieber auf der Tastatur rum. Und glauben die Macher ernsthaft, dass man kleinen Kinder die Waschmaschine erklären muss, indem man umständlich mit der Maus Wäschestücke in die Öffnung packt, bis sie automatisch die Klappe schließt und ein bisschen lustig schäumt. Das hat wohl jedes Kind schon mal im eigenen Bad live gesehen.
Die DVD hat wenig von dem, was das Buch so liebenswert macht. Trotz der simplen Progammierung macht einen fast jede Zusatzfunktion, die über das Buch hinausgeht, eher ein wenig deprimierter. Irgendwie sieht das traurig aus, wenn auf dem Bildschirm die sieben Kaninchen blöd erstarrt am Tisch sitzen müssen und erst zum Leben erwachen, wenn man sie anklickt.
In der aktuellen Diskussion, was denn für Kinder zum Lernen besser sei, das Buch oder ein elektronisches Medium, ist das Votum klar zu Gunsten des kleinen, liebenswerten Bandes mit den altmodisch dicken Seiten aus Pappe. Hier kann der zeichnerische Charme und die Klarheit der Geschichte viel besser wirken und die Lust am Erzählen fördern als die scheinbar auf Mehrwert getrimmte DVD. HUBERT FILSER
Klopf an! Frühes Fördern am PC. Terzio CD-ROM. (Windows XP). 7,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Das Bilderbuch „Klopf an” als Computer-Animation
Es ist ein tolles Buch für ganz kleine Kinder. Zu sehen ist ein rotes Haus mit einer blauen Tür. Klopf an! steht darauf, und mehr muss man beim Vorlesen auch fast nicht tun. Der zweijährige Nicolai klopft mit. Hinter jeder Tür in diesem Haus – es wechseln mit den Farben auch die Bewohner – steckt eine andere kleine Lebenswelt. Da ist der kleine Michel, der auf die Trommel haut. Er kippt um – bumm. Ein zweijähriger Junge braucht nicht mehr an Effekten, um Spaß mit einem Buch zu haben. Auch die Bilder von Anna-Clara Tidholm sind schön gestaltet, die Kaninchenfamilie, die am Tisch sitzt und Möhren und Blattsalat isst, die fünf kleinen Bären, die abends Zähne putzen oder schon schlafen. Im Hintergrund ist immer schon die nächste Tür zu sehen, die letzte ist wieder blau, durch sie verlässt man das Haus, die schöne Geschichte ist aus. Wunderbar auch zum Vorlesen am Abend.
Jetzt ist das Buch als DVD für Kinder ab 3 Jahren erschienen, mit dem Anspruch einer ersten Lernsoftware. Und verkürzt könnte man sagen: Wozu? Das Klopfen an der Tür kommt aus dem Lautsprecher, wenn man mit dem Mauszeiger auf die Tür tippt. Da sitzt dann der kleine Michel wieder, wie schon im Buch, hinter der blauen Tür und darf auf die Trommel hauen. Was bedeutet, dass die kleinen Michelarme ein paar Mal auf- und abwedeln. Das war’s dann. Klickt man den Ball an, hüpft er unmotiviert durchs Zimmer, um ausgerechnet wieder an seinem Ursprungsort zu landen. Das war wohl softwaretechnisch die einfachste Lösung. Und so geht das immer weiter. Klickt man das Bild an der Wand im Zimmer an, wechseln die Ansichten von Palmen in der Wüste zu Flugzeug zu Schiff, als wollte man die Kleinen an digitale Bilderrahmen gewöhnen. Der Erwachsene fragt sich: Was sollen kleine Kinder mit dieser Software lernen? Am ehesten noch, dass man den Mauszeiger über die Bildschirmfläche schieben kann. Aber da steigt Nicolai nach wenigen Sekunden schon aus, er hackt lieber auf der Tastatur rum. Und glauben die Macher ernsthaft, dass man kleinen Kinder die Waschmaschine erklären muss, indem man umständlich mit der Maus Wäschestücke in die Öffnung packt, bis sie automatisch die Klappe schließt und ein bisschen lustig schäumt. Das hat wohl jedes Kind schon mal im eigenen Bad live gesehen.
Die DVD hat wenig von dem, was das Buch so liebenswert macht. Trotz der simplen Progammierung macht einen fast jede Zusatzfunktion, die über das Buch hinausgeht, eher ein wenig deprimierter. Irgendwie sieht das traurig aus, wenn auf dem Bildschirm die sieben Kaninchen blöd erstarrt am Tisch sitzen müssen und erst zum Leben erwachen, wenn man sie anklickt.
In der aktuellen Diskussion, was denn für Kinder zum Lernen besser sei, das Buch oder ein elektronisches Medium, ist das Votum klar zu Gunsten des kleinen, liebenswerten Bandes mit den altmodisch dicken Seiten aus Pappe. Hier kann der zeichnerische Charme und die Klarheit der Geschichte viel besser wirken und die Lust am Erzählen fördern als die scheinbar auf Mehrwert getrimmte DVD. HUBERT FILSER
Klopf an! Frühes Fördern am PC. Terzio CD-ROM. (Windows XP). 7,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
"...eine Kette von aneinander gereihten Türen und Welten, die zum Entdecken einlädt und auch die Kleinsten mitnimmt in die Welt der Geschichten." Bremer Institut für Bilderbuch- und Erzählforschung, September 2014
"Kleine Kinder lieben das Buch und klopfen begeistert mit." Anna Pannen, Tagesspiegel Online, 16.05.2023
"Kleine Kinder lieben das Buch und klopfen begeistert mit." Anna Pannen, Tagesspiegel Online, 16.05.2023
"Es geht um die Farben, oder doch nicht? Wenn man für ein kleines Kind ein Farbenbuch macht, sollten dann nicht dem Regenbogen entsprechend alle Farben der Reihe nach vorgestellt werden? Hier ist es anders. Es geht um Farben, aber nicht nur. Es geht auch um ein Haus, um Türen, um einen Anfang und ein Ende, und es geht um ein Kind, das Türen öffnet. Wir sehen schnell das eigentliche Thema, das Öffnen, das Umblättern, das "hinter verschlossene Türen schauen" und entdecken, dass die Welt nicht mit der unmittelbaren Umgebung endet. Welch grandioser Gedanke für ein Kinderbuch für die ganz Kleinen! Oder welche Selbstverständlichkeit! Kindsein bedeutet, in jedem Augenblick etwas Neues zu entdecken, und genau das passiert hier auf jeder Seite. Hinter der blauen Tür ist der Michel - den lernen wir später mit Astrid Lindgren noch näher kennen. Hier haut er auf eine Trommel. Hinter der roten Tür finden wir die Kaninchen beim Abendessen. Die Affen hinter einer grünen Tür spielen Kissenschlacht. Und im letzten Zimmer hinter der weißen Tür schlafen schon drei Bärchen, während sich zwei noch die Zähne putzen. Und in diesem Zimmer gibt es wieder eine blaue Tür; durch die sind wir ins Haus gekommen, und durch sie können wir es nun wieder verlassen. Draußen scheint der Mond ... Also Ordnung, Reihenfolge, Kreis, so wie Kinder ihren Tagesablauf brauchen: klar strukturiert und übersichtlich. Je kleiner man ist, umso mehr Beruhigung geht davon aus, und umso besser kann man sich in seiner Welt zurechtfinden. Dieses Buch ist ein Spiegel dafür. (Rezension von Gabriele Hoffmann aus dem Libri-Fachkatalog Harry & Pooh 2008/2009)"