Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 9,00 €
  • Broschiertes Buch

Zum 900jährigen Jubiläum des Zisterzienserordens ist im brandenburgischen Museum Kloster Zinna die ständige Ausstellung gründlich überarbeitet worden. Das in diesem Zusammenhang entstandene Buch befasst sich jedoch nicht allein mit der zisterziensischen Geschichte des Ortes und der dort präsentierten Sammlung. Der Autor schlägt vielmehr einen weiten Bogen von den gesellschaftlichen und geistesgeschichtlichen Rahmenbedingungen der Ordensgründung über die Stationen seiner Filiationspolitik in Richtung Osten bis hin zur spezifischen Situation von Kloster Zinna im Spannungsfeld landesherrschaftlicher Interessen. …mehr

Produktbeschreibung
Zum 900jährigen Jubiläum des Zisterzienserordens ist im brandenburgischen Museum Kloster Zinna die ständige Ausstellung gründlich überarbeitet worden. Das in diesem Zusammenhang entstandene Buch befasst sich jedoch nicht allein mit der zisterziensischen Geschichte des Ortes und der dort präsentierten Sammlung. Der Autor schlägt vielmehr einen weiten Bogen von den gesellschaftlichen und geistesgeschichtlichen Rahmenbedingungen der Ordensgründung über die Stationen seiner Filiationspolitik in Richtung Osten bis hin zur spezifischen Situation von Kloster Zinna im Spannungsfeld landesherrschaftlicher Interessen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2001

Jeder Hof getroffen
Seit das Militär aus Jüterbog abgezogen ist, erfährt man vieles über die Garnison von einst

Ein Novize im Zisterzienserkloster Zinna bei Jüterbog wurde, so wird erzählt, eines Tages krank vor Liebe. Deshalb wollte er sterben. Da er zu arm war, um sich Gift kaufen zu können, ging er in den Wald und sammelte Kräuter. Aus denen bereitete er einen Sud und ließ ihn gären. Als der Sud grausam genug aussah und merkwürdig schmeckte, trank der Novize reichlich davon. Er beging auf diese Weise jedoch nicht Selbstmord, sondern betrank sich. Er hatte einen Kräuterlikör erfunden, der später den Namen "Zinnaer Klosterbruder" bekam. Noch in der DDR-Zeit wurde der Likör im nahen Luckenwalde abgefüllt. Heute gibt es ihn nur in Zinna selbst als ein Andenken an den Besuch auf dem ehemaligen Klostergelände und in der 1226 eingeweihten Klosterkirche, die als "schönster Granitquaderbau der Mark" gilt. Zinna ist aber auch sonst voller Merkwürdigkeiten. Der Marktplatz des 1680 preußisch gewordenen Ortes ist achteckig. Auf dem Platz steht ein Bronzedenkmal Friedrich des Großen, der hier einst Weber angesiedelt hatte. Friedrich sieht viel zu klein aus für den Sockel, auf dem er steht. Allerdings ist das schon die zweite Figur. Die erste wurde 1864 aufgestellt. 1941 fiel sie vom Sockel, als hätte sie die Nazis nicht ertragen wollen, wurde aber wieder aufgestellt. Die sowjetischen Soldaten hatten nichts gegen Friedrich. Sie ehrten ihn, indem sie beim Vorübergehen salutierten. Das hielt die deutschen Kommunisten nicht davon ab, bei erster Gelegenheit die Figur zu zerschlagen. Diese bot sich am 22. Juni 1949. Der heutige Friedrich, so klein er erscheint, ist doch in seiner Lebensgröße abgebildet: 1,58 Meter.

Die Russen bezogen nach Kriegsende all die ehemaligen Truppenübungsplätze und Kasernen rund um Zinna und Jüterbog, die schon die Reichswehr und die Wehrmacht genutzt hatten. Jüterbog war einst ein verträumtes sächsisches Grenzstädtchen. 1815 fiel es an Preußen. Seit 1864 gehörte Jüterbog dem Militär. Es waren die Rekruten, die den Namen Jüterbog auf ihre Weise lasen: "Jammerbock". 1890 kam die Artillerie-Schießschule in die Stadt. In Niedergörsdorf entstand der Zentralluftschiffhafen. In Jüterbog waren die Heeresfeuerwerkschule und die Heeresnachrichtenschule sowie unter den Nazis die Fliegertechnische Schule.

Freikorps übten hier und SS-Verbände. Die Aufrüstung war Jüterbog stets gut bekommen. Die fast fünfzig Jahre mit den Russen als Nachbarn waren jedoch furchtbar. Die Russen schotteten sich hinter hohen Bretterzäunen ab und nahmen kaum Rücksicht auf die Einheimischen. Scheinangriffe von Tieffliegern auf pflügende LPG-Bauern waren an der Tagesordnung. In der Ließener Straße in Stülpe, einem Ort am Rand des Schießplatzes Heidehof, gab es 1990 kein Gehöft mehr, das nicht einmal von Granaten getroffen worden wäre. In einer Januarnacht 1990 wurde die ebenfalls am Übungsplatz Heidehof gelegene Gemeinde Neuhof mit dem Schießplatz verwechselt und heftig beschossen. Als hätte dies nicht genügt, griffen die Russen drei Tage später noch einmal an. Ostern 1994 zogen die letzten Russen aus Jüterbog ab. Sie übergaben 20 000 Hektar verkommenes Gelände.

Einige Kasernen sind inzwischen als Wohngebäude hergerichtet. Die Mieten sind nicht hoch, die Wohnungen dafür originell. Hier und da sind auf ehemaligen Truppenübungsplätzen Wanderwege entstanden. Die meisten Plätze müssen jedoch gesperrt bleiben, weil niemand das Geld hätte, sie von alter Munition zu säubern. Andere Gebäude bleiben sich selbst überlassen, wie für jeden zu sehen, der etwa durch den Ortsteil Altes Lager fährt. Henrik Schulze, der in Jüterbog Museumsleiter war und die Ortschronik führte, erzählt in einem unglaubliche 748 Seiten dicken Buch die Geschichte der Garnison in der Stadt Jüterbog. Schulze gehört zu jenen in Jüterbog, die Besuchern alte Militärtechnik in einer Art Show präsentieren wollen, etwa mit fahrenden Panzern. Auch dem Bürgermeister Bernd Rüdiger, parteipolitisch ein Liberaler, gefällt diese Idee. Andere Jüterboger fürchten um den Ruf der Stadt.

Militärische Anlagen wie die Kasernenstadt Jüterbog II, der ehemalige Fliegerhorst in Jüterbog-Damm, das Proviantamt und das Lazarett in Neues Lager, die Kasernenanlage Altes Lager oder die ehemalige Fliegertechnische Schule in Niedergörsdorf sind längst Denkmale, auch wenn ihrer aller Erhaltung kaum möglich sein dürfte. Im Jüterbog-Band der "Denkmaltopographie der Bundesrepublik" werden diese Denkmale beschrieben und gezeigt. Daß die Zahl der Kirchen, Schlösser und Herrenhäuser sowie bürgerlichen Wohnhäuser die Zahl der militärtechnischen Bauten doch übertrifft, gibt die Hoffnung, daß es rund um Jüterbog auch ohne das Militär eine Zukunft gibt. Die Stadt Jüterbog selbst mit ihrer sächsischen und preußischen Tradition ist ungewöhnlich reich an Denkmalen. Die Doppelturmfront der Nikolaikirche ist gewaltig. Wer einmal von hoch oben auf dem Steg zwischen den beiden Türmen auf die Stadt heruntergeschaut hat, wird diesen schönen Blick nicht so schnell vergessen.

FRANK PERGANDE.

"Kloster Zinna. Ort der Gegensätze" von Angelika und Bernd Erhard Fischer, erschienen im Vacat-Verlag, kostet 9,90 Mark. Henrik Schulzes "Geschichte der Garnison Jüterbog 1864-1994" erschien im Biblio Verlag und kostet 148 Mark. Band 17.1 der "Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland" ist der Stadt Jüterbog mit Kloster Zinna und Niedergörsdorf gewidmet. Er erschien in der Wernerschen Verlagsgesellschaft und kostet 85 Mark.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr