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Nicolas Berggruen und Nathan Gardels haben den Mut, die selbstverständlichen und scheinbar naturwüchsigen Spielregeln und Mechanismen westlicher Demokratien zu hinterfragen. Nicht, um die Demokratie zu denunzieren, sondern um wirklich neu darüber nachdenken zu können, wie Politik im 21. Jahrhundert unter den Bedingungen zunehmender globaler Vernetzung und immer komplexerer Wechselbeziehungen, unter dem Druck von immer mehr und immer größeren Megacities, die an die Grenzen der Regierbarkeit führen, und vor dem Hintergrund wachsender Ressourcennutzung und Ressourcenerschöpfung zu mehr…mehr

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Produktbeschreibung
Nicolas Berggruen und Nathan Gardels haben den Mut, die selbstverständlichen und scheinbar naturwüchsigen Spielregeln und Mechanismen westlicher Demokratien zu hinterfragen. Nicht, um die Demokratie zu denunzieren, sondern um wirklich neu darüber nachdenken zu können, wie Politik im 21. Jahrhundert unter den Bedingungen zunehmender globaler Vernetzung und immer komplexerer Wechselbeziehungen, unter dem Druck von immer mehr und immer größeren Megacities, die an die Grenzen der Regierbarkeit führen, und vor dem Hintergrund wachsender Ressourcennutzung und Ressourcenerschöpfung zu mehr friedlicher Kooperation, zu nachhaltigem Wachstum und zu einer guten Lebensqualität für alle Menschen beitragen kann.
Berggruen und Gardels plädieren dafür, Ost und West, chinesische Langfristigkeit und westliche Freiheit neu zusammenzudenken, eine neue Balance zu finden zwischen zentraler Steuerung und Dezentralisierung, dem Globalen und dem Lokalen, dem Mitspracherecht der Bürger und der Expertise der Fachleute.
Ein provozierender Vorschlag für eine neue politische Weltordnung.
Autorenporträt
Gerhard Schröder, geb. 1944, von 1990 bis 1998 Ministerpräsident von Niedersachsen, 1998 bis 2005 siebter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. 1999 bis 2004 Vorsitzender der SPD. Seit dem Ende seiner politischen Karriere ist er als Rechtsanwalt sowie in verschiedenen Positionen in der Wirtschaft tätig.

Nicolas Berggruen ist Vorsitzender des "Berggruen Institute on Governance".

Nathan Gardels ist Herausgeber von "New Perspectives Quaterly".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2013

Als blickte mein Hauseigentümer zum Fenster herein
Ja, der Protagonist meines Romans trug Züge meines Vermieters Nicolas Berggruen. Jetzt hat er zurückgeschrieben.

Von Jan Peter Bremer

Es ist mir während meines Schriftstellerdaseins schon einige Male geschehen, dass Menschen aus meinem Umfeld, die dessen eigentlich ganz unverdächtig waren, plötzlich zur Feder gegriffen haben und selbst ein Buch herausbrachten. Der Erste, der dies tat, war mein Vater. Ihm folgte mein langjähriger Verleger, mit dem ich nun eine Autorenfreundschaft pflege, und jetzt in diesen Tagen auch noch mein Hauseigentümer - Vermieter wäre vermutlich zu privat.

Anders jedoch als mein Vater und mein langjähriger Verleger bedient sich mein Hauseigentümer Nicolas Berggruen dabei eines Co-Autors. Auch handelt es sich bei seinem Buch nicht, wie bei den beiden anderen Autoren, um Fiktion, die auch mein Gebiet ist, sondern um ein sachbuchartiges Thesenbuch mit dem Titel "Klug regieren".

Obwohl das Sujet dieses Buches mir nicht sonderlich vertraut ist, ertappte ich mich doch wieder dabei, dass ich, wie bei der Lektüre der Bücher der beiden anderen Autoren, nach einer Hinterlassenschaft forschte. Etwas, das vielleicht mit mir oder meiner Literatur zu tun haben könnte. Kurz, ich suchte zwischen den Zeilen ein wenig nach mir selbst. Wenn dies auch genau das ist, wovor man sich als Autor am meisten fürchtet, so hofft man andererseits doch mindestens ebenso sehr, zum Schreiben mit angeregt zu haben. Schließlich leitet sich aus solchen Anregungen der Umgang mit dem Wort ab.

Natürlich wäre ich nie auf diese Idee gekommen, wenn nicht mein letztes Buch, "Der amerikanische Investor", einen Protagonisten zum Helden hätte, der in seiner einsturzgefährdeten Wohnung an einem sehr heißen Tag versucht, sich ein Bild seines Hauseigentümers zu machen, das zumindest einige Züge Nicolas Berggruens trägt, der ja auch der Eigentümer meines Hauses ist.

Natürlich habe ich nicht die Hybris besessen, mein Hauseigentümer würde mit seinem Buch auf mein Buch antworten, und schon als ich den Titel "Klug regieren" las, war mir klar, dass es, wenn überhaupt, doch nur sehr am Rande auch um mich gehen würde. Auch strukturell habe ich nichts gefunden, in dem sich mein Buch in dem Buch meines Hauseigentümers widerspiegeln würde. Im Gegenteil wurde mir bei der Lektüre des Buches meines Hauseigentümers erst wirklich bewusst, was für eine schreckliche Unordnung in meinem Buch vorherrscht. Wenn er es tatsächlich gelesen hat, muss er bei der Vorstellung, wie es wohl erst in der Wohnung seines Mieters aussieht, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Schnelle unverhoffte Themensprünge wechseln sich ab. Dann wieder sprechen Figuren, die gar nicht da sind, weiß mein Hauseigentümer vielleicht nicht, ob geträumt, gedacht oder phantasiert wird.

In seinem Buch findet sich nichts von dieser Art. Wenn er also mein Buch tatsächlich gelesen hat, dann kann die Lektüre ihn nur darin bestärkt haben, es genau so nicht zu machen. Im Buch meines Hauseigentümers herrscht fast eine klinische Ordnung und Sauberkeit. Es gibt drei Teile, die wiederum in Kapitel eingeteilt sind. Dem ersten Teil vorangestellt ist ein Vorwort von dem Altbundeskanzler Gerhard Schröder, dann folgt ein Vorwort zur deutschen Ausgabe, eine Anmerkung zur Terminologie (damit man nicht im Dunkeln tappt) und eine Einleitung. Der erste Teil heißt "Globalisierung und Regierung" und handelt von den Problemen der Regierungen, die mit der Globalisierung einhergehen. Der zweite Teil heißt "Intelligent regieren Theorie und Praxis" und handelt davon, wie man in der Zukunft intelligent regieren sollte und könnte. Der dritte und letzte Teil heißt "Schluss" und führt rasch zum Ende. Dann folgen noch Anmerkungen.

Da es sich um ein Thesenbuch handelt, gibt es natürlich eine Kernthese, die ungefähr lautet, dass sich unsere westliche Demokratie nicht zuletzt durch Lagerbildung und ewige Wahlen vollständig zerschlissen hat und durch eine Meritokratie ersetzt werden sollte, also ein vom Volk weitgehend unabhängiges Führungsgremium, in etwa vielleicht wie ein Rat der Weisen, nur dass von diesem Rat alle weitreichenden Entscheidungen ausgehen sollten.

Knapp zusammengefasst kann man vielleicht sagen, dass Nicolas Berggruen und sein Co-Autor Nathan Gardels zwar den Politikern allerhand zutrauen, als leuchtendes Beispiel wird hier immer wieder Gerhard Schröder genannt, nicht jedoch denjenigen, die zum Beispiel Gerhard Schröder gewählt haben, und noch viel weniger denjenigen, die Gerhard Schröder dann wieder abgewählt haben.

Fast ist mir, als blickte mein Hauseigentümer fürsorglich zu meinem Fenster hinein, denn es ist eigentlich ein äußerst väterliches Prinzip, für das hier geworben wird. Der kleine Mensch soll nach bestem Gewissen seine kleinen Entscheidungen treffen, und der große Mensch soll zum Wohle der Allgemeinheit und natürlich ohne die eigenen Interessen dabei vollständig zu unterschlagen, die großen Entscheidungen treffen. Mir als Vater leuchtet das sofort ein, denn wenn ich mein Kind ins Bett schicke, tue ich dies hauptsächlich des nützlichen Schlafes wegen, aber natürlich auch, damit ich meine Ruhe habe.

Ich will meinem Hauseigentümer gar keine Vorhaltungen machen. Schließlich hat er sich mit Stellungnahmen zu meinem letzten Buch auch dezent zurückgehalten. Einige seiner Vorschläge sind wirklich sehr gewagt. Zum Beispiel das Fünfstimmenwahlrecht, das sich nicht wie das Dreiklassenwahlrecht der Kaiserzeit nach Steuern, sondern nach dem Bildungsgrad richten soll. Aber ahnt er denn nicht, was das für eine Unruhe in einige Familien bringen könnte? Schon jetzt höre ich meine Frau im Hintergrund auflachen und sehe sie bereits vor mir, wie sie mir immer wieder höhnisch ihre zwei Stimmen mehr präsentiert. Du weißt schon, mein Lieber, wer heute wieder den Müll herunterbringt und den Tisch anschließend abräumt.

Flankiert werden die Thesen von der Betrachtung Chinas und Kaliforniens, und ich bin meinem Hauseigentümer dankbar, etwas mehr über die beiden mir bis dahin nicht wirklich bekannten Gebiete zu erfahren. An dem einen wacht mit gütiger Miene, aber strenger Vernunft, trotz einiger Probleme, seit Urzeiten Konfuzius, das andere ist von seinem direkten Wahlrecht derart zerrüttet, dass in Kalifornien - wie in dem Buch nicht weniger als fünf Mal behauptet wird - mittlerweile mehr Geld für Gefängnisse als für die höhere Bildung ausgegeben wird. Da kann man doch gar nicht anders, als laut zu brüllen: Scheiß Wahlrecht!

Doch warum stocke ich jetzt? Ist mir tatsächlich gerade, ich hätte mich in dem Buch meines ständig jetreisenden Hauseigentümers doch selbst erkannt? Nur bin ich das wirklich, dieser ahnungslose, faule, immer dem kleinsten Vorteil widerlich hinterherlechzende Mensch, Teil dieser Millionen und Milliarden Menschen, dieser verschlagenen, unwissenden Menge, die unsere schöne Welt mit ihrer selbstherrlichen und sinnlosen Wählerei alle vier Jahre Stück um Stück zum Verwelken bringt, so dass nicht einmal mehr ihre uneigennützigsten und weitsichtigsten Vertreter, diese erfahrenen, entschlossenen und hervorragenden Menschen uns vor stetem Zerfall bewahren können?

Nicolas Berggruen: "Klug Regieren", Herder-Verlag, 256 Seiten, 19,99 Euro Jan Peter Bremers Roman "Der amerikanische Investor" ist im Berlin-Verlag erschienen.

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