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"Dankenswerterweise hat der Manesse-Verlag ein weniger bekanntes Werk Twains in neuer Übersetzung herausgebracht... In "Knallkopf Wilson" erzählt er eine grelle Geschichte, in der er der Genremischung seiner Bücher - die sich der Motive des Abenteuer-, Liebes-, Kriminal- und Gruselromans sowie jener der Robinsonade bedienen - eine weitere, damals populärer werdende Spielart hinzufügte: die Detektivgeschichte... Es ist ein hintersinniger Kommentar Twains zur Rassenfrage, bei dem er die alte Frage der Zwillingsforschung thematisiert, ob der Mensch von seinen Genen oder seiner Umwelt geprägt…mehr

Produktbeschreibung
"Dankenswerterweise hat der Manesse-Verlag ein weniger bekanntes Werk Twains in neuer Übersetzung herausgebracht... In "Knallkopf Wilson" erzählt er eine grelle Geschichte, in der er der Genremischung seiner Bücher - die sich der Motive des Abenteuer-, Liebes-, Kriminal- und Gruselromans sowie jener der Robinsonade bedienen - eine weitere, damals populärer werdende Spielart hinzufügte: die Detektivgeschichte... Es ist ein hintersinniger Kommentar Twains zur Rassenfrage, bei dem er die alte Frage der Zwillingsforschung thematisiert, ob der Mensch von seinen Genen oder seiner Umwelt geprägt werde; Zwillinge sowie Doppelgänger spielen in diesem Buch, einer erzählerischen Mode der Zeit entsprechend, ohnehin eine große Rolle... So bietet dieser eigentümliche Roman ein weiteres Beispiel dafür, dass Twain - nicht zuletzt aufgrund seiner Angriffigkeit - einer der brillantesten Satiriker der Literaturgeschichte war." -- NZZ

"Wiederum ein schönes Beispiel für die Bücher Twains, die es dem Vergessen zu entreißen gilt - in diesem Falle dank der unverschnörkelten Übersetzung von Reinhild Böhnke. 'Knallkopf Wilson' ist ein komplizierter Krimi, ein böses Kleinstadtpanorama und enthält einige besondere Kniffe..." -- Frankfurter Rundschau

"Ein weniger bekannter Roman Twains, dessen Neuedition bei Manesse der wichtigste Ertrag des Twain-Jubiläums auf dem deutschen Buchmarkt ist." -- FAZ
Mark Twain als Krimiautor

Mark Twain war Stimme und Herz der amerikanischen Südstaaten. Wie schon in seinen beliebten Romanen um Tom Sawyer und Huckleberry Finn macht er auch in dieser burlesken Kriminalkomödie seine Heimat am Mississippi zum Schauplatz haarsträubender Verwicklungen. Ein unterhaltsamer Fund für Twain-Kenner wie -Neulinge.

Als sich der Jurist David Wilson in Dawson's Landing niederlässt, steht er rasch im Ruf, ein Knallkopf zu sein. Allzu suspekt erscheinen sein schottischer Humor, seine Ostküsten-Provenienz und die Vorliebe für ausgefallene Hobbies: Der kauzige Eigenbrötler sammelt Fingerabdrücke, praktiziert das Handlesen und brütet mit Vorliebe über Alltagsweisheiten für einen nach ihm benannten Almanach. Dabei fällt Wilson nur auf den ersten Blick aus dem Rahmen, tummeln sich in dem gemütlichen Städtchen bei näherer Betrachtung doch noch weitere originelle Gestalten: Roxy, die Sklavin mit der hellen Haut; Sohn Chambers und Ziehsohn Tom, die Roxy als Säuglinge absichtlich vertauscht hat, und die nun nichtsahnend sehr unterschiedliche Lebenswege einschlagen; nicht zu vergessen Angelo und Luigi Capello, die ominösen Zwillinge aus florentinischem Adel. Verwechslung, Rollentausch und Betrug bestimmen den Alltag der Herren und Sklaven in Dawson's Landing, und am Ende geschieht gar ein Mord, bei dessen Aufklärung Knallkopf Wilson die Schlüsselrolle spielt.

Die Mark Twain (1835-1910) eigene, einzigartige Mischung aus witziger Unterhaltung und beißender Kritik - an Standesdünkel und amerikanischem Südstaatenrassismus - zeichnen auch die vorliegende Kriminalgeschichte aus. Diese überrascht als zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Werk, das den berühmten Romanen des populären Autors um nichts nachsteht.
Autorenporträt
Samuel Langhorne Clemens (1835-1910), besser bekannt unter dem Pseudonym Mark Twain, war ein scharfzüngiger Kritiker der amerikanischen Gesellschaft: humorvoll bis satirisch schrieb er über den alltäglichen Rassismus, Heuchelei, Verlogenheit und Korruption seiner Landsleute. Bereits mit seinen ersten Erzählungen, entstanden in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, errang er großen litarischen Erfolg, der sich durch die Abenteuergeschichten um die beiden Jungen Tom Sawyer und Huckleberry Finn zu Weltruhm steigerte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2010

Solch ein Kriminalfall ist nur etwas für Knallköpfe

Durch dick und dünn: Auch hundert Jahre nach seinem Tod ist Mark Twain immer noch für Überraschungen gut. In Neuerscheinungen begegnet er uns als Hawaii-Reisender und Verbrecherjäger, als Zwillingsforscher und großer Liebender.

Es gibt unangenehmere Pflichten, als ein paar Monate nach Hawaii zu fahren, um von dort für die "Daily Union" nach Sacramento zu berichten, vor allem für einen Journalisten, der sich mit gerade dreißig Jahren schon ausgebrannt fühlt: "Ich musste", schreibt Samuel Clemens, der sich als Autor Mark Twain nannte, in seinem Erinnerungsbuch "Durch dick und dünn" (1872), vor dieser Reise in San Francisco "tagtäglich ohne Rast und Ruh einen Bericht schreiben, und dessen wurde ich unsäglich überdrüssig. Der Drang zum Vagabundieren überfiel mich mit Macht."

Trotzdem ließ er die erste Gelegenheit, mit dem Dampfer "Ajax" nach Hawaii zu fahren, vorüberstreichen, verbrachte aber schließlich im Frühjahr und Sommer 1866 doch noch fünf Monate auf Hawaii, schrieb in dieser Zeit immerhin 25 Briefe an den Verleger und bereiste die Inselgruppe nach Kräften. Er ließ sich Plantagen zeigen und Strände, besichtigte den Vulkan Kilauea auf Hawaii, prähistorische Tempelruinen und ein Gräberfeld voller Gerippe, von dem sich der respektlose Besucher dann eine beinerne Gerte für sein eigensinniges Pferd stahl. Er interessierte sich ebenso für die hawaiianische Geschichte wie für das komplizierte Miteinander der Einheimischen und der Zuwanderer und zeigte schließlich in seiner Beschreibung der Ermordung Captain Cooks ein knappes Jahrhundert zuvor sogar ein gewisses Verständnis für die Mörder. Teile dieser Briefe nutzte Twain später, um das Manuskript von "Durch dick und dünn" auf die vereinbarte Länge zu bringen, und dort stechen sie auch heraus, indem sie stärker als die übrigen Kapitel die Person Twains und ihre Erlebnisse hinter der geschilderten Umgebung zurücktreten lassen.

Die ungekürzten Reisebriefe, die 1967 in den Vereinigten Staaten als Buch erschienen waren, liegen zum heutigen hundertsten Todestag des Autors nun auch auf Deutsch vor, und während inhaltlich alles Wesentliche auch Eingang in "Durch dick und dünn" gefunden hat, zeigt sich in den Briefen doch formal ein irritierendes Moment, das auf Twains künftiges Werk vorausweist: Der Autor, der seine Leser in Sacramento für den Archipel interessieren will und offen für einen regeren Verkehr zwischen Kalifornien und Hawaii wirbt, behält es sich vor, von den Annehmlichkeiten des insularen Lebens zu sprechen - für unschöne Seiten ist ein kauziger Reisebegleiter namens Brown zuständig, der schon auf der Schiffsreise seine Wunderlichkeit unter Beweis gestellt hatte, indem er ein Stück feinster Seife erst auf seinen Geschmack hin prüfte und dann als ungenießbar über Bord warf. Später wird er in einer langen Suada Twains Reisebericht um die Schilderung diverser Ärgernisse ergänzen ("rote Ameisen, Skorpione, Spinnen, Moskitos und Missionare") und sich überhaupt als ebenso boshaft wie phantasievoll zeigen, wenn es um die Schattenseite der Inseln geht.

Welche kaum zu überschätzende Rolle diese - in "Post aus Hawaii" noch eher trivial verwendete - Struktur für das Gesamtwerk Twains spielt, zeigt Manfred Pfister in seinem Nachwort zu "Knallkopf Wilson", einem weniger bekannten Roman Twains, dessen Neuedition bei Manesse der wichtigste Ertrag des Twain-Jubiläums auf dem deutschsprachigen Buchmarkt ist. Dass Twain es liebt, die eine Gestalt in der anderen zu spiegeln, ist offensichtlich: Das geschieht noch einigermaßen konventionell in den befreundeten Antipoden Tom Sawyer und Huck Finn (F.A.Z. vom 3. April), trägt unheimliche Züge in "Prinz und Bettelknabe", wo die beiden äußerlich kaum zu unterscheidenden Protagonisten zeitweilig jeweils den sozialen Platz des anderen einnehmen, wird als zweiteilige moderne Fabel in den Geschicken des "guten" wie des "bösen" Knaben durchgespielt (der gute scheitert) oder im als Aporie endenden Roman "Ein Yankee an König Artus' Hof" (1889): Dort kämpft der Zauberer Merlin gegen einen zeitreisenden Homo faber namens Hank Morgan, der die Wissenschaft des neunzehnten Jahrhunderts gegen die Zauberei des sechsten in Stellung bringt - und irritierenderweise in seinem Namen auf die in der Artusepik als Merlins Gegenspielerin tradierte Fee Morgana verweist.

All dies kulminiert im 1894 erschienenen Roman "Knallkopf Wilson" (im Original: "Pudd'nhead Wilson", so dass als deutscher Titel "Matschbirne Wilson" näher gelegen hätte), der gleich zwei bis drei solcher Paarbeziehungen enthält: Da sind zunächst zwei Jungen, die sich zum Verwechseln ähneln und schließlich im Säuglingsalter auch gegeneinander ausgetauscht wurden, obwohl der eine als Sohn einer schwarzen Sklavin unfrei geboren wurde, der andere frei als Sohn eines Aristokraten aus Missouri. Neben diesen falschen treten zwei echte Zwillinge auf sowie drittens der Titelheld, der seinen Mitbürgern als "Knallkopf" gilt und am Ende durch die Errungenschaften moderner Kriminalistik ebenso wie durch seinen scharfen Verstand einen für jedermann sonst unlösbaren Kriminalfall löst. Und schließlich verweist selbst der Titel des Romans auf Edgar Allan Poes Doppelgängergeschichte "William Wilson" von 1839.

Wie im zwölf Jahre zuvor publizierten "Prinz und Bettelknabe" geht es Twain hier um den Nachweis, dass es keine natürliche Befähigung für den einen oder anderen sozialen Stand gibt, in den man geboren wird, dass aber Erziehung und Gewohnheit das Ihre tun, damit sich Menschen in den Platz, den man ihnen zuweist, einfügen können oder eben nicht. Und so ist es die böse Pointe des Romans, dass am Ende der als Gentleman aufgezogene, reichlich liederliche Sohn der Sklavin nunmehr tatsächlich als Sklave verkauft wird, während sich sein zum freien Mann erhobener Doppelgänger beim besten Willen nicht in der Gesellschaft zurechtfinden kann, die ihm durch seine Geburt bestimmt war. Unter anderem deshalb, weil man ihm das Lesen- und Schreibenlernen vorenthalten hat.

Der Gedanke, dass ein Erziehungsprogramm auch im reiferen Alter nicht vollends sinnlos sei, war Twain allerdings nicht fremd - er bildete die Grundlage für seine Ehe. Denn als er sich in Olivia Langdon verliebte (erst in ihr Porträt, dann in sie selbst), war er zweiunddreißig Jahre alt, dem Alkohol zugeneigt, nicht besonders religiös und leidenschaftlicher Raucher. Als die Tochter eines reichen Aufsteigers ihn abwies, einigte man sich statt der Liebe auf ein Bekehrungswerk, das Olivia an Twain durchführen wollte und das 1870 schließlich doch in einer Eheschließung mündete.

Eine Auswahl der Briefe, die Twain an Olivia schrieb, ergänzt durch einige wenige Antwortschreiben sowie andere Briefe aus dem familiären Umfeld, sind jetzt auf Deutsch erschienen. Sie zeigen, wie ernst es Twain mit dieser Ehe meinte und mit allem, was das gemeinsame Leben mit Olivia für ihn bedeutete - und teilen so Twains Existenz in ein Vorher/nachher-Schema ein, wenn nicht gar in eines der Wirklichkeit/Möglichkeit, nach dem ein elender Autor in einer olivialosen Parallelwelt seinem Elend entgegendriftet.

Allerdings scheint Twain seinen Abstinenzlervorsatz nicht absolut eingehalten zu haben. Und ein Brief, in dem er seiner Frau erläutert, warum er ihr Insistieren auf ein Nikotinverbot nicht akzeptieren mag, ist der einzige, der von seiner Seite aus einen schärferen Ton in diesen sonst geradezu berührend zärtlichen Briefwechsel bringt - schon im nächsten Brief entschuldigt er sich für seine Schroffheit.

Das eigentliche Wunder dieses Bandes ist aber, wie auch Olivia sich an Twains Seite wandelt: Es ist diese betont religiöse Frau, die nun von Glaubenszweifeln befallen wird, nicht aber von Zweifeln an ihrem Mann. Wenn sie doch Gott nur so unverbrüchlich lieben könne wie den Gatten, seufzt sie einmal, dann wäre sie ruhiger.

Wer hier unterm Strich das größere Bekehrungswerk verrichtet hat, bliebe zu klären.

TILMAN SPRECKELSEN

Mark Twain: "Knallkopf Wilson". Roman. Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke. Mit einem Nachwort von Manfred Pfister. Manesse Verlag, Zürich 2010. 320 S., geb., 19,95 [Euro].

Mark Twain: "Sommerwogen". Eine Liebe in Briefen. Herausgegeben und aus dem Englischen von Alexander Pechmann. Aufbau Verlag, Berlin 2010. 304 S., geb., 16,95 [Euro].

Mark Twain: "Ein Yankee an König Artus' Hof". Roman. Aus dem Englischen von Lore Krüger. Mit einem Nachwort von Alexander Pechmann. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2010. 447 S., geb., 9,95 [Euro].

Mark Twain: "Post aus Hawaii". Herausgegeben und aus dem Englischen von Alexander Pechmann. Mare Verlag, Hamburg 2010. 368 S., geb., 24,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Erfreut zeigt sich Susanne Ostwald von dieser Neuübersetzung von Mark Twains Roman "Knallkopf Wilson", die anlässlich des 175. Geburtstags und 100. Todestags des Schriftstellers und Satirikers erschienen ist. Sie liest die "grelle" und "eigentümliche" Detektivgeschichte als "hintersinnigen Kommentar Twains zur Rassenfrage". Besonders lobt sie Reinhild Böhnke für ihre Übersetzung, der es gelingt, der Sklavin Roxy eine stark "dialektal gefärbte Sprechweise" zu verleihen, ohne sie als intellektuell minderbemittelt zu brandmarken. "Knallkopf Wilson" dokumentiert für Ostwald beispielhaft, dass Twain einer der "brillantesten Satiriker der Literaturgeschichte" war.

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«Ein weniger bekannter Roman Twains, dessen Neuedition bei Manesse der wichtigste Ertrag des Twain-Jubiläums auf dem deutschen Buchmarkt ist.» FAZ