Man weiß nicht genau, wie viele Menschen an der Staatsgrenze der DDR umgekommen sind. Man weiß auch nicht genau, wer erschossen wurde oder durch Tretminen umkam, wer bei der Flucht ertrunken oder verblutet ist. Aber die Selbstschussanlangen SM 70 kennt man, und man weiß, wo und wie sie hergestellt wurden – das nämlich hat Joachim Specht herausgefunden. Die SM 70 waren Mordmaschinen, wie es sie in ihrer sys-tematischen Anordnung und ihrer perfekten, obzwar einfa-chen Funktionsweise zuvor nicht gab. Sie zu konstruieren und sie zu gezielten Tötungszwecken einzusetzen, das war ein Ausdruck hoher Verachtung gegenüber dem menschli-chen Leben, und es war verantwortungslos. So wie vieles andere, das zum Erhalt der DDR beitragen sollte, auch ver-antwortungslos und inhuman gewesen ist. Joachim Specht ist ein zäher Mann. Und er ist konsequent. Er hat viel hinter sich, Gutes und Schlechtes. Er hat sich auf der anderen Seite der Welt durchgeschlagen, er hat sich in seinem Leben in der DDR nicht verbiegen und nicht un-terwerfen lassen. Er hat sich nach dem Fall der Mauer kei-ner Seilschaft und keiner Günstlingswirtschaft bedient. Und doch und gerade deshalb wird er dort, wo er lebt, geachtet und geschätzt. Dass er nach 1990 so gründlich und hartnä-ckig recherchiert hat, um hinter das Geheimnis der SM 70, der Selbstschussanlagen zu kommen, wird ihm nun nicht unbedingt neue Freundschaften einbringen. Aber er hat sich mit seinem Tatsachenroman noch einmal selbst verwirk-licht, als Schriftsteller und als Aufklärer. Und dafür gebührt ihm heute – und auch morgen noch – unser Dank.