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Also: Jakob liebt Rita, bis er sie nicht mehr liebt. Er trifft Jennifer und beginnt ein Verhältnis, nicht aus Liebe. Von Jennifer wissen wir es nicht, und bevor wir es erfahren, passiert dieser Unfall. Jennifer wird nie wieder gehen können, und Jakob bleibt, weil ihn die Schuld dazu zwingt, und will einen Reiseführer für Rollstuhlfahrer schreiben. Rita liebt Jakob noch immer, ist aber mit Lutz zusammen, der ein Verhältnis mit Jennifer beginnt. Lutz kann nur, wenn die Frauen nicht bei Bewusstsein sind, und er hat Mittel, denn Lutz ist Zahnarzt. Und Jennifer ist gelähmt, das ist praktisch. Doch…mehr

Produktbeschreibung
Also: Jakob liebt Rita, bis er sie nicht mehr liebt. Er trifft Jennifer und beginnt ein Verhältnis, nicht aus Liebe. Von Jennifer wissen wir es nicht, und bevor wir es erfahren, passiert dieser Unfall. Jennifer wird nie wieder gehen können, und Jakob bleibt, weil ihn die Schuld dazu zwingt, und will einen Reiseführer für Rollstuhlfahrer schreiben. Rita liebt Jakob noch immer, ist aber mit Lutz zusammen, der ein Verhältnis mit Jennifer beginnt. Lutz kann nur, wenn die Frauen nicht bei Bewusstsein sind, und er hat Mittel, denn Lutz ist Zahnarzt. Und Jennifer ist gelähmt, das ist praktisch. Doch dann wacht Jennifer gar nicht mehr auf, ein Sexunfall, und Lutz lässt sie verschwinden.
Sind wir hier bei Woody Allen? Oder schon bei Yasmina Reza? Oder längst unterwegs Richtung Michael Haneke? "KNOI" ist ein bitterböses, abgründig komisches Kammerspiel, in dem jeder jeden täuscht, vor allem über sich selbst. Nur ein Kind, Max, der lieber eine Giraffe sein würde oder ein Reh oder eine Flugente, sieht in den Menschen das, was sie sind. Und Lutz ist eben ein Waks und Jakob ein Knoi. Was das alles bedeutet? Gute Frage. Finden Sie s heraus.
Autorenporträt
David Schalko, geboren 1973, Autor, Regisseur, Produzent, lebt in Wien. Sein Fernsehzweiteiler 'Aufschneider' ist für den Grimmepreis nominiert, seine TV-Serie 'Braunschlag' 2013, lief kürzlich in Montreux und bei der Cologne Conference in der Kategorie '10 wichtigste Arbeiten weltweit'.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Struktur und Aussage Fehlanzeige. Als Film kann sich Kai Sina diesen Roman von David Schalko gut vorstellen, als Text hat er keine lange Halbwertszeit. Zu atemlos erzählt scheint Sina die Geschichte entpersonalisierter Geschlechterbeziehungen. Das Buch, erklärt der Rezensent, lebt vom schnellen Schnitt und vom Krimiappeal der Story, die ein "Sexunfall" krönt. Bizarr, grell, aber ohne intellektuelle Anforderung an den Leser, meint Sina.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2014

Geruchlos, frei und ungebunden
Wiener Psycho: David Schalkos Roman "Knoi" erzählt von den Sexunfällen eines postmodernen Übermenschen

Wir dachten, diesen Typen wären wir endgültig los: das zynische, andauernd bekokste Superego, das sich voller Verachtung über seine degenerierte Mitwelt erhebt. Wir dachten, diese Figur gehörte in die neunziger Jahre mit ihrem eiskalten Techno- und IT-Boom, während die krisengeschüttelte Gegenwart von einer "neuen Ernsthaftigkeit" bestimmt sei. Aber nun zeigt sich, wir lagen falsch: Der postmoderne Übermensch ist zurück, und sein Name könnte unscheinbarer nicht sein: Er heißt Lutz.

Lutz lebt in Wien, arbeitet als Zahnarzt und ist eine der Hauptfiguren in "Knoi", dem neuen Roman des 1973 geborenen österreichischen Autors David Schalko, der sich bisher vor allem als Regisseur und Erfinder von Fernsehsendungen einen Namen gemacht hat, seit einigen Jahren aber zudem mit Romanen und Erzählungen in Erscheinung getreten ist. Schalkos Lutz also pflegt eine perverse Leidenschaft, die er mit der im Rollstuhl sitzenden Jennifer auslebt: Er bevorzugt Sex mit bewusstlosen Frauen, weshalb er Jennifer, die seit einem Motorradunfall querschnittgelähmt ist, vor dem Geschlechtsakt mit Propofol narkotisiert (wofür er ihr 20 000 Euro zahlt). Allerdings ist er verheiratet, und zwar mit Rita, die ihrerseits ein Verhältnis mit dem Reiseführerautor Jakob beginnt, der nicht nur ihr Exfreund, sondern zugleich der aktuelle Partner von Jennifer ist. Diese verworrene, ins Bizarre gewendete Kontrafaktur der "Wahlverwandtschaften" mündet schließlich in einen "Sexunfall" mit tödlichem Ausgang - ein Höhepunkt des Romans, der von nun an als Kriminalgeschichte weitererzählt wird.

Fast schon sinnbildlich für die weitgehende Entmenschlichung der Geschlechterbeziehungen in diesem Roman steht die Geruchlosigkeit, die Lutz nicht nur an sich selbst herbeiführt, sondern auch von seiner Gespielin verlangt. Desinfektionsmittel, geruchsentfernende Seife - bei dieser Sexausstattung fühlt sich der Leser fast schon an die aseptischen Obsessionen eines Patrick Bateman aus Easton Ellis' "American Psycho" erinnert. Überdies liest sich "Knoi" in puncto Körpergeruch geradezu als ein Gegenbuch zu Charlotte Roches "Feuchtgebieten": Wenn es "leicht und betörend aus der Hose" riecht, so verspricht dies bei Roche ja gerade eine Intensivierung der zwischengeschlechtlichen Anziehung - ein Gedanke, den Lutz wohl abstoßend fände.

Doch steckt hinter dem Motiv der Geruchlosigkeit weit mehr als ein Fetisch. Mit ihrem Körpergeruch entfernen die Figuren ihre genetisch festgelegte, einzigartige Signatur, ja, sie löschen ihr Ich, um dadurch eine vollkommene Unverbindlichkeit zu erreichen: "Unsichtbar werden!", diesen Wunsch äußert Jakob an einer Stelle. "Einer, der nur noch als Beobachter am Leben teilnahm. Ohne festen Wohnsitz. Ohne feste Existenz. Den Aggregatzustand ändern." Zu diesem Wunsch passt es, dass der kleine Max - der verschrobene Sohn von Rita und Lutz - die Erwachsenen seiner Umwelt für sich in vollkommen depersonalisierte und rein instinktgesteuerte Phantasiewesen verwandelt: Er nennt sie Waks, Faha, Zonz, Knoi.

David Schalko hat einen atemlos erzählten Roman vorgelegt, der deutlich am Kino und Fernsehen der Gegenwart mit ihren hypernervösen Schnitten geschult ist. Dies geht zu Lasten einer eher intellektuellen Problematisierung, wie sie Michel Houellebecqs in mancher Hinsicht vergleichbaren Roman "Elementarteilchen" zu einer anhaltenden literarischen Provokation macht: Was ist der Mensch jenseits seiner banalen Physis, seiner dumpfen Sexualität? "Knoi" hingegen zielt auf die erzählerische Show, aufs grelle Leuchten und Glitzern, eine Show, die fesselt, schnell vergeht - und bald darauf vergessen ist. Es ist ein Erzählen, das sich weder in seiner Struktur noch in seiner Aussage festlegen will, weshalb zwischen Buch und Leser - wie zwischen den Figuren des Romans - keine Bindung, keine Nähe entstehen mag. Aber vielleicht liegt ja gerade darin das Zeitgemäße dieser Ästhetik?

KAI SINA

David Schalko: "Knoi". Roman.

Verlag Jung und

Jung, Salzburg und Wien 2013. 271 S., geb., 22,- [Euro].

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