Nach dem großen Erfolg von Köln vor dem Krieg und Köln nach dem Krieg legen Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer nun den mittleren Band der Trilogie vor. Damit schließt sich die Lücke der 1940er-Jahre, in denen der nationalsozialistische Terror und der Bombenkrieg Nächte im Luftschutzbunker erzwangen, Rettung der letzten Habseligkeiten, Verletzte und Tote. 262 Luftangriffe machten aus Köln eine Trümmerlandschaft. Aber gegen alle Kriegsklischees fand der Alltag statt: So zeigen Momentaufnahmen Tauben fütternde Frauen und seilspringende Kinder. Kino und Theater erreichten Besucherrekorde, und in den Brauhäusern schmeckte nach wie vor das Bier. Kaum vorstellbar schien Kölns Wiederaufbau im März 1945 und gelang mit alliierter Hilfe dann doch.Mehr als 300 überwiegend unbekannte Bilder erinnern an den tiefsten Einschnitt der Stadtgeschichte und verdeutlichen, wie das Leben im Krieg aus der Stadt floh und nach dem Zusammenbruch langsam zurückkehrte. Zwölf Textbeigaben von Zeitungsberichten und literarischen Zeugnissen der Zeit ergänzen das Epochenbild.Mit Fotografien vonMargaret Bourke-White, Chargesheimer, Hermann Claasen, Walter Dick, Theo Felten, Ruth Hallensleben, Willy van Heekern, Paul W. John, Helmut Koch, August Kreyenkamp, Erich Lambertin, Ursula Litzmann, Bernd Lohse, Lee Miller, Julius Radermacher, Fred Ramage, August Sander, Walter Sanders, Heinz Sangermann, Karl Hugo Schmölz, Georg von Stavenhagen, Alfred Tritschler, Benno Wundshammer und vielen anderenMit Texten vonHeinrich Böll, Margaret Bourke-White, Irma Brandes, George Orwell, Hans Schalla, Rudolf Schwarz, Wolf Strache und Carl ZuckmayerHerausgegeben von der Historischen Gesellschaft Köln e.V.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2016Kein Dach mehr irgendwo
Die Trilogie ist komplett, das stadtkölnisches Jahrhundert von 1880 bis 1990 abgeschlossen mit dieser schwergewichtigen Bild-Publikation, die sich der kurzen Zeitlücke zwischen dem Auftakt- und dem Abschlussband widmet. Die Titelformulierungen lassen aufhorchen. Nicht nur, dass "Köln vor dem Krieg" und "Köln nach dem Krieg" für die vierziger Jahre eine Präposition erwarten ließen, also: "Köln im Krieg". Auch schloss "Köln vor dem Krieg 1880 - 1940" die Jahre des Ersten Weltkriegs stillschweigend mit ein. Beides scheint Programm: mit der Konzentration des Gesamtwerks auf den Zweiten Weltkrieg und seine Spuren sowie dem Verzicht auf eine Konzentration auf den Krieg als ihre singuläre Lebensbedingung. In den Jahren 1940 bis 1950 gab es eben auch Kinderspiel und Weihnachtsfeiern, Schnellzugfahrten und Telefonverbindungen, Schwarzmarkt, Hamsterwesen, Kohlenklau. Umso eindringlicher sind Aufnahmen aus unvertrauter Perspektive: Von oben etwa, wenn man die Stadt quadratkilometerweise überblickt und alle Mauern zu erkennen sind, weil sie kein Dach mehr deckt! Gleich die erste Bildtafel von insgesamt mehr als dreihundert, die Hälfte davon bisher nie veröffentlicht, dokumentiert für das römische Zentrum der Stadt den Bombenkrieg, nach dem Köln nicht mehr werden konnte, was es bis dahin gewesen war. Versetzt mit Textzeugnissen von den Heucheleien des "Westdeutschen Beobachters" bis zu Heinrich Böll ("Als wir Köln wiedersahen, weinten wir."), ist ein wirkmächtiges Geschichtspanorama zusammengestellt worden, das keine geschriebene Darstellung ersetzt, aber jede in ihrer Anschaulichkeit überbietet.
mbe
"Köln und der Krieg" von Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer. Greven Verlag, Köln 2016. 288 Seiten, 310 Fotos. Gebunden, 39,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Trilogie ist komplett, das stadtkölnisches Jahrhundert von 1880 bis 1990 abgeschlossen mit dieser schwergewichtigen Bild-Publikation, die sich der kurzen Zeitlücke zwischen dem Auftakt- und dem Abschlussband widmet. Die Titelformulierungen lassen aufhorchen. Nicht nur, dass "Köln vor dem Krieg" und "Köln nach dem Krieg" für die vierziger Jahre eine Präposition erwarten ließen, also: "Köln im Krieg". Auch schloss "Köln vor dem Krieg 1880 - 1940" die Jahre des Ersten Weltkriegs stillschweigend mit ein. Beides scheint Programm: mit der Konzentration des Gesamtwerks auf den Zweiten Weltkrieg und seine Spuren sowie dem Verzicht auf eine Konzentration auf den Krieg als ihre singuläre Lebensbedingung. In den Jahren 1940 bis 1950 gab es eben auch Kinderspiel und Weihnachtsfeiern, Schnellzugfahrten und Telefonverbindungen, Schwarzmarkt, Hamsterwesen, Kohlenklau. Umso eindringlicher sind Aufnahmen aus unvertrauter Perspektive: Von oben etwa, wenn man die Stadt quadratkilometerweise überblickt und alle Mauern zu erkennen sind, weil sie kein Dach mehr deckt! Gleich die erste Bildtafel von insgesamt mehr als dreihundert, die Hälfte davon bisher nie veröffentlicht, dokumentiert für das römische Zentrum der Stadt den Bombenkrieg, nach dem Köln nicht mehr werden konnte, was es bis dahin gewesen war. Versetzt mit Textzeugnissen von den Heucheleien des "Westdeutschen Beobachters" bis zu Heinrich Böll ("Als wir Köln wiedersahen, weinten wir."), ist ein wirkmächtiges Geschichtspanorama zusammengestellt worden, das keine geschriebene Darstellung ersetzt, aber jede in ihrer Anschaulichkeit überbietet.
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"Köln und der Krieg" von Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer. Greven Verlag, Köln 2016. 288 Seiten, 310 Fotos. Gebunden, 39,90 Euro.
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