In der japanischen Kunsttechnik Kintsugi wird zerbrochene Keramik mit flüssigem Gold repariert. Statt sie zu kaschieren, werden die beschädigten Stellen noch betont, seine Brüche machen den schöner. In "Körper-Kintsugi" setzt die Protagonistin den Krebszellen in ihren Brüsten einen starken Überlebenswillen entgegen. Persönlich und eindringlich erzählt Senka Maric vom Kampf um Würde und Schönheit, auch wenn der Körper in zahlreichen Operationen zerschnitten und durch Chemotherapien beinahe zerstört wird.In kurzen, eingestreuten Szenen zeichnet die Figur ihre schmerzvolle Erinnerungen an das Heranwachsen in einer patriarchalen Gesellschaft nach, von denen sie sich durch ihre Auseinandersetzung mit der als "weiblich" verstandenen und mit viel Scham und Tabu belegten Krankheit zu befreien vermag.Ein kämpferischer Text voller Stärke und Kraft, hart zu lesen, aber letztendlich Mut machend.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensentin Carola Ebeling ist berührt von Senka Marić' autobiografischem Roman über ihre Brustkrebserkrankung und sieht Parallelen zum Band der Pulitzer-Preisträgerin Anne Boyer, der dasselbe Thema behandelt. Wie bei Boyer gehe es auch in "Körper-Kintsugi" (angelehnt an die japanische Technik, zerbrochene Keramik mit flüssigem Gold oder Platin zu reparieren, erklärt Ebeling) gerade nicht um die Isolierung eines Einzelschicksals. Vielmehr betont Marić durch die traumhafte Begegnung der Erzählerin mit Medea, Medusa oder Penthesilea die Solidarität zu anderen Frauen und entwirft "eine Art Genealogie weiblichen Schmerzes", analysiert die Kritikerin. Auch sprachlich handelt es sich um eine literarisch gelungene Auseinandersetzung mit dem Thema, findet Ebeling - so lobt sie etwa Marić' Wechsel zwischen "stakkatohafter Sachlichkeit" und poeetischen Sprachbildern.
© Perlentaucher Medien GmbH
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