Produktdetails
- Verlag: MI
- ISBN-13: 9783478541008
- Artikelnr.: 06539023
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.1998Hände weg, nicht hoch
Benimm und Selbsterkenntnis: Der Körpersprachenlehrer Horst Rückle läßt Manager und Hostessen Haltung einnehmen
Die Schultern hochzudrücken, den Hals einzuziehen gilt gemeinhin als Zeichen der Unsicherheit. Schon Quintilian rät, diese Haltung zu vermeiden, und nennt sie in seiner "Ausbildung des Redners" kurzerhand sklavenhaft. Überlegungen und Ratschläge, wie eine Rede- oder Gesprächssituation körpersprachlich erfolgreich zu meistern sei, sind von jeher fester Bestandteil der Rhetorik und Anstandsliteratur. Nicht anders als etwa zu Zeiten der Hofkultur absolutistischer Prägung stellen sie den Doppelvorteil einer überzeugenderen Selbstdarstellung und genaueren Fremdeinschätzung in Aussicht. Der Hofmann von heute heißt Manager, das Parkett ist glatt wie gehabt, Rettendes wächst im Rhetor als Coach.
Horst Rückle, langjähriger Trainer für Führungskräfte, hat ein Lehrbuch der Körpersprache verfaßt, das durch pointierte Beschreibungen und lexikalische Übersichtlichkeit besticht. Öffnungsgrade der Augen und des Mundes, Blickgesten, Formen des Lächelns und Lachens, Ausdrucksmöglichkeiten des Kopfes, Haltungen der Arme, der Hände und Finger, Berührungsgesten, Formen des Gehens und Sitzens, dies und mehr wird sowohl im Allgemeinen verhandelt wie im Besonderen rollenspezifischer Situationen. Fotoanalysen prominenter Politiker und Manager illustrieren das Beschriebene und führen zugleich in die konkrete Anwendung der Deutungsmethode ein. Daß zusammengekniffene Augen auf Konzentration verweisen, vor der Brust gekreuzte Arme ein Abwehrsignal sind, Winken mit zugekehrter Handfläche für Offenheit steht und in der Sitzhaltung gespreizte Beine den Eindruck der Unbekümmertheit erwecken, dürfte zwar zum allgemeinen Erfahrungswissen gehören. Dieses Wissen jedoch aus seiner Diffusität zu heben und zu nuancieren, ist Rückles Lehrbuch geeignet wie wenige. Benutzt man es überdies als Lexikon einer Ikonographie der Bildprodukte von Werbung und Politik, ist der Gewinn reich bemessen. Vorbehalte hingegen melden sich gegenüber der wissenschaftlichen Aufbereitung an.
In der Hauptsache orientiert sich Rückle an der Verhaltensforschung von Irenäus Eibl-Eibesfeldt und Desmond Morris, mithin an der Grundannahme einer erbgeprägten Universalgrammatik des Körperausdrucks, die trotz kultureller Überformung sichere Bedeutungszuschreibungen ermöglicht. Größere Deutungsgenauigkeit nonverbaler Kommunikation im Verbund mit eigener Darstellungskompetenz, meint Rückle, lasse zugleich die Erfolgsaussicht steigen, was Kundengespräche, Geschäftsverhandlungen oder das Führen von Mitarbeitern betrifft. Dies unterschlägt zum einen das Problem der Beobachtung des Beobachters bei symmetrischer Wissensverteilung und Wissensumsetzung. Manager oder Politiker kommunizieren in der Berufswelt schließlich mit Managern oder Politikern. Zum anderen stellt sich die Frage, wie hoch die Relevanz des Körpersprachlichen zu veranschlagen ist. Typberater hin, Coach her: Wenn es bei Geschäftsverträgen, Beförderungen oder Regierungswahlen Ernst wird, erfolgt die Entscheidung im Regelfall nach Sachkriterien.
Zudem zeigt die Alltagserfahrung, daß sich das Gebaren des Gegenübers in der Wahrnehmung nach dem ersten Eindruck verschleift. Selten sind Mimik und Gestik im Fluß des Gesprächs so hoch bedeutsam und eindeutig, wie sie sich in einem fotografisch festgehaltenen Moment darstellen oder gar in einem bis ins Detail kalkulierten Plakat oder Werbespot. Gegen Ende übrigens, wenn Rückle Ratschläge nicht mehr für Manager gibt, sondern für das Standpersonal von Messen, tritt unversehens jene Tradition des Anstands zutage, über die er zugunsten der Verhaltensforschung kein Wort verliert. "Schmuck, falls er auf der Messe getragen wird, darf nicht aufdringlich oder störend wirken", ermahnt der Autor und hätte ergänzend Quintilian zitieren können: "Die Hand soll nicht mit Ringen überladen sein, zumal nicht mit solchen, die höher sitzen als auf dem mittleren Fingerglied." RALF DROST
Horst Rückle: "Körpersprache für Manager". Verlag Moderne Industrie, Landsberg 1998. 464 S., geb., 79,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Benimm und Selbsterkenntnis: Der Körpersprachenlehrer Horst Rückle läßt Manager und Hostessen Haltung einnehmen
Die Schultern hochzudrücken, den Hals einzuziehen gilt gemeinhin als Zeichen der Unsicherheit. Schon Quintilian rät, diese Haltung zu vermeiden, und nennt sie in seiner "Ausbildung des Redners" kurzerhand sklavenhaft. Überlegungen und Ratschläge, wie eine Rede- oder Gesprächssituation körpersprachlich erfolgreich zu meistern sei, sind von jeher fester Bestandteil der Rhetorik und Anstandsliteratur. Nicht anders als etwa zu Zeiten der Hofkultur absolutistischer Prägung stellen sie den Doppelvorteil einer überzeugenderen Selbstdarstellung und genaueren Fremdeinschätzung in Aussicht. Der Hofmann von heute heißt Manager, das Parkett ist glatt wie gehabt, Rettendes wächst im Rhetor als Coach.
Horst Rückle, langjähriger Trainer für Führungskräfte, hat ein Lehrbuch der Körpersprache verfaßt, das durch pointierte Beschreibungen und lexikalische Übersichtlichkeit besticht. Öffnungsgrade der Augen und des Mundes, Blickgesten, Formen des Lächelns und Lachens, Ausdrucksmöglichkeiten des Kopfes, Haltungen der Arme, der Hände und Finger, Berührungsgesten, Formen des Gehens und Sitzens, dies und mehr wird sowohl im Allgemeinen verhandelt wie im Besonderen rollenspezifischer Situationen. Fotoanalysen prominenter Politiker und Manager illustrieren das Beschriebene und führen zugleich in die konkrete Anwendung der Deutungsmethode ein. Daß zusammengekniffene Augen auf Konzentration verweisen, vor der Brust gekreuzte Arme ein Abwehrsignal sind, Winken mit zugekehrter Handfläche für Offenheit steht und in der Sitzhaltung gespreizte Beine den Eindruck der Unbekümmertheit erwecken, dürfte zwar zum allgemeinen Erfahrungswissen gehören. Dieses Wissen jedoch aus seiner Diffusität zu heben und zu nuancieren, ist Rückles Lehrbuch geeignet wie wenige. Benutzt man es überdies als Lexikon einer Ikonographie der Bildprodukte von Werbung und Politik, ist der Gewinn reich bemessen. Vorbehalte hingegen melden sich gegenüber der wissenschaftlichen Aufbereitung an.
In der Hauptsache orientiert sich Rückle an der Verhaltensforschung von Irenäus Eibl-Eibesfeldt und Desmond Morris, mithin an der Grundannahme einer erbgeprägten Universalgrammatik des Körperausdrucks, die trotz kultureller Überformung sichere Bedeutungszuschreibungen ermöglicht. Größere Deutungsgenauigkeit nonverbaler Kommunikation im Verbund mit eigener Darstellungskompetenz, meint Rückle, lasse zugleich die Erfolgsaussicht steigen, was Kundengespräche, Geschäftsverhandlungen oder das Führen von Mitarbeitern betrifft. Dies unterschlägt zum einen das Problem der Beobachtung des Beobachters bei symmetrischer Wissensverteilung und Wissensumsetzung. Manager oder Politiker kommunizieren in der Berufswelt schließlich mit Managern oder Politikern. Zum anderen stellt sich die Frage, wie hoch die Relevanz des Körpersprachlichen zu veranschlagen ist. Typberater hin, Coach her: Wenn es bei Geschäftsverträgen, Beförderungen oder Regierungswahlen Ernst wird, erfolgt die Entscheidung im Regelfall nach Sachkriterien.
Zudem zeigt die Alltagserfahrung, daß sich das Gebaren des Gegenübers in der Wahrnehmung nach dem ersten Eindruck verschleift. Selten sind Mimik und Gestik im Fluß des Gesprächs so hoch bedeutsam und eindeutig, wie sie sich in einem fotografisch festgehaltenen Moment darstellen oder gar in einem bis ins Detail kalkulierten Plakat oder Werbespot. Gegen Ende übrigens, wenn Rückle Ratschläge nicht mehr für Manager gibt, sondern für das Standpersonal von Messen, tritt unversehens jene Tradition des Anstands zutage, über die er zugunsten der Verhaltensforschung kein Wort verliert. "Schmuck, falls er auf der Messe getragen wird, darf nicht aufdringlich oder störend wirken", ermahnt der Autor und hätte ergänzend Quintilian zitieren können: "Die Hand soll nicht mit Ringen überladen sein, zumal nicht mit solchen, die höher sitzen als auf dem mittleren Fingerglied." RALF DROST
Horst Rückle: "Körpersprache für Manager". Verlag Moderne Industrie, Landsberg 1998. 464 S., geb., 79,- DM.
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