Als "behindert" geltende Körper werden sozial und kulturell hervorgebracht. Welche Texte schreiben aber den behinderten Körper - einen Körper, der stets vergeschlechtlicht, sozial klassifiziert und kulturell entworfen ist? Diskursanalytische Interpretationen narrativ-biografischer Interviews mit Frauen verweisen auf strategische Lesarten des behinderten Körpers. Dabei werden Ambivalenzen in der Identitätsarbeit sichtbar und Verschiebungen der Schnittfelder von race, class, gender und body offen gelegt. Dem Diskursfeld Behinderung in Deutschland wird so eine kulturwissenschaftliche Perspektive mit behinderungspolitischer Brisanz nahe gelegt.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Menschen mit Behinderungen sind nicht nur Menschen mit Behinderungen, referiert Rezensent Christian Mürner eine zentrale Aussage der Autorin, sie sind in erster Linie Menschen und mit vielen "Identitätspartikeln" ausgestattet. Die Sozialwissenschaftlerin Bruner stelle in ihrem Buch Interviews mit acht körperbehinderten Frauen vor, begleitet von einem "beeindruckend differenzierten und selbstkritischen" theoretischen Teil. Die Fragestellung richte sich auf die Bedeutung von Körper und Behinderung in den Biografien von Frauen. Und hier, so der Rezensent, hebe die Autorin hervor, dass Behinderung nicht zwangsläufig zu einer "bestimmten Lebenssituation" führe. Behinderungen seien "Differenzkategorien" und keine kennzeichnenden Merkmale, und sie würden beständig neu "ausgehandelt". Die Autorin weise darauf hin, dass der Behinderungsgrad selbstverständlich auch für die Frauen in ihren Interviews ein Kriterium zur Abgrenzung und Positionierung darstelle. Die Studie von Claudia Franziska Bruner und insbesondere die Interviews vermitteln dem Rezensenten den Eindruck einer hier und da "zerrinnenden Unterscheidung" zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen. "Sie geraten in ein kommunikatives Verhältnis."
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Gehalt dieses Buches wird in der sehr ausführlichen Bearbeitung des Interviews mit acht körperbehinderten Frauen deutlich. Diese Ausarbeitung eröffnet Ausblicke auf die vielen verschiedenen Fassetten, in denen der Körper ins Gespräch kommt.« Nina Degele, Sigrid Schmitz, Soziologische Revue, 1 (2007) »Bruner vermag es, unmittelbare Einblicke in die Lebensgeschichten der Frauen zu vermitteln [...]. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der vorliegenden Studie ist, dass die sozialwissenschaftlichen Argumentationen sich vom Individuum und gesellschaftlich konstruierter Zugehörigkeit (behindert/nicht behindert) wegbewegen muss, hin zur Aufmerksamkeit auf Interaktionen und Diskurse um Behinderung, die die Verhandlungsorte darstellen [...].« Anke Lipinsky, Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde, 51 (2006) »Die Körperspuren der Autorin Claudia Franziska Bruner gehören zum Repertoire der Sektion 'Biografik - Lebensgeschichten'; denn sie beleuchten auf eindrückliche Weise die sozialen Dynamiken zwischen dem besonderen Körper (S.91) und dem (weiblichen) Geschlecht.« Prof. Dr. Ulrike Schildmann, www.querelles-net.de, 18/3 (2006) Besprochen in: Frankfurter Rundschau, 21.09.2005, Christian Mürner Schlangenbrut, 95 (2006), Dorothee Wilhelm Bibliotheks-Nachrichten, 9 (2006)