Magersucht, das ist die landläufige Bezeichnung für die Krankheit Anorexia nervosa, an der viele Mädchen und junge Frauen erkranken und deren genauen Ursachen bis heute unbekannt sind, so wie man auch keine sicheren Heilmethoden kennt. Mit ihrem Buch „Körperwahrnehmung – Einstellungen zum Körper
bei Mädchen mit Anorexia nervosa in der Adoleszenz“ betrachtet Dr. Martina Obrock vor allem den Aspekt…mehrMagersucht, das ist die landläufige Bezeichnung für die Krankheit Anorexia nervosa, an der viele Mädchen und junge Frauen erkranken und deren genauen Ursachen bis heute unbekannt sind, so wie man auch keine sicheren Heilmethoden kennt. Mit ihrem Buch „Körperwahrnehmung – Einstellungen zum Körper bei Mädchen mit Anorexia nervosa in der Adoleszenz“ betrachtet Dr. Martina Obrock vor allem den Aspekt des Verhältnisses zum eigenen Körper bei den Erkrankten.
Grund hierfür sind ihre langjährigen Erfahrungen aus der Arbeit in Einrichtungen zur Behandlung von essgestörten Patienten und die Berichte der Patientinnen ihrer psychotherapeutischen Praxis, deren Schwerpunkt die Behandlung von Anorexia nervosa-Patientinnen ist. Immer wieder hörte sie die Klientinnen davon sprechen, kein Gefühl für ihren Körper zu haben. Mit Hilfe einer Vergleichsstudie untersuchte sie daher diesen Aspekt. Der Gruppe der erkrankten Jugendlichen, wurden zwei Vergleichsgruppen gegenübergestellt: gesunde Mädchen und im Verein sportlich aktive Mädchen. Die Befragung erfolgte durch Interviews und Fragebögen, beides in Form von offenen Fragen.
Als Dissertation ist das Buch zwar eine wissenschaftliche Arbeit, doch sind Sprachstil und Wortwahl derart, dass der Titel auch für Laien verständlich ist. Er stellt eine fundierte Informationsquelle für Interessierte, Therapeuten, Ärzte, Betroffene und deren Angehörige dar. Dazu trägt bei, dass vor der Darstellung der Studie zunächst einmal das Krankheitsbild inklusive Geschichte und Ursachenforschung erläutert wird und dass viele Aspekte durch konkrete Patientinnenbeispiele dargestellt werden.
Anorexia nervosa ist eine seit Jahrhunderten bekannte Krankheit, deren Ursache unter anderem in einer bestimmten Familiensituation (dominante, intelligente Mutter, die ihr Potential nur im Haushalt einsetzt) gesehen wird. Diese Annahme kann die Untersuchung nicht unbedingt unterstützen. Auch einen Einfluss der Medien und der Familie als Ursache kann nicht nachgewiesen werden. Die Untersuchung zeigt aber, dass die Erkrankten sich als Kinder stark mit ihrer Weiblichkeit identifiziert haben, während sie diese nun eher ablehnen. Ihre Äußerungen weisen auf ein Ausblenden des Themas Sexualität hin, was bei den Vergleichsgruppen nicht feststellbar war.
Vor allem bei den sportlich aktiven Mädchen zeigte sich ein positives Bild des eigenen Körpers, dass sich eher an gesundheitlichen Aspekten als an Idealbildern orientiert. Daher fordert Dr. Martina Obrock Präventionsarbeit durch verstärkte sportliche Aktivitäten in Kindergärten und Schulen und natürlich die Körperarbeit als unbedingtem Bestandteil der Therapie für die Erkrankten. Nur wenn die Patientinnen wieder ein angemessenes Gefühl für ihren Körper entwickeln, kann eine Heilung erfolgen. Dabei ist es wichtig auf Übungen der Körperwahrnehmung zu setzen und nicht auf Sport, der starke Kalorienverbrennung fördert, da dieser von den Patientinnen zu diesem Zweck oft betrieben wird.
Neben der Definition und der Vorstellung der Krankheit, der Studie und der aus ihr resultierenden Schlussfolgerungen stellt die Autorin auch einige interessante deutsche Projekte zu Prävention und Therapie vor.
Den Anhang bilden neben einem umfangreichen Literaturverzeichnis auch Internetadressen, Anschriften von Selbsthilfegruppen, Kliniken, Verbänden, Wohngruppen und Zeitschriften, so dass der interessierte Leser Hilfe und Möglichkeiten zur vertiefenden Beschäftigung mit dem Thema findet.
Ein Buch, das praktisch orientierte Einblicke in Krankheit und Therapie der Magersucht bietet.
S. Brink