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Produktdetails
  • Verlag: Brandstätter
  • Seitenzahl: 248
  • Abmessung: 325mm x 248mm x 20mm
  • Gewicht: 1882g
  • ISBN-13: 9783854981237
  • Artikelnr.: 09923208
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2002

Wiener Alleskönner
Ein Hoch auf das Gesamtkunstwerk: Koloman Moser, Maler, Graphiker und Designer, lebte es wie kein anderer

VON DANIELA GREGORI

Koloman Moser war ein echtes Kind des Wiens um 1900. Sicherlich denkt man im Bereich der Malerei zu erst an Gustav Klimt, wahrscheinlich wird man Josef Hoffmann im Design und Möbelentwurf eine größere Popularität zugestehen, und möglicherweise wird es Alfred Roller sein, der als innovativer Bühnengestalter in den Sinn kommt. Doch keiner hatte so vielfältige Talente und verfolgte die Idee der gesamten Durchdringung von Kunst und Leben so konsequent wie Koloman Moser.

Seine Domäne war neben der Malerei, dem Design und der Gestaltung von Bühnen, Räumen oder Ausstellungen vor allem die Gebrauchsgraphik. Er gestaltete Bücher und deren Einbände, Kalender und Ausstellungsplakate, entwarf Anzeigen, Briefmarken, Banknoten und Signets aller Art - ein Engagement, für das Koloman Moser von Hermann Bahr mit der Bezeichnung "Tausendkünstler" geadelt wurde.

Maria Rennhofer hat nun den äußerst geglückten Versuch gestartet, "aus den vielen Steinchen der persönlichen Lebensumstände, den künstlerischen Begegnungen und der vielseitigen Kreativität ein Mosaik seiner faszinierenden Künstlerpersönlichkeit zusammenzufügen". Kenntnisreich beschreibt sie eine Biographie, die - wäre es nach seinen Eltern gegangen - eine kleinbürgerliche geblieben wäre. Eine kaufmännische Karriere, so beschloß der Vater, der selbst Hausverwalter des Wiener Nobelgymnasiums Theresianum war, sollte der 1868 geborene Sprößling einschlagen. Doch auf den Wunsch des Sohnes nach einer künstlerischen Ausbildung reagierte er erstaunlich tolerant. Bereits in seiner Kindheit lernte Koloman Moser gleichsam im Spiel von den Handwerkern des Gymnasiums deren Profession: Er lernte Bücher und Sträuße binden und den Umgang mit Stoff, Holz und Metall; alles Kenntnisse, die ihm Jahre später von größtem Nutzen sein sollten.

Heimlich nahm er Zeichenunterricht, und ebenso heimlich schaffte er mühelos die Aufnahmeprüfung für die Akademie der bildenden Künste. Als sein Vater 1888 starb, finanzierte er sein Studium mit Illustrationen für diverse Zeitschriften. Nach dem Wechsel an die Kunstgewerbeschule bot der Zeichenunterricht für die Söhne des Erzherzogs Carl Ludwig eine zusätzliche Einnahmequelle.

Was kurz darauf folgte, ist längst Kunstgeschichte: An der Gründung der Wiener Secession im Jahr 1897, der Gestaltung des Ausstellungsgebäudes und der Herausgabe der Zeitschrift "Ver Sacrum" war er ebenso federführend beteiligt wie an der 1903 gemeinsam mit Josef Hoffmann und dem Bankier Fritz Waerndorfer konstituierten Wiener Werkstätte. Der künstlerischen Karriere folgte ein gesellschaftlicher Aufstieg, als der "Gesamtkunstwerker" 1905 Ditha Mauthner Markhof ehelichte, ihres Zeichens künstlerisch ambitionierte Millionärstochter. Maria Rennhofer gelingt es, in dem reichbebilderten Band nicht nur die Vielfalt von Mosers Talenten anschaulich zu darzustellen, sondern vermag es auf subtile Weise, die nichtkünstlerischen Qualitäten eines Mannes herauszuarbeiten, dessen größte Stärke möglicherweise eine menschliche war: Vollkommen fern von Eitelkeit oder Neid, fungierte er als Ideengeber, setzte seine Kontakte zu Financiers, Auftraggebern und Käufern sowohl für seine Kollegen als auch für seine Schüler an der Kunstgewerbeschule ein. Viel mehr als um Ruhm und Ehre schien es Moser um die Verwirklichung seiner Ideen zu gehen.

In den letzten zehn Jahren seines Lebens, nach dem Austritt aus der Wiener Werkstätte, wandte sich Koloman Moser wieder der Malerei zu, einem Metier, das zwar seiner Ausbildung entsprach, doch an dem er sich stilistisch wie theorethisch am meisten abarbeitete. Erinnerten die Werke anfangs noch an Carl Moll, Marie Egner oder Tina Blau, so fand er am Ende seines Lebens einen eigenen künstlerischen Ausdruck in der Nähe Ferdinand Hodlers. Der leichten Lektüre von Nestroy oder Abraham a Sancta Clara folgte zuerst Goethes "Faust", dann seine Farbenlehre, in der er alle Geheimnisse seiner Kunst theoretisch vorweggenommen sah. In seinem künstlerischen Schaffen schloß sich mit der Malerei ein Kreis - doch jener innovative Durchbruch, den Koloman Moser auf dem Gebiet der Graphik und der angewandten Kunst erreichte, blieb ihm in der Malerei, der "Königsdisziplin", verwehrt. Der Kunstmarkt weiß aber auch seine Malerei zu schätzen: zum Beispiel wurde 1998 in London sein Gemälde "Bloomberg" für 40 000 Pfund versteigert.

Maria Rennhofer: "Koloman Moser, Leben und Werk 1868-1918", Christian Brandstätter Verlag, Wien 2002. 240 S., 155 Farb- und 40 Schwarzweißabb., geb., 72 Euro.

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