Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die koloniale Globalisierung in Hamburg ihren Höhepunkt: Die Speicherstadt entstand, der Hafen wurde erweitert und auf Schiffen kamen immer mehr neue Massenprodukte wie Kaffee und Kakao in die Hansestadt, während sich für die Weiterverarbeitung von Rohstoffen wie Kautschuk und Palmöl eigene Industrien bildeten. Aber nicht nur für den Warenumschlag war der Hafen ein zentraler Schauplatz, auch die Menschen wurden immer mehr von der kolonialen Mobilität erfasst: Hier kamen u.a. Äthiopier, Singhalesen und Somalier an, die in Hagenbecks »Völkerschauen« vorgeführt wurden, und von hier wurden Tausende Soldaten für den Krieg in »Deutsch-Südwestafrika« und den Völkermord an den Herero und Nama verschifft. Die Geschichten der Menschen, die in ihren Heimatländern koloniale Gewalt, Enteignung und Vertreibung erleben mussten, blieben dagegen in Hamburg weitgehend unsichtbar. Dass sich ein erheblicher Teil des Reichtums der Hansestadt auf ihr Schicksal gründete, bleibt bis heute oft ungesehen. Im Stadtbild unübersehbar sind aber die baulichen Spuren dieser Vergangenheit als Kolonialmetropole, sei es in Gestalt des MARKK, des Hauptgebäudes der Universität oder von Denkmälern und Straßennamen, in denen der Kolonialismus ein umkämpftes Nachleben führt. Dieser Stadtführer stellt die Schauplätze der kolonialen Vergangenheit Hamburgs plastisch vor Augen und führt anhand von vier Stadtteilrundgängen und zwei Radtouren zu einem verdrängten Teil der Stadtgeschichte, dessen Aufarbeitung gerade erst begonnen hat.