20,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 2-4 Wochen
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Giorgio Manganellis späte Erzählungen sind zugleich seine schönsten und mutigsten: skurrile Geschichten über die Nacht, den Wald, über Himmel und Erde.Wie sehen die Schweife der Kometinnen aus? Das hängt von ihren Friseuren ab, weiß Manganelli. Und er weiß noch mehr: Ortlos reisen sie im All umher, immer bereit zu einem Abenteuer mit dem einen oder anderen strahlenden Kometen. Dabei ist das ganze Glück der Kometengeschlechter nur der Verbindung zweier Sprachen zu verdanken, der deutschen (wo es der Komet heißt) und der italienischen (wo es la cometa, die Kometin, heißt).Das Spiel mit Sprache…mehr

Produktbeschreibung
Giorgio Manganellis späte Erzählungen sind zugleich seine schönsten und mutigsten: skurrile Geschichten über die Nacht, den Wald, über Himmel und Erde.Wie sehen die Schweife der Kometinnen aus? Das hängt von ihren Friseuren ab, weiß Manganelli. Und er weiß noch mehr: Ortlos reisen sie im All umher, immer bereit zu einem Abenteuer mit dem einen oder anderen strahlenden Kometen. Dabei ist das ganze Glück der Kometengeschlechter nur der Verbindung zweier Sprachen zu verdanken, der deutschen (wo es der Komet heißt) und der italienischen (wo es la cometa, die Kometin, heißt).Das Spiel mit Sprache und Stil kennzeichnet auch die anderen in diesem Band gesammelten, bislang unveröffentlichten Erzählungen, die zwischen 1979 und 1986 entstanden sind. Sie zeigen Manganellis Erfindungslust und seinen barock-ironischen Stil auf dem Höhepunkt.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Giorgio Manganelli, 1922 in Mailnd geboren, übersiedelte 1953 nach Rom und studierte englische Literatur. er war Mitbegründer des "gruppo 63", einflussreicher Kritiker und notorischer, 'freier Schriftsteller'. 1990 starb er in Rom.

Marianne Schneider, geboren in München, ist seit 1980 Übersetzerin literarischer Texte aus dem Italienischen und gelegentlich aus dem Französischen. Neben sprachschöpferischen Gegenwartsautoren hat sie Renaissance-Klassiker und essayistische Werke übersetzt und sich als Herausgeberin u.a. von Leonardo da Vinci betätigt. Sie lehrte an der Europäischen Schule für literarische Übersetzung in Bozen und Florenz. 2009 erhielt sie den "Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis" für ihr Lebenswerk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.1998

Lockenwald mit Aroma
Märchenhaft: Giorgio Manganelli verzaubert die Nacht

Ein sehr merkwürdiges Buch - man ist beim Lesen immer wieder in Gefahr, im Autor einen phantasievollen Spinner zu vermuten. Wäre da nicht eine eigentümliche Intensität, etwas Bohrendes. Giorgio Manganelli, der im Jahre 1990 achtundsechzigjährig starb, ist ein sehr respektierter Autor. Er selbst sah sich als "Randerscheinung". Von der realistischen Schreibweise setzte er sich ab und verlangte in seinem Essay "Literatur als Lüge" (1967), Dichtung müsse "total vieldeutig, nach allen Richtungen lesbar . . ., unausschöpflich und unsinnig" sein. Er schrieb viele Essays, Beiträge für Zeitungen; seine literarischen Arbeiten schwanken zwischen Erzählung und Traktat. Es fehlt ein dicker Roman. Fehlt er? Jedenfalls hat er keinen geschrieben.

In diesem Bändchen wurden zehn kurze Prosastücke aus dem Nachlaß zusammengestellt. Es erschien in Italien 1996 unter dem Titel "La notte". Die deutsche Ausgabe, so teilt die knappe Nachbemerkung mit, weiche vom Original "in Auswahl und Reihenfolge" ab, was nicht leicht zu verstehen ist - enthält sie auch Texte, die nicht im italienischen Band sind? Daher - dies ist nun wieder keine Begründung - habe man einen anderen Titel gewählt. "Die Nacht" ist aber doch, sollte man meinen, ein sehr schöner Titel.

Der deutsche Titel spielt auf die Erzählung an, die diese Auswahl an die erste Stelle setzt: "Kometen und Kometinnen". Diese erzählerische Meditation ist unter allen hier versammelten die heiterste und harmloseste - stellenweise ist sie gar leicht albern. Es gibt, teilt uns der Autor mit, unter den Kometen "Weibchen und Männchen, Kometen und Kometinnen, blühender Leidenschaften fähig, doch den bescheidenen häuslichen Pflichten abgeneigt . . .". Die Kometinnen legen unter anderem Wert auf einen guten Coiffeur: "Einige Figaros aus dem Süden haben es zu einer wahren Kunst in der Erzeugung langer extravaganter Schweife gebracht, die sich lockig mitten durch die Himmel schlängeln. Friseure aus dem Norden schaffen klassische strenge Figuren: viel Licht an den Schläfen und Dunkel über dem Scheitel. Orientalische Friseure erfinden epische, lyrische und dramatische Haarmähnen, aromatische Lockenwälder." Man sieht: das ist präzis, ohne Schwerfälligkeit, poetisch (nur halt vielleicht etwas albern). Und Marianne Schneider hat sehr gut übersetzt. Ganz unvermeidlich - was aber wäre da zu machen? - muß all dies trotzdem auf italienisch noch weit anmutiger sein. In dieser Geschichte geht es um Halleys Entdeckung des gleichnamigen Kometen. Das war 1682; in diesem Jahr heiratete Halley, also suchte er Stetigkeit auch am Himmel und sagte die Wiederkehr der Kometin (der "Halley", muß man wissen, ist nämlich weiblich) für das Jahr 1759 voraus. Wirklich: das ist hübsch, aber etwas harmlos.

Gleich die nächste Erzählung "Erwachen" ist dann aber ganz anders: da werden verschiedene "Erwachen" (genau: elf) geschildert, jedesmal mit "ich" (zum Beispiel: "Ich erwache in Ketten; sie haben mich also gefangen . . ."). Und da ist nun gar nichts mehr albern. Das ist ernst, schön, in der Sprache üppig und genau, sinnlich, sehr sogar, aber auf kalte Weise, es fehlt auch nicht die Schönheit des Häßlichen; etwas mystisch ist das Ganze, aber ohne eigentliche Hinterwelt, eher, so ahnt man, nihilistisch, insgesamt jedenfalls sehr gescheit und philosophisch. Die üblichen zwei Kennzeichnungen für Manganelli sind "barock" und "manieriert". Ich finde aber, daß beide - zumindest hier - kaum treffen. Die Nacht ist dem Autor wichtig, aber nicht die "blaue" romantische Nacht, eher schon die "braune" Dantes. Der Erzähler spricht von der "substantiellen Nacht", einer "Substanz-Nacht" und schildert sie durchaus unheimlich in der Erzählung - bleiben wir bei diesem hier eher unpassenden Ausdruck - "Bewohner der Nacht" und dann auch in dem "Nachtrag zu den Anmerkungen über die substantielle Nacht". Besonders eindrucksvoll auch die Stücke "Haus", "Der Wald" und "Der Geist der Beschreibung". Letzteres erinnert nicht nur im Titel an den "Geist der Erzählung" im "Erwählten" des späten Thomas Mann - das Motiv ist aber hier in anderer Richtung weitergesponnen.

Natürlich sind dies alles "philosophische" Erzählungen oder Märchen; sie sind aber durchaus anders als die Voltaires, die so heißen: sie sind nämlich ganz, fast ganz ohne Heiterkeit, abgesehen von derjenigen, die in der sprachlichen Präzision liegt. Vielmehr sind sie ernst, oft düster, kreisend und bohrend. Eine gewisse anmutige Beschwingtheit schließt dies nicht aus. Man kann das Bändchen nicht einfach durchlesen, man muß es sich immer wieder vornehmen, sich ihm wieder aussetzen; schließlich kommt man gar nicht mehr leicht von ihm los, sieht sich eingehüllt in die nur schwach erleuchtete Nacht dieses narrativen Meditierens und und findet es gar nicht mehr so eigenartig, daß irgendein Himmelskörper sich umständlich überlegt, ob er ein Planet ist oder ein Mond oder ein Komet oder eine Sonne oder eine ganze Galaxie oder auch ein schwarzes Loch. Und dann beschreibt er sich nacheinander erst als Berg, dann als See und dann als Stein. Endlich aber als Teppich. Nun, Teppich ist ein anderes Wort für Text, denn "Text" heißt ja Gewebe. Ein merkwürdiges Buch. HANS-MARTIN GAUGER

Giorgio Manganelli: "Kometinnen und andere Abschweifungen". Aus dem Italienischen übersetzt von Marianne Schneider. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1997. 160 S., geb., 32,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr