Die alte Martha hat es nicht leicht, allein auf ihrer Alm. Das Schwein Emil hält sie sich, damit sie im Winter genug zu essen hat. Als sie Emil zum Schlachter bringen will, spürt er sofort, dass etwas nicht stimmt. Und auch Martha kommt ins Zweifeln. Doch vor dem Schlachthaus ist sie sich sicher: Dort wird sie Emil niemals hinbringen! Und der nächste Winter? Wer Gutes tut, dem geschieht auch Gutes - so ist es jedenfalls bei Martha. Hans Traxler erzählt diese rührend-komische Geschichte mit einem Augenzwinkern und vielen farbigen Bildern von Emil, dem Schwein, das nochmal Schwein gehabt hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2004Das harte Naturgesetz
Hans Traxler erzählt lakonisch vom Überleben in den Bergen
Für Uli Hoeneß ist Wurst was Schönes. Doch Marthas Schwein ist auch nicht klein. Es heißt Emil und wohnt bei Martha auf der Alm. Im Kuhstall, wo keine Kühe mehr stehen. Martha ist alt, arm und meistens hungrig. Emil bekommt genug zu fressen. Er soll fett werden. Wenn der Sommer ins Land gegangen ist, will Martha Emil schlachten lassen, was sie ihm nicht verschweigt. Wie Eheleute jenseits der Goldhochzeit haben diese beiden Hausgenossen keine Geheimnisse mehr voreinander. Eines Tages ist es soweit. Martha bindet Emil eine Leine an den Huf und zieht mit ihm hinab ins Tal. Emil marschiert voran.
Hans Traxler erzählt eine einfache Geschichte auf denkbar einfache Weise. Denn das einfache Leben dort oben auf den Bergen steht unter dem einfachsten aller Gesetze: Das Leben in der Natur ist grausam, und zu essen findet man nichts. Daß der Schöpfer ein sparsamer Hausvater sein muß, bringen die fahlen Farben zur Anschauung: Dem Schweinchen geht das Rosige ab, und der Himmel ist nicht himmelblau, sondern so weiß wie die Autobahnbrücke. Die Zivilisation zerstört die Natur nicht, die nichts anderes ist als der Kreislauf der Verwertung. Nur die satten Gelbtöne der erleuchteten Dorfladenfenster verheißen Wärme. In dem Andachtsbild über Marthas Bett hat der Maler dem Ährenfeld, durch das Christus schreitet, diese Farbe gegeben. So anrührend das Detail ist - der Vergleich mit dem Kollegen rückt erst recht ins Licht, daß Traxler keine bessere Welt verspricht. Daß am Ende eine Ausnahme vom Gesetz gemacht wird, hebt es nicht auf. Martha und Emil bleiben auf der Alm. Etwas Besseres als den Tod finden sie nirgendwo.
PATRICK BAHNERS
Hans Traxler: "Komm, Emil, wir gehn heim!" Hanser Verlag, München 2004. 42 S., geb., 14,90 [Euro]. Für jedes Alter.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hans Traxler erzählt lakonisch vom Überleben in den Bergen
Für Uli Hoeneß ist Wurst was Schönes. Doch Marthas Schwein ist auch nicht klein. Es heißt Emil und wohnt bei Martha auf der Alm. Im Kuhstall, wo keine Kühe mehr stehen. Martha ist alt, arm und meistens hungrig. Emil bekommt genug zu fressen. Er soll fett werden. Wenn der Sommer ins Land gegangen ist, will Martha Emil schlachten lassen, was sie ihm nicht verschweigt. Wie Eheleute jenseits der Goldhochzeit haben diese beiden Hausgenossen keine Geheimnisse mehr voreinander. Eines Tages ist es soweit. Martha bindet Emil eine Leine an den Huf und zieht mit ihm hinab ins Tal. Emil marschiert voran.
Hans Traxler erzählt eine einfache Geschichte auf denkbar einfache Weise. Denn das einfache Leben dort oben auf den Bergen steht unter dem einfachsten aller Gesetze: Das Leben in der Natur ist grausam, und zu essen findet man nichts. Daß der Schöpfer ein sparsamer Hausvater sein muß, bringen die fahlen Farben zur Anschauung: Dem Schweinchen geht das Rosige ab, und der Himmel ist nicht himmelblau, sondern so weiß wie die Autobahnbrücke. Die Zivilisation zerstört die Natur nicht, die nichts anderes ist als der Kreislauf der Verwertung. Nur die satten Gelbtöne der erleuchteten Dorfladenfenster verheißen Wärme. In dem Andachtsbild über Marthas Bett hat der Maler dem Ährenfeld, durch das Christus schreitet, diese Farbe gegeben. So anrührend das Detail ist - der Vergleich mit dem Kollegen rückt erst recht ins Licht, daß Traxler keine bessere Welt verspricht. Daß am Ende eine Ausnahme vom Gesetz gemacht wird, hebt es nicht auf. Martha und Emil bleiben auf der Alm. Etwas Besseres als den Tod finden sie nirgendwo.
PATRICK BAHNERS
Hans Traxler: "Komm, Emil, wir gehn heim!" Hanser Verlag, München 2004. 42 S., geb., 14,90 [Euro]. Für jedes Alter.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Unspektakulär still, aber dennoch "herzerwärmend" erscheint Hella Kemper das Bilderbuch des Cartoonisten Hans Traxler. Die Geschichte erzählt den Alltag der alten Martha, die mit Schwein Emil in einer Berghütte noch im Einklang mit der Natur ihre Zeit verbringt und dem Himmel näher als den Menschen steht. Das Buch erinnere an eine andere Welt und spreche mit "altmodisch aufrichtiger Geradlinigkeit" von einer Zeit, da das Kotelett noch vom Schwein stammte und "die Erbsen in Schoten, nicht in Dosen" groß wurden. Ohne jeden Zynismus erzähle und zeichne Traxler, mit "wissender Unschuld", ohne Naivität, aber aus einer "zutiefst humanen" Perspektive. Ob Topflappen mit Häkelrand, Nachttopf unter dem Bett oder Tierspuren im Schnee - bei Traxler "gibt es sie noch, die guten Dinge und Menschen." Einfach, aber schön.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Hans Traxler hat einem rührenden Schweinchen namens Emil in seinem neuen Bilderbuch die Charakterrolle zugedacht... Traxler brilliert mit einer eigenwilligen Mischung aus satirischem Biss und kindlicher Poesie."
Martin Scholz, Frankfurter Rundschau, 23.03.04
Martin Scholz, Frankfurter Rundschau, 23.03.04