„Das Beste bei einer Party ohne Ende ist, dass man Zeit hat. Endlos Zeit. Man kann sich auf einen Steg legen und sich in den Sternen verlieren, wieder zurückfinden und sich einen Drink holen. Und noch einen Drink.“ S.74
Ich bin in Berlin (wo ich schonmal sehr gern bin) am Wannsee (auch schön), es
ist ein lauer Frühlingsabend, vor mir liegt eine Wiese, der Duft von Flieder hängt in der Luft, auf…mehr„Das Beste bei einer Party ohne Ende ist, dass man Zeit hat. Endlos Zeit. Man kann sich auf einen Steg legen und sich in den Sternen verlieren, wieder zurückfinden und sich einen Drink holen. Und noch einen Drink.“ S.74
Ich bin in Berlin (wo ich schonmal sehr gern bin) am Wannsee (auch schön), es ist ein lauer Frühlingsabend, vor mir liegt eine Wiese, der Duft von Flieder hängt in der Luft, auf der Wiese lädt eine lange Tafel in der sinkenden Abendsonne zu Essen und Trinken ein, Musik läuft, zu deren Takt sich meine Freund:innen in entspannte Stimmung wiegen, während sie plaudern, lachen, trinken, mitsingen. Hey, ich fühl mich wohl. Gleich auf den ersten Seiten bin ich zu Hause, tauche ein in diese Atmosphäre.
Sich überlassen, sich verbinden, den Alltag vergessen, den Verheißungen einer durchfeierten Nacht ausliefern. Die Zeit anhalten, die immer so schnell rast, die wir verprassen, mit der wir so großzügig umgehen, als hätten wir Ewigkeiten davon.
Aber können wir das heute noch? Müssen wir uns nicht gerade in solchen Nächten gewahr werden, wie absurd das ist? Wie wir die Zeit versuchen zu vertreiben, anstatt sie zu nutzen, anstatt hinzuschauen wie die Welt, wie wir, den Boden unter den Füßen verlieren?
Diese eine Nacht in der Gemeinschaft guter Freunde schreitet von Kapitel zu Kapitel, von Stunde zu Stunde voran. Lucia Jay von Seldeneck lässt uns teilhaben an diesem „Dazwischen“ zwischen Alltag, Vergessen, Verdrängen und Weitermachen. Sie nimmt uns mit in die tiefe Dunkelheit außerhalb des Lichtkegels. Denn es gibt da noch den See, das Unergründliche, die Nixe und die Tiefe und von einem auf den anderen Moment ist jede Gewissheit verschwunden. Panik und Zuversicht diskutieren um den längeren Hebel.
Wie die Autorin in einem Interview selbst sagt, hat sie vor allem „ihre eigene Ratlosigkeit“ dazu getrieben, diesen kleinen Roman zu schreiben. Einen Roman, in dem sie auf eine Nacht verdichtet, was uns als Gesellschaft ratlos macht. „Wir haben Angst, dass sich etwas ändert, und wissen dennoch, dass sich etwas ändern muss. Und wird.“ Sagt sie selbst.
Ich hab mich sehr gern auf ihren jungen Stil, auf die Musik ihrer Sprache, auf diesen Tanz durch alle Facetten der Nacht, auch die mystischen, eingelassen, war auch manchmal ein bisschen ratlos, was grad passiert und wo es mich hinführen wird. Ich kann nur sagen: Komm Tanzen!