In den Diskussionen um eine neue Weltordnung, die Konsequenzen der wirt schaftlichen Globalisierung und neue soziale Konfliktfelder gewinnt der Streit um biologische Ressourcen zunehmend an Bedeutung. Diese Ressour cen sind von beachtlichem Wert vor allem für diejenigen Industriezweige, die neuerdings unter dem Stichwort "Li fe Sciences" und mit den Mitteln der modernen Biotechnologien die Bereiche Gesundheit und Ernährung als zen trale Investitionsfelder der Zukunft entdeckt haben. Einrichtungen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) beschäftigen sich seit einigen Jahren ausgiebig mit der Berechnung des wirtschaftlichen Werts von Tropenwäldern, Tierarten, Blütenpflanzen, unterschiedlichen Bo denkulturen und allen Arten von Gewässern. In den zahlreichen Schriften zum Thema Biodiversität, die von diesen Organisationen herausgegeben wer den, läßt sich beispielhaft verfolgen, mit welcher Akribie Umweltökonomen den Wert des pflanzlichen Anteils moderner Medikamente, des Züchtungs materials der Agrarforschung, aber auch den Erholungswert von skandinavi schen Elchjagdgründen in US-Dollars auszudrücken versuchen. Ironischerweise fällt diese spektakuläre wirtschaftliche Aufwertung in eine Zeit, in der natürliche Lebensräume und Ressourcen nach allgemeiner Ansicht ökologisch bedroht sind wie nie zuvor. Die in ihre Bestandteile zer legte, durchgerechnete und bewertete lebende "Natur" wird als ein knapper werdendes Kollektivgut wahrgenommen, als populäres Ziel ökotouristischer Aktivitäten und als Objekt säkularisierter Andacht.
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