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In seinem Werk verbindet Randall Collins eine an die Traditionslinien von Marx und Weber anknüpfende meso- und makrosoziologische Konflikttheorie mit einer emotionssoziologisch fundierten Interaktionstheorie. Auf dieser theoretischen Grundlage hat er inspirierende Beiträge zu unterschiedlichen soziologischen Forschungsfeldern formuliert. Seine Publikationen u.a. zur sozialen Ungleichheit, zur Wissenschaftssoziologie und zur Entstehung und Dynamik des Kapitalismus haben zu fruchtbringenden Diskussionen geführt. Dieser Band versammelt eine Auswahl der wichtigsten und interessantesten Beiträge von Collins.…mehr

Produktbeschreibung
In seinem Werk verbindet Randall Collins eine an die Traditionslinien von Marx und Weber anknüpfende meso- und makrosoziologische Konflikttheorie mit einer emotionssoziologisch fundierten Interaktionstheorie. Auf dieser theoretischen Grundlage hat er inspirierende Beiträge zu unterschiedlichen soziologischen Forschungsfeldern formuliert. Seine Publikationen u.a. zur sozialen Ungleichheit, zur Wissenschaftssoziologie und zur Entstehung und Dynamik des Kapitalismus haben zu fruchtbringenden Diskussionen geführt. Dieser Band versammelt eine Auswahl der wichtigsten und interessantesten Beiträge von Collins.
Autorenporträt
Randall Collins, Ph.D., ist Professor für Soziologie an der University of Pennsylvania.

Der Herausgeber Dr. Jörg Rössel hat eine Professur für Soziologie an der Universität Zürich inne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2013

Gelehrte Räuberbanden

VON JÜRGEN KAUBE

Als der norwegische Mathematiker Niels Henrik Abel 1826 nach Paris fuhr, hatte er in seiner Tasche eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiet der transzendenten Funktionen. Das sind solche, die einen nicht algebraischen Ausdruck wie log, exp oder sin enthalten. Doch nachdem Abel seine Arbeit der Pariser Akademie zur Prüfung übergeben hatte, hörte er bis zu seinem frühen Tod 1829 nichts mehr von ihr. Der Gutachter, Augustin Louis Cauchy, hatte sie angeblich verloren. Etwas Ähnliches erlebte kurz darauf Evariste Galois. Wieder ging eine geniale Lösung irgendwie unter. Auch Galois starb, bevor die Welt von seiner Einsicht erfuhr. In beiden Fällen lag es jedoch nicht darin, dass Cauchy ein schlampiger Nichtskönner war, sondern dass es sich bei ihm um den führenden Mathematiker auf demselben Gebiet handelte.

Der amerikanische Soziologe Randall Collins hält das für typisch. In einer Sammlung seiner Beiträge zur Theorie sozialer Konflikte, die jetzt auf Deutsch vorliegt, findet sich auch sein Aufsatz über "Räuberbarone und Politiker in der Mathematik", in dem das Bild der Wissenschaft als uneigennütziges, kooperatives, der Wahrheit verpflichtetes Unternehmen mehr als Kratzer bekommt. Die Forschung ist für Collins ein einziges Hauen und Stechen, Stehlen und Austricksen, Beneiden und Denunzieren.

Damit stößt Collins ins Horn all derer, die in der Wissenschaft auch keine anderen Mechanismen am Werk sehen als in Politik oder Wirtschaft. Erst im 20. Jahrhundert, so sein Befund, als die mathematische Gemeinschaft sehr groß geworden war und die Spezialgebiete ungeheuer tief reichten, genügte es nicht mehr, ein ehrgeiziges Individuum zu sein. Nach 1900 begannen Mathematiker, gemeinsam zu veröffentlichen. Aber auch danach sei der Motor der Innovation aggressives, konkurrenzorientiertes Verhalten gewesen. Ehrgeiz hatte jetzt nur noch eine Chance, wenn er sich selbstlos gab.

Das kränkt womöglich diejenigen, die tatsächlich selbstlos sind. Außerdem verbindet es Konkurrenz und Aggressivität zu eng. Ein Merkmal der Konkurrenz ist ja gerade, dass man dem Machtkampf ausweicht und Dritte entscheiden lässt. Der wichtigste Einwand gegen Soziologen, die befinden, auch die Wissenschaft sei bloß ein Machtkampf, liegt jedoch in einer Rückfrage: Sollen wir auch die Beiträge von Randall Collins, die das behaupten, nur als Schachzüge in einem Machtspiel lesen?

Randall Collins: Konflikttheorie. Ausgewählte Schriften, Wiesbaden 2012

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