Facetten des gesellschaftlichen Wandels im Umgang mit dem TodDie Jahre 2020/21 bedeuten eine Zäsur für den gesellschaftlichen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer. Die sogenannte Corona-Pandemie holte den Tod aus seinem Versteck und ließ ihn über die tägliche Dokumentation von Infektionen und Sterbefällen zu einer ständig aktua-lisierten Neuigkeit werden.Dramatische Bilder aus Intensivstationen und Berichte von überfüllten Krematorien prägten sich tief in das Gedächtnis ein. Das verstärkte öffentliche Interesse, die Visualisierung und die Alltäglichkeit des Todes treffen dabei auf eine Gesellschaft, in welcher der Diskurs über das Sterben, sowie auch die Symbolik des Todes Konjunktur haben, aus deren Mitte sich der unmittelbar erlebte Tod aber längst zurückgezogen hat.Der ursprünglich als mahnendes Memento mori-Motiv fungierende Totenschädel hat selbst die Laufstege der Haute Couture erobert und Podcasts sowie TV-Themenwochen diskutieren den Tod. Das Sterben selber ist jedoch aus einer öffentlichen Wahrnehmung in die Kranken-häuser und Hospize verlagert worden. Beerdigungen finden nur noch in kleinem Kreis statt, getrauert wird zumeist im Privaten. In einer säkularisierten Welt, in der der Himmel entvöl-kert und der Tod endgültig ist, wird sein Verdrängen intensiver.Ausgehend von Werken aus der Grafiksammlung Mensch und Tod spannt der vorliegende Band einen Bogen von Darstellungen des Todes in der bildenden Kunst über die demografi-sche Entwicklung bis hin zu den dazugehörigen gesellschaftlichen Diskursen vom Spätmittel-alter bis heute.