Heiliges Buch, einmaliges literarisches Werk, Bezugspunkt aller gläubiger Muslime und Grundlage einer der großen Weltreligionen - der Koran. Hartmut Bobzin, einer der bedeutendsten Islamwissenschaftler unserer Zeit, hat die schönsten und wichtigsten Texte des Korans ausgewählt, neu übersetzt und mit kurzen Erläuterungen versehen. Ein bibliophil und kostbar ausgestattetes Lesebuch, dass die Schönheit und Einmaligkeit eines der wichtigsten und einflussreichsten Bücher der Menschheit zeigt und gleichzeitig den inhaltlichen Zugang zu diesem einmaligen Werk erleichtert.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2009Die Kunst der göttlichen Sprache
114 Suren, 6236 Verse: Der Erlanger Islamwissenschaftler Hartmut Bobzin hat den Koran neu übersetzt
Erlangen – So richtig freuen kann sich Hartmut Bobzin über die endlich erledigte Mammutaufgabe noch nicht. Die Anstrengungen der vergangenen Jahre sind noch allzu gegenwärtig: Der Erlanger Islamwissenschaftler hat den Koran aus dem Arabischen neu ins Deutsche übersetzt. Im Februar 2010 erscheinen im Münchner Verlag C.H.Beck die 114 Suren mit 6236 Versen, die Allah, so glauben es die Muslime, dem Propheten Mohammed zwischen den Jahren 610 und 632 nach Christus offenbart hat. Dann wird der 63-jährige Professor der Uni Erlangen-Nürnberg, der sich nahezu sein ganzes Wissenschaftlerleben mit dem heiligen Buch der Muslime beschäftigt hat, sein Hauptwerk in Händen halten – ein Werk, vom dem der Verlag hofft, dass es zum neuen Standard der Koranübertragungen wird. Denn wenn erst einmal an den Schulen flächendeckend Koranunterricht in deutscher Sprache stattfindet, dann werden verständliche Übersetzungen gebraucht.
Bobzin weiß, dass die Erwartungen der Fachwelt hoch sind. Er bezeichnet seine Übersetzung als „Buch für den gebildeten Laien, ob er nun Muslim, Christ oder Jude ist”. Philologisch korrekte Arbeit am Wort, verständliche Erschließung der Textbedeutung und zugleich Wiedergabe der sprachlichen Schönheit des arabischen Originals: eine dreifache Aufgabe, vor der schon mancher Übersetzer kapituliert hat.
Der Argwohn der Gelehrten
Der Lesbarkeit zuliebe hat Bobzin darauf verzichtet, den Text durch Erläuterungen zu zerreißen. Er soll flüssig lesbar sein, schließlich bedeutet das Wort Koran nicht anderes als „Vortrag”. Über Jahrhunderte haben die Muslime ihr heiliges Buch durch Rezitation in sich aufgenommen. Um die dabei erlebte Sprachschönheit auch im Deutschen so gut es eben geht zu erhalten, hat Bobzin seine Übertragung rhythmisiert. Ein berühmter Islam-Übersetzer des 19. Jahrhunderts lässt dabei grüßen: der Dichter Friedrich Rückert, einstmals ebenfalls Orientalistik-Professor in Erlangen.
Islamischer Tradition zufolge ist die Sprachkunst des Koran ein Beweis für seinen göttlichen Ursprung. Das Koran-Arabisch gilt als nicht übertragbar. Wer es dennoch versucht, weiß um den Argwohn islamischer Religionswächter, besonders wenn er westlicher Wissenschaftler und dazu Christ ist. „Natürlich würde mich Anerkennung von dieser Seite freuen”, sagt Bobzin. Aber angewiesen sei er darauf nicht: „Ich brauche keine Unbedenklichkeitsbescheinigung.” Weil es im Islam kein oberstes Lehramt gebe, sei jeder Muslim frei, seine Übersetzung zu lesen.
„Ich gehöre nicht zu den Verneblern”, sagt Bobzin. Es sei dem Übersetzer nicht erlaubt, anstößige Stellen zu beschönigen. Wenn im Koran vom Dschihad die Rede sei, dann sei zwar häufig „religiöses Mühen” gemeint, aber manchmal eben auch schlicht Krieg. Und so müsse das dann auch übersetzt werden. Die Versuche der drei Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam, zu einer Verständigung zu kommen, seien aller Ehren wert. „Aber man darf die Unterschiede nicht wegdiskutieren”, mahnt Bobzin. Andersartigkeit zu akzeptieren müsse das gemeinsame Lernziel sein.
Dass die Globalisierung einen inneren Wandel des Islam erzwingen wird, hält er für wahrscheinlich. Die traditionelle Definition eines Muslims als Mann, der dort lebt, wo der Islam herrscht, sei angesichts der weltweiten Wanderungsbewegungen nicht mehr haltbar. „Euro-Islam ist eine realistische Perspektive”, sagt Bobzin. Im frühen Islam habe es durchaus freidenkerische Gelehrte gegeben – ein Erbe, das heute wieder aufgegriffen werde, auch wenn es nicht gerade die dominierende Richtung sei. Peter Reindl, epd
Der Koran. Aus dem Arabischen neu übertragen von Hartmut Bobzin, Verlag C.H.Beck, voraussichtliches Erscheinungsdatum 22. Februar 2010, Preis ca. 34 Euro, ISBN 978-3-406-58044-4
Der Münchner Verlag C. H. Beck hofft, dass Hartmut Bobzins Koran-Übersetzung zum neuen Standardwerk wird. Fotos: Beck-Verlag
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114 Suren, 6236 Verse: Der Erlanger Islamwissenschaftler Hartmut Bobzin hat den Koran neu übersetzt
Erlangen – So richtig freuen kann sich Hartmut Bobzin über die endlich erledigte Mammutaufgabe noch nicht. Die Anstrengungen der vergangenen Jahre sind noch allzu gegenwärtig: Der Erlanger Islamwissenschaftler hat den Koran aus dem Arabischen neu ins Deutsche übersetzt. Im Februar 2010 erscheinen im Münchner Verlag C.H.Beck die 114 Suren mit 6236 Versen, die Allah, so glauben es die Muslime, dem Propheten Mohammed zwischen den Jahren 610 und 632 nach Christus offenbart hat. Dann wird der 63-jährige Professor der Uni Erlangen-Nürnberg, der sich nahezu sein ganzes Wissenschaftlerleben mit dem heiligen Buch der Muslime beschäftigt hat, sein Hauptwerk in Händen halten – ein Werk, vom dem der Verlag hofft, dass es zum neuen Standard der Koranübertragungen wird. Denn wenn erst einmal an den Schulen flächendeckend Koranunterricht in deutscher Sprache stattfindet, dann werden verständliche Übersetzungen gebraucht.
Bobzin weiß, dass die Erwartungen der Fachwelt hoch sind. Er bezeichnet seine Übersetzung als „Buch für den gebildeten Laien, ob er nun Muslim, Christ oder Jude ist”. Philologisch korrekte Arbeit am Wort, verständliche Erschließung der Textbedeutung und zugleich Wiedergabe der sprachlichen Schönheit des arabischen Originals: eine dreifache Aufgabe, vor der schon mancher Übersetzer kapituliert hat.
Der Argwohn der Gelehrten
Der Lesbarkeit zuliebe hat Bobzin darauf verzichtet, den Text durch Erläuterungen zu zerreißen. Er soll flüssig lesbar sein, schließlich bedeutet das Wort Koran nicht anderes als „Vortrag”. Über Jahrhunderte haben die Muslime ihr heiliges Buch durch Rezitation in sich aufgenommen. Um die dabei erlebte Sprachschönheit auch im Deutschen so gut es eben geht zu erhalten, hat Bobzin seine Übertragung rhythmisiert. Ein berühmter Islam-Übersetzer des 19. Jahrhunderts lässt dabei grüßen: der Dichter Friedrich Rückert, einstmals ebenfalls Orientalistik-Professor in Erlangen.
Islamischer Tradition zufolge ist die Sprachkunst des Koran ein Beweis für seinen göttlichen Ursprung. Das Koran-Arabisch gilt als nicht übertragbar. Wer es dennoch versucht, weiß um den Argwohn islamischer Religionswächter, besonders wenn er westlicher Wissenschaftler und dazu Christ ist. „Natürlich würde mich Anerkennung von dieser Seite freuen”, sagt Bobzin. Aber angewiesen sei er darauf nicht: „Ich brauche keine Unbedenklichkeitsbescheinigung.” Weil es im Islam kein oberstes Lehramt gebe, sei jeder Muslim frei, seine Übersetzung zu lesen.
„Ich gehöre nicht zu den Verneblern”, sagt Bobzin. Es sei dem Übersetzer nicht erlaubt, anstößige Stellen zu beschönigen. Wenn im Koran vom Dschihad die Rede sei, dann sei zwar häufig „religiöses Mühen” gemeint, aber manchmal eben auch schlicht Krieg. Und so müsse das dann auch übersetzt werden. Die Versuche der drei Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam, zu einer Verständigung zu kommen, seien aller Ehren wert. „Aber man darf die Unterschiede nicht wegdiskutieren”, mahnt Bobzin. Andersartigkeit zu akzeptieren müsse das gemeinsame Lernziel sein.
Dass die Globalisierung einen inneren Wandel des Islam erzwingen wird, hält er für wahrscheinlich. Die traditionelle Definition eines Muslims als Mann, der dort lebt, wo der Islam herrscht, sei angesichts der weltweiten Wanderungsbewegungen nicht mehr haltbar. „Euro-Islam ist eine realistische Perspektive”, sagt Bobzin. Im frühen Islam habe es durchaus freidenkerische Gelehrte gegeben – ein Erbe, das heute wieder aufgegriffen werde, auch wenn es nicht gerade die dominierende Richtung sei. Peter Reindl, epd
Der Koran. Aus dem Arabischen neu übertragen von Hartmut Bobzin, Verlag C.H.Beck, voraussichtliches Erscheinungsdatum 22. Februar 2010, Preis ca. 34 Euro, ISBN 978-3-406-58044-4
Der Münchner Verlag C. H. Beck hofft, dass Hartmut Bobzins Koran-Übersetzung zum neuen Standardwerk wird. Fotos: Beck-Verlag
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