Er ist der Protagonist, einer der meistgedeuteten und meistbekämpften Denker des Christentums. Nicht aus Selbstsicherheit und mit Weltgewandtheit hat dieser Apostel gesprochen, sondern auf dem unsicheren Grund eines Neuanfangs, angetrieben durch Widersprüche, als ein Fragender, der mit der Sprache kämpfte und ihr Begriffe wie »Kirche« und »Wiederkunft« des Christus erst abrang. Am Scharnier zwischen Judentum und Griechentum hat Paulus entscheidende philosophisch-theologische Fragen gestellt: nach dem Subjekt, nach Zeit und Geschichte - und danach, wie Gott ins Wort kommt. Christian Lehnerts Essay, eine expressiv-dichterische ebenso wie begrifflich scharfe Auslegung des berühmten ersten Korintherbriefes, ist ein Versuch, aus der postsäkularen Gegenwart heraus in biographischer Rekonstruktion, über Textarbeit und durch eigene Erfahrungen das zu erlauschen, was bei Paulus erstmals zur Sprache findet. Dieses Buch erkennt, gewiss nicht zu jedermanns Gefallen, einen Paulus, der über die modernen Verlusterfahrungen des Glaubens und über die Beliebigkeiten eines »Wellness«-Christentums hinausführt ins Offene.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Kritische Theologie mal anders erlebt Alf Christophersen mit den "Korinthischen Brocken" des Theologen und Lyrikers Christian Lehnert. Konstruktiv und literarisch anspruchsvoll erscheint ihm, was Lehnert dem Leser in Sachen Paulus bietet, dessen Nähe der Autor laut Rezensent in diesen Texten assoziativ tastend sucht. Dem Wesen der Überlieferung nähert sich Lehnert, wie der Rezensent erklärt, furchtlos auch über biografische Momente, wie Erfahrungen als Bausoldat in Leuna. Paulus als Zeit- und Leidensgenosse - ein Ansatz, der dem Rezensenten gefällt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die mitunter sehr dichten exegetischen Abhandlungen werden immer wieder unterbrochen von Poesie. Naturbeschreibungen, Erinnerungen, Gedichte werden eingeblendet. Das sind die stärksten Stellen. Wenn Lehnert seine bedrängenden Erlebnisse während der Bausoldatenzeit erzählt, entsteht eine Ahnung von dem, was Paulus vor Damaskus widerfahren ist, als er sich selbst und seine Beheimatung in der Welt verlor.« Stefan Seidel Der Sonntag 20130207
»Lehnert lädt mit diesem Essay dazu ein, einen von Paulus angeregten und von ihm entworfenen Denkraum aufzusuchen. In dem höchst kühne und bizarr sich windende Fährten gelegt sind, denen zu folgen ein intellektuelles Vergnügen ist.«