Bürger und Kunden verzweifeln an Integrität von Politikern und Vorständen, an der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, an Empfehlungen von Banken usw. Ob in Verwaltung oder Unternehmen: Korruption ist eine prominente, medial inszenierte Vokabel, die überall betretenes Schweigen auslöst. Ein Grundelement der Korruption selbst, denn sie basiert auf der Inkommunikabilität.
Wo betretenes Schweigen herrscht, muss die Wissenschaft forschend eintreten. Die Beiträge in diesem Band dienen der multidisziplinären Analyse von Motiven und Mechanismen, von Funktionen und Folgen der Korruption. Politische, ökonomische und soziologische Aspekte stehen dabei im Vordergrund. Die ausgeführten systematischen Paradoxien der Korruption fordern komplexe Beschreibungen und ermöglichen erst so komplexere Antworten im Hinblick auf etwaige Präventionschancen. Dabei - so die These- leistet die moralisch-mediale Diskussion für die wissenschaftliche Analyse gerade keine Erhellung der dunklen, unaufgeklärten Seite des Kapitalismus.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Wo betretenes Schweigen herrscht, muss die Wissenschaft forschend eintreten. Die Beiträge in diesem Band dienen der multidisziplinären Analyse von Motiven und Mechanismen, von Funktionen und Folgen der Korruption. Politische, ökonomische und soziologische Aspekte stehen dabei im Vordergrund. Die ausgeführten systematischen Paradoxien der Korruption fordern komplexe Beschreibungen und ermöglichen erst so komplexere Antworten im Hinblick auf etwaige Präventionschancen. Dabei - so die These- leistet die moralisch-mediale Diskussion für die wissenschaftliche Analyse gerade keine Erhellung der dunklen, unaufgeklärten Seite des Kapitalismus.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2005 Wirtschaftsbuch
Zum Thema
Wie man sich Gehör verschafft
Gunnar Bender, Lutz Reulecke, Martin Ledwon: Handbuch des deutschen Lobbyisten. Frankfurter Allgemeine Verlag, Frankfurt 2003, 236 Seiten, 33,50 Euro.
Dieses Buch ist fast zwei Jahre alt, aber immer noch die aktuellste deutsche Arbeitsanleitung zu gekonnter politischer Interessensvermittlung.
Macht und Geld
Stephan Jansen, Birger Priddat: Korruption. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, 223 Seiten, 27,90 Euro.
Die Wirtschaftsprofessoren der Zeppelin Universität Friedrichshafen beleuchten Motive und Mechanismen, Funktionen und Folgen von Bestechlichkeit unter politischen und wirtschaftlichen Aspekten.
Die Macht der Unternehmer wächst
Verschwörungstheorien sind was Feines. Sie beleben Hollywoodfilme, Kriminalromane und politische Diskussionen. Am Stammtisch ist die derzeit gängigste Räuberpistole die von SPD-Chef Franz Müntefering beklagte „totale Ökonomisierung” der Gesellschaft. Manager schwärmen wie Insekten übers Land, um alles wegzufressen, was ihren Interessen im Wege steht. Umfragen zufolge glauben inzwischen drei Viertel der Deutschen, dass die Wirtschaft diesem Land mehr nimmt, als sie ihm gibt. Viele Bürger meinen: Heute bestimmen die Söldner der Industrie, wo es politisch langgeht, längst nicht mehr gewählte Volksvertreter.
Aber stimmt das auch? Und falls ja - wie kommen die Abgesandten der Konzerne um die Verfassung herum, die genau vorschreibt, wie Entscheidungen zu fällen und Gesetze zu machen sind? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Journalisten Cerstin Gammelin und Götz Hamann. Das Ergebnis ist ein intelligent gemachtes, unideologisches und spannend zu lesendes Buch über die Berliner Republik und die Rolle ihrer Lobbyisten. Der Befund lautet: Heute bestürmen mehr Interessensvertreter als je zuvor die Regierung, und die Administration ist den professionellen Strippenziehern kaum mehr gewachsen. Die Autoren glauben, dass „Lobbyismus ein Angriff auf den Staat ist, wenn Wirtschaftsvertreter ohne politisches Mandat vorherbestimmen, was am Ende Recht und Gesetz wird. Der Staat wird unterwandert oder sogar offen außer Kraft gesetzt, wenn Konzerne im Bundeswirtschaftsministerium die inhaltliche Führung übernehmen”.
Belegt wird diese These mit der Praxis: Da wird nacherzählt, wie die Pharmaindustrie bei der Gesundheitsreform um die geplante Senkung der Arzneimittelpreise von vier Prozent herumkam, warum Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller später Vorstandschef der Eon-Tochter RAG wurde und was Volkswagen unternahm, um die Einführung des Rußfilters für Dieselmotoren in Deutschland und Europa zu unterbinden. Die Autoren zeigen wie „Informationen” bei den Behörden deponiert und „Formulierungshilfen” für Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht werden. Gelegentlich findet sich in ministeriellen Arbeitsvorlagen zum Energiewirtschaftsgesetz sogar der Hinweis „wörtlich RWE”.
Die wachsende Macht der grauen Eminenzen aus den Unternehmen liegt den Autoren zufolge darin begründet, dass heute wirtschaftliche Themen die Agenda bestimmen. Nicht mehr die Teilung Deutschlands, der Kalte Krieg oder der Umgang mit der Roten-Armee-Fraktion prägen das Land, sondern die Diskussion um Standort, Arbeitsplätze und Lohnnebenkosten. Heute werden die Interessen der Wirtschaft weitgehend mit denen der Gesellschaft gleichgesetzt. Nicht immer nur zum Wohle des Volkes.
Dem kann es bei dieser Lektüre angst und bange werden, zumal das Buch deutlich macht, wie undurchschaubar die Interessen sind im Gekungel von Lobbyisten, Ministerialbeamten, Managern, Politikern und Journalisten. Verdienstvollerweise ist das Buch trotzdem keine Fibel über eine Weltverschwörung. Es verteufelt weder den Lobbyismus noch die Wirtschaft. Es ist ein Text über Machtspiele in komplexen Systemen und letztlich ein Plädoyer für einen starken Staat. Der sollte sich endlich wehren, so die Autoren. Etwa durch Regeln, die Ministern und Beamten den Pensionsanspruch nehmen, wenn sie zu Untermehmen wechseln, die vorher von ihren politischen Entscheidungen betroffen waren. Lobbyisten sollten offen legen müssen, für wen sie arbeiten und wie viel sie dafür bekommen. Solche Normen würden auf Dauer mehr Vertrauen in eine Regierung schaffen als Insektenvergleiche à la Müntefering.
Barbara Bierach
Cerstin Gammelin, Götz Hamann: Die Strippenzieher. Manager, Minister, Medien - Wie Deutschland regiert wird. Econ Verlag, Berlin 2005, 300 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Zum Thema
Wie man sich Gehör verschafft
Gunnar Bender, Lutz Reulecke, Martin Ledwon: Handbuch des deutschen Lobbyisten. Frankfurter Allgemeine Verlag, Frankfurt 2003, 236 Seiten, 33,50 Euro.
Dieses Buch ist fast zwei Jahre alt, aber immer noch die aktuellste deutsche Arbeitsanleitung zu gekonnter politischer Interessensvermittlung.
Macht und Geld
Stephan Jansen, Birger Priddat: Korruption. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, 223 Seiten, 27,90 Euro.
Die Wirtschaftsprofessoren der Zeppelin Universität Friedrichshafen beleuchten Motive und Mechanismen, Funktionen und Folgen von Bestechlichkeit unter politischen und wirtschaftlichen Aspekten.
Die Macht der Unternehmer wächst
Verschwörungstheorien sind was Feines. Sie beleben Hollywoodfilme, Kriminalromane und politische Diskussionen. Am Stammtisch ist die derzeit gängigste Räuberpistole die von SPD-Chef Franz Müntefering beklagte „totale Ökonomisierung” der Gesellschaft. Manager schwärmen wie Insekten übers Land, um alles wegzufressen, was ihren Interessen im Wege steht. Umfragen zufolge glauben inzwischen drei Viertel der Deutschen, dass die Wirtschaft diesem Land mehr nimmt, als sie ihm gibt. Viele Bürger meinen: Heute bestimmen die Söldner der Industrie, wo es politisch langgeht, längst nicht mehr gewählte Volksvertreter.
Aber stimmt das auch? Und falls ja - wie kommen die Abgesandten der Konzerne um die Verfassung herum, die genau vorschreibt, wie Entscheidungen zu fällen und Gesetze zu machen sind? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Journalisten Cerstin Gammelin und Götz Hamann. Das Ergebnis ist ein intelligent gemachtes, unideologisches und spannend zu lesendes Buch über die Berliner Republik und die Rolle ihrer Lobbyisten. Der Befund lautet: Heute bestürmen mehr Interessensvertreter als je zuvor die Regierung, und die Administration ist den professionellen Strippenziehern kaum mehr gewachsen. Die Autoren glauben, dass „Lobbyismus ein Angriff auf den Staat ist, wenn Wirtschaftsvertreter ohne politisches Mandat vorherbestimmen, was am Ende Recht und Gesetz wird. Der Staat wird unterwandert oder sogar offen außer Kraft gesetzt, wenn Konzerne im Bundeswirtschaftsministerium die inhaltliche Führung übernehmen”.
Belegt wird diese These mit der Praxis: Da wird nacherzählt, wie die Pharmaindustrie bei der Gesundheitsreform um die geplante Senkung der Arzneimittelpreise von vier Prozent herumkam, warum Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller später Vorstandschef der Eon-Tochter RAG wurde und was Volkswagen unternahm, um die Einführung des Rußfilters für Dieselmotoren in Deutschland und Europa zu unterbinden. Die Autoren zeigen wie „Informationen” bei den Behörden deponiert und „Formulierungshilfen” für Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht werden. Gelegentlich findet sich in ministeriellen Arbeitsvorlagen zum Energiewirtschaftsgesetz sogar der Hinweis „wörtlich RWE”.
Die wachsende Macht der grauen Eminenzen aus den Unternehmen liegt den Autoren zufolge darin begründet, dass heute wirtschaftliche Themen die Agenda bestimmen. Nicht mehr die Teilung Deutschlands, der Kalte Krieg oder der Umgang mit der Roten-Armee-Fraktion prägen das Land, sondern die Diskussion um Standort, Arbeitsplätze und Lohnnebenkosten. Heute werden die Interessen der Wirtschaft weitgehend mit denen der Gesellschaft gleichgesetzt. Nicht immer nur zum Wohle des Volkes.
Dem kann es bei dieser Lektüre angst und bange werden, zumal das Buch deutlich macht, wie undurchschaubar die Interessen sind im Gekungel von Lobbyisten, Ministerialbeamten, Managern, Politikern und Journalisten. Verdienstvollerweise ist das Buch trotzdem keine Fibel über eine Weltverschwörung. Es verteufelt weder den Lobbyismus noch die Wirtschaft. Es ist ein Text über Machtspiele in komplexen Systemen und letztlich ein Plädoyer für einen starken Staat. Der sollte sich endlich wehren, so die Autoren. Etwa durch Regeln, die Ministern und Beamten den Pensionsanspruch nehmen, wenn sie zu Untermehmen wechseln, die vorher von ihren politischen Entscheidungen betroffen waren. Lobbyisten sollten offen legen müssen, für wen sie arbeiten und wie viel sie dafür bekommen. Solche Normen würden auf Dauer mehr Vertrauen in eine Regierung schaffen als Insektenvergleiche à la Müntefering.
Barbara Bierach
Cerstin Gammelin, Götz Hamann: Die Strippenzieher. Manager, Minister, Medien - Wie Deutschland regiert wird. Econ Verlag, Berlin 2005, 300 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
"Die Diskussion um Korruption wird in den letzten Jahren gesellschaftlich immer brisanter, die wissenschaftliche Aufarbeitung 'hinkt' aber hinterher. Mit diesem Buch wird ein Beitrag zum aufrechten Gang geleistet." SIM- Das Sicherheitsmagazin, 06/2006