"Fazit: sehr interessante Sternenkunde aus einer lockeren Schreibfeder. Das Buch wird nicht nur dem Mann im Mond gefallen." -- Life + Science
Wie entstand der Mond? Woher bezieht die Sonne ihre Energie? Was weiß man über unser Sonnensystem? Wie leben und sterben die Sterne? Was ist ein schwarzes Loch? Wie weit ist es nach Andromeda? Das sind nur einige Themen aus dem Begleitbuch zur populären Sendereihe »alpha-Centauri«, welche die Autoren Harald Lesch und Jörn Müller auf ihrer unterhaltsamen Reise durch das Universum allgemein verständlich und ohne mathematischen Formelballast behandeln.
Wie entstand der Mond? Woher bezieht die Sonne ihre Energie? Was weiß man über unser Sonnensystem? Wie leben und sterben die Sterne? Was ist ein schwarzes Loch? Wie weit ist es nach Andromeda? Das sind nur einige Themen aus dem Begleitbuch zur populären Sendereihe »alpha-Centauri«, welche die Autoren Harald Lesch und Jörn Müller auf ihrer unterhaltsamen Reise durch das Universum allgemein verständlich und ohne mathematischen Formelballast behandeln.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2002Lustwandler
Harald Lesch spaziert
durch den Kosmos
Space Night im Bayerischen Fernsehen, nachts ab ein Uhr: die einzig echte Alternative zu aufgewärmten Talkshows und schalen Sexangeboten. Der Satellitenantenne sei Dank, dass man sie auch im hohen Norden empfangen kann und nicht wie Tito zahlen muss, um aus ruhiger Fahrt mit dem Raumschiff den Anblick der Erde zu genießen. Das Beste aber sind Unterbrechungen dieser Fahrt durch „alpha Centauri”, die Kultsendung mit der Antikultfigur Harald Lesch, Professor für theoretische Astrophysik, der alles über den Kosmos zu wissen scheint und doch keine Distanz zu seinem Publikum aufbaut. In einem schmucklosen Klassenzimmer mit unbesetzten Bänken agiert er als Lehrer, der noch das unruhigste Schäflein – sprich: den müdesten Zapper – in den Bann seiner eigenen Begeisterung zieht. Was immer das Thema – Asteroiden oder Big Bang, Kugelsternhaufen oder Gleichzeitigkeit – Lesch macht zuerst neugierig darauf, schreibt es dann an die Tafel und legt los.
Seit 1998 zieht diese Erfolgsstory immer weitere Kreise, alle zwei Wochen mit neuen Viertelstunden-Spots. Premiere ist jeweils zur besten Sendezeit am Sonntagabend, und wem die etlichen Wiederholungen nicht reichen, der kann sie inzwischen als Videos im VHS- oder DVD-Format bestellen oder direkt unter www.br-online.de/alpha/centauri im Internet anschauen. Nun gibt es dazu auch das Buch. Lesch und der Physiker Jörn Müller haben das Material geordnet und unter griffigen Themen in acht Kapiteln zusammengefasst.
Atemberaubende Entfernungen
Vielleicht hätte es besser „Spaziergang ins Universum” geheißen, denn behutsam wird der Leser hinausgeführt: von der Erde zuerst zum Mond und zur Sonne, durch das Sonnensystem zu anderen Sternen und dann erst in die Weite des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. Dort angekommen, heißt es im O- Ton „An der Grenze der erkennbaren Wirklichkeit spielen sich Dinge ab, die so ungeheuerlich sind, dass man schon einen sehr gesunden Verstand braucht, um ihn nicht zu verlieren.” Man mag sich dabei als Wagner fühlen, der seinem Faust an den Lippen hängt; als Fußgänger aber sind die beiden heute nicht mehr unterwegs. Dazu sind die Entfernungen im Universum zu atemberaubend, über deren Bestimmung das letzte Kapitel berichtet.
So gut es irgend geht, sind die Autoren dem Leser behilflich, den eigenen Verstand nicht beiseite legen zu müssen (wie es zum Beispiel Hawkings Bücher verlangen), sondern sich seiner zu bedienen: Aufklärung im besten Sinne. Damit ist nicht gemeint, dass Kompetenz in astrophysikalischen oder gar formal-mathematischen Details eingefordert würde. Es geht ganz ohne Formeln, und doch ist Mitdenken möglich. Denn nicht nur werden alle Fachausdrücke gut erklärt, sondern es wird – fast überall – offen und ehrlich unterschieden, was direkte Beobachtungstatsachen, was aus welchen Gründen zwingende Folgerungen und was Spekulationen sind.
Mit je etwa 30 Seiten enthalten die einzelnen Kapitel mehr Information als eine 15-minütige „alpha Centauri”-Sendung. In Frage-und-Antwort-Spielen, in gelegentlichem Innehalten und Kommentieren bleibt die Lebendigkeit des Vortrags dennoch präsent. Doppelt ist die historische Perspektive: es wird der Gang der Wissenschaft bis zum aktuellen Kenntnisstand beschrieben und für jedes der behandelten Systeme dessen Entwicklung in kosmischen Zeitskalen. So etwa für die Erde der Prozess ihrer Entstehung und die Dynamik der Plattentektonik; für den Mond das Gezeiten-Wechselspiel mit der Erde, in dessen Verlauf sein Abstand auf das Sechsfache wuchs; für Sonne und Sterne der Ablauf ihrer Lebensgeschichten, so wie sie aus der beobachteten Strahlung erschlossen werden.
Unreife Theorie
Etwas Wasser muss leider in den Wein dieses Lobgesangs gegossen werden, denn ausgerechnet der Titelgeschichte fehlt die ansonsten geübte Sorgfalt der Trennung von Fakten und Fiktion. Einstein, Hubble und das Standard-Modell werden unkritisch vorgeschoben als Autoritäten, denen zu Folge der ganze Kosmos aus einem einzigen Punkt heraus explodiert sein soll; zugleich wird die Frage erörtert, ob das Universum flach, geschlossen oder offen sei – mit leichter Präferenz für Letzteres. Nun ist ein offenes Universum – wie ein flaches – unendlich, aber der Übergang von einem endlichen zu einem unendlichen Raum ist in den kosmologischen Modellen (bislang) nicht vorgesehen! Dem Leser, der versucht mitzudenken, hätte ein Hinweis auf den lokalen Charakter der allgemeinen Relativitätstheorie vielleicht helfen können, den noch ganz unreifen Zustand der Theorie des Urknalls zu beurteilen. Ähnlich kritisch ist anzumerken, dass gelegentlich der Eindruck erweckt wird, die Singularitäten des Anfangs (Urknall) und des Endes (Schwarzes Loch) seien Spiegelbilder voneinander. Sie sind es nicht, denn das Schwarze Loch hat einen umgebenden Raum, in den hinein es wirkt; das ursprüngliche Universum hat diesen Raum nicht. Dennoch: mag es auch an guten Büchern zu Aufbau und Geschichte des Universums nicht fehlen – hier wurde ihnen eine Perle hinzugefügt.
PETER RICHTER
HARALD LESCH / JÖRN MÜLLER: Kosmologie für Fußgänger. Eine Reise durch das Universum. Goldmann Verlag, München 2001. 256 Seiten, 9 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Harald Lesch spaziert
durch den Kosmos
Space Night im Bayerischen Fernsehen, nachts ab ein Uhr: die einzig echte Alternative zu aufgewärmten Talkshows und schalen Sexangeboten. Der Satellitenantenne sei Dank, dass man sie auch im hohen Norden empfangen kann und nicht wie Tito zahlen muss, um aus ruhiger Fahrt mit dem Raumschiff den Anblick der Erde zu genießen. Das Beste aber sind Unterbrechungen dieser Fahrt durch „alpha Centauri”, die Kultsendung mit der Antikultfigur Harald Lesch, Professor für theoretische Astrophysik, der alles über den Kosmos zu wissen scheint und doch keine Distanz zu seinem Publikum aufbaut. In einem schmucklosen Klassenzimmer mit unbesetzten Bänken agiert er als Lehrer, der noch das unruhigste Schäflein – sprich: den müdesten Zapper – in den Bann seiner eigenen Begeisterung zieht. Was immer das Thema – Asteroiden oder Big Bang, Kugelsternhaufen oder Gleichzeitigkeit – Lesch macht zuerst neugierig darauf, schreibt es dann an die Tafel und legt los.
Seit 1998 zieht diese Erfolgsstory immer weitere Kreise, alle zwei Wochen mit neuen Viertelstunden-Spots. Premiere ist jeweils zur besten Sendezeit am Sonntagabend, und wem die etlichen Wiederholungen nicht reichen, der kann sie inzwischen als Videos im VHS- oder DVD-Format bestellen oder direkt unter www.br-online.de/alpha/centauri im Internet anschauen. Nun gibt es dazu auch das Buch. Lesch und der Physiker Jörn Müller haben das Material geordnet und unter griffigen Themen in acht Kapiteln zusammengefasst.
Atemberaubende Entfernungen
Vielleicht hätte es besser „Spaziergang ins Universum” geheißen, denn behutsam wird der Leser hinausgeführt: von der Erde zuerst zum Mond und zur Sonne, durch das Sonnensystem zu anderen Sternen und dann erst in die Weite des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. Dort angekommen, heißt es im O- Ton „An der Grenze der erkennbaren Wirklichkeit spielen sich Dinge ab, die so ungeheuerlich sind, dass man schon einen sehr gesunden Verstand braucht, um ihn nicht zu verlieren.” Man mag sich dabei als Wagner fühlen, der seinem Faust an den Lippen hängt; als Fußgänger aber sind die beiden heute nicht mehr unterwegs. Dazu sind die Entfernungen im Universum zu atemberaubend, über deren Bestimmung das letzte Kapitel berichtet.
So gut es irgend geht, sind die Autoren dem Leser behilflich, den eigenen Verstand nicht beiseite legen zu müssen (wie es zum Beispiel Hawkings Bücher verlangen), sondern sich seiner zu bedienen: Aufklärung im besten Sinne. Damit ist nicht gemeint, dass Kompetenz in astrophysikalischen oder gar formal-mathematischen Details eingefordert würde. Es geht ganz ohne Formeln, und doch ist Mitdenken möglich. Denn nicht nur werden alle Fachausdrücke gut erklärt, sondern es wird – fast überall – offen und ehrlich unterschieden, was direkte Beobachtungstatsachen, was aus welchen Gründen zwingende Folgerungen und was Spekulationen sind.
Mit je etwa 30 Seiten enthalten die einzelnen Kapitel mehr Information als eine 15-minütige „alpha Centauri”-Sendung. In Frage-und-Antwort-Spielen, in gelegentlichem Innehalten und Kommentieren bleibt die Lebendigkeit des Vortrags dennoch präsent. Doppelt ist die historische Perspektive: es wird der Gang der Wissenschaft bis zum aktuellen Kenntnisstand beschrieben und für jedes der behandelten Systeme dessen Entwicklung in kosmischen Zeitskalen. So etwa für die Erde der Prozess ihrer Entstehung und die Dynamik der Plattentektonik; für den Mond das Gezeiten-Wechselspiel mit der Erde, in dessen Verlauf sein Abstand auf das Sechsfache wuchs; für Sonne und Sterne der Ablauf ihrer Lebensgeschichten, so wie sie aus der beobachteten Strahlung erschlossen werden.
Unreife Theorie
Etwas Wasser muss leider in den Wein dieses Lobgesangs gegossen werden, denn ausgerechnet der Titelgeschichte fehlt die ansonsten geübte Sorgfalt der Trennung von Fakten und Fiktion. Einstein, Hubble und das Standard-Modell werden unkritisch vorgeschoben als Autoritäten, denen zu Folge der ganze Kosmos aus einem einzigen Punkt heraus explodiert sein soll; zugleich wird die Frage erörtert, ob das Universum flach, geschlossen oder offen sei – mit leichter Präferenz für Letzteres. Nun ist ein offenes Universum – wie ein flaches – unendlich, aber der Übergang von einem endlichen zu einem unendlichen Raum ist in den kosmologischen Modellen (bislang) nicht vorgesehen! Dem Leser, der versucht mitzudenken, hätte ein Hinweis auf den lokalen Charakter der allgemeinen Relativitätstheorie vielleicht helfen können, den noch ganz unreifen Zustand der Theorie des Urknalls zu beurteilen. Ähnlich kritisch ist anzumerken, dass gelegentlich der Eindruck erweckt wird, die Singularitäten des Anfangs (Urknall) und des Endes (Schwarzes Loch) seien Spiegelbilder voneinander. Sie sind es nicht, denn das Schwarze Loch hat einen umgebenden Raum, in den hinein es wirkt; das ursprüngliche Universum hat diesen Raum nicht. Dennoch: mag es auch an guten Büchern zu Aufbau und Geschichte des Universums nicht fehlen – hier wurde ihnen eine Perle hinzugefügt.
PETER RICHTER
HARALD LESCH / JÖRN MÜLLER: Kosmologie für Fußgänger. Eine Reise durch das Universum. Goldmann Verlag, München 2001. 256 Seiten, 9 Euro.
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