Produktdetails
  • Verlag: Buch&Media
  • ISBN-13: 9783865200211
  • ISBN-10: 3865200214
  • Artikelnr.: 12249796
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2007

Bayern-CD
Erotische Redensarten von anno dazumal
Im November 1919 starb, erst 40 Jahre alt, der bayerische Schriftsteller Georg Queri. Er war eine eigenwillige Figur und stellte die Gaudi oft über den literarischen Anspruch, weshalb manche seiner Bücher einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Dabei war Queri einer der besten Kenner der bayerischen Volksseele. Gar oft war er mit dem Notizblock losmarschiert, um die Eigenarten von Land und Leuten zu dokumentieren. Besonders gerne sammelte er Lieder und Schnaderhüpfln, vor allem solche, in deren Texten sich Derbheit und Erotik unverblümt entfalteten.
1902 begann Queri eine Laufbahn als Lokal- und Gerichtsreporter bei den Münchner Neuesten Nachrichten. Von 1908 an war er Schriftleiter des Starnberger Land- und Seeboten. Daneben arbeitete er für die Zeitschrift Jugend, deren Redaktion er 1918 übernahm. Aber nicht deshalb geriet er ins Visier von Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern wegen seiner volkskundlichen Publikationen, die angesichts der damaligen Prüderie allzu verdächtige Titel trugen: 1911 erschien „Bauernerotik und Bauernfehme in Oberbayern”, 1912 folgte „Kraftbayrisch. Ein Wörterbuch der erotischen und skatologischen Redensarten der Altbayern”. Die Bücher blieben auch dem berüchtigten Zensurbeirat bei der Polizeidirektion München nicht verborgen. Dieser erkannte eine „Verbreitung unzüchtiger Schriften” und beschlagnahmte die Werke. Im folgenden Prozess vor dem Königlichen Landgericht München I obsiegte jedoch Queri, denn Ludwig Thoma und Ludwig Ganghofer setzten sich vehement für ihn ein. Thoma schrieb damals: „Aus Prüderie – denn die Sittlichkeit hat mit diesem ganzen Aufpassertum nicht das mindeste zu tun – eine Sammlung alter und neuer Kraftworte, die immer wieder im Volke entstehen, unterdrücken, heißt wirkliche Volkskunde verbieten.” „Kraftbayrisch” wurde freigegeben, die Kosten des Verfahrens trug die Staatskasse.
Ludwig Thomas Gutachten vom 4. November 1912 ist nun auf einer CD zu hören, die der Historiker Michael Stephan und der Schauspieler Bernhard Butz herausgegeben haben. Die beiden erinnerten bereits auf vielen Lesereisen an den Kampf Queris gegen die Prüderie seiner Zeit. Mit seinem altbayerischen Timbre trifft Butz haargenau Queris Ton. Zu hören sind auf der CD neben „Kraftbayrischem” auch „Das Haberfeldtreiben zu Egmating vom 12. zum 13. September 1892”, Stücke aus „Die weltlichen Gesänge des Egidius Pfanzelter von Polykarpszell” sowie „Die Schnurren des Rochus Mang, Meßners und Leichenbeschauers”. Aufgenommen wurde die CD im Wirtshaus zu Asbach. Hans Kratzer
Kraftbayrisch – Georg Queri und seine Zeit, hrsg. von Michael Stephan und Bernhard Butz, Dölling u.Galitz Verlag, ISBN: 3-937904-40-9.
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