"Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Kraftwerk gar nicht wussten, wie wichtig sie für die schwarzen Massen '77 waren, als ihr 'Trans Europa Express' rauskam. Ich dachte sofort: Das ist eine der irrsinnigsten und besten Platten, die ich je gehört habe. [...] Was Computer und das Zeugs alles können!"Diese Worte des US-amerikanischen DJ-Urgesteins Afrika Bambaataa reihen sich beispielhaft ein in den gegenwärtigen musikjournalistischen und -wissenschaftlichen Diskurs, welcher der Düsseldorfer Gruppe KRAFTWERK große historische Leistungen auf dem Feld der populären elektronischen Musik zuschreibt. Unbestritten dienen KRAFTWERK durch ihren musikalisch-technologischen Innovationsgeist bis heute unzähligen Musikschaffenden als Inspirationsquelle. Die bis dato allenfalls am Rande behandelte Frage, was das Besondere der Musik der Gruppe in kompositorischer und/oder klangästhetischer Hinsicht eigentlich ausmacht, ist Thema des Buches - wobei analog zum Mensch-Maschine-Konzept KRAFTWERKsdie Wechselwirkung zwischen Komposition und Instrumentarium permanenter Gegenstand der chronologisch angelegten musikalischen Analyse ist.Die bis heute andauernde Karriere der Gruppe umfasst einen Zeitraum von nunmehr über 50 Jahren. Das Buch ist dadurch nicht nur eine Abhandlung über KRAFTWERK, sondern ebenso ein umfassendes Dokument sowohl der Entwicklung der Studiotechnik als auch der Entwicklung der populären elektronischen Musik überhaupt.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Gleich zwei neue Publikationen zur immer wieder mythologisierten Düsseldorfer Elektroband Kraftwerk darf Rezensent Uwe Schütte entdecken: Mit einigen dieser Mythen räumt Musikwissenschaftler Carsten Brocker in seiner Dissertation nun auf. Bisweilen mit speziellen Fachbegriffen erläutert er, wie sich der besondere Synthesizer-Elektrosound der Band entwickeln konnte, zeigt aber auch, dass Kraftwerk mit der Produktionsweise nicht so singulär dasteht, wie es die beiden Musiker uns in Interviews oftmals weismachen wollen. Das ist nicht nur für Fans der Band spannend, resümiert der Kritiker, sondern auch für alle, die sich für Musikgeschichte und -produktion interessieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Reihenweise entlarvt Brocker viele Mythen, die sich um KRAFTWERK ranken. So räumt er radikal auf mit zahlreichen Unwahrheiten. Ebenso entwirrt er fachkundig, welche musikalische Leistungen auf KRAFTWERK-Alben eher epigonal und welche tatsächlich revolutionär waren.Brocker diagnostiziert produktionstechnische Übereinstimmungen zwischen KRAFTWERK und anderen Krautrock-Bands, die viele Statements über das Alleinstellungsmerkmal KRAFTWERKs als PR entlarven. Besonders interessant wird es da, wo Brocker stillschweigende Übernahmen von Melodien aus Schlager oder Klassik für Kraftwerk-Stücke aufdeckt.Brockers Studie untersucht zwei zentrale Fragen, die relevant sind für alle, die sich für elektronische Musik interessieren: Inwieweit kann man KRAFTWERK tatsächlich als Begründer der elektronischen Popmusik verstehen? Wären afroamerikanische Stile wie Electro, House und Techno ohne Kraftwerks Vorarbeiten möglich gewesen? Bisher waren zu diesen Streitfragen nur einseitige Geschmacksurteile, Fanmeinungen oder Schutzbehauptungen zu lesen. Brockers Studie liefert nun eine differenzierte, wissenschaftlich untermauerte Antwort."Uwe Schütte, taz, 12.2.2024