Wie kindliche Krankheitssymptome mit der Persönlichkeits-Entwicklung zusammenhängen
Ruediger Dahlke, Wegbereiter der spirituellen Psychosomatik, und Vera Kaesemann, Kinder-Homöopathin, beschreiben, wie kindliche Krankheitssymptome mit der organischen und der Persönlichkeits-Entwicklung zusammenhängen. Anhand der einzelnen Krankheitsbilder regen die Autoren dazu an, über die Bedeutung einer Erkrankung für Kind und Eltern nachzudenken. Kinderkrankheiten sind Erfahrungen, die Körperintelligenz in einem organisch-seelischen Lernprozess fordern und fördern. In jedem Kapitel fließen homöopathische, symbolische, entwicklungspsychologische und medizinische Aspekte sowie die Krankheit begleitende Maßnahmen und homöopathische Mittelbilder zu einem ganzheitlichen Handbuch/Nachschlagewerk zusammen.'Fast immer ist nach durchstandener Kinderkrankheit ein Entwicklungsschritt zu erkennen: Das Kind wird mehr es selbst, wird zur Persönlichkeit.' Aus dem Vorwort
Ruediger Dahlke, Wegbereiter der spirituellen Psychosomatik, und Vera Kaesemann, Kinder-Homöopathin, beschreiben, wie kindliche Krankheitssymptome mit der organischen und der Persönlichkeits-Entwicklung zusammenhängen. Anhand der einzelnen Krankheitsbilder regen die Autoren dazu an, über die Bedeutung einer Erkrankung für Kind und Eltern nachzudenken. Kinderkrankheiten sind Erfahrungen, die Körperintelligenz in einem organisch-seelischen Lernprozess fordern und fördern. In jedem Kapitel fließen homöopathische, symbolische, entwicklungspsychologische und medizinische Aspekte sowie die Krankheit begleitende Maßnahmen und homöopathische Mittelbilder zu einem ganzheitlichen Handbuch/Nachschlagewerk zusammen.'Fast immer ist nach durchstandener Kinderkrankheit ein Entwicklungsschritt zu erkennen: Das Kind wird mehr es selbst, wird zur Persönlichkeit.' Aus dem Vorwort
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2009Rumpelkammern der Seele
Der Markt der Gesundheitsbücher boomt, zumal wenn es um das Wohl der Kinder geht. Die Untiefen des Genres sieht man am Beispiel des Bandes "Krankheit als Sprache der Kinderseele".
Wer bringt Ordnung in den Gemischtwarenladen der Gesundheitsratgeber, scheidet die guten von den schlechten, klärt über die Irreführungen der Heilschriften auf, bevor sie uns Leser krank machen können? Bereits der Begründer der Homöopathie, Dr. med. Samuel Hahnemann (1755 bis 1843), verdiente, bevor er mit seiner bis heute umstrittenen Heilkunde bekannt wurde, seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Schreiben von Gesundheitsratgebern, die ihn als erfahrenen Arzt und klugen Pädagogen zeigen.
Beide Berufe, so Hahnemann, brauchten nicht "die metaphysischen, mystischen und übernatürlichen Träumereien, welche müßige und selbstsüchtige Köpfe über das innere Wesen des Körperorganismus, über Leben, Erregbarkeit, Sensibilität und Reproduction, und über die Natur des Geistes als Ding an sich ausgesponnen haben". Hätten nur die beiden Autoren eines aktuellen Buches über Kinderkrankheiten, das sowohl Deutungsansätze als auch Behandlungsvorschläge enthält, diese weise Erkenntnis berücksichtigt! Das Buch lohnt die Auseinandersetzung, weil hier exemplarisch die Untiefen des Genres deutlich werden.
"Krankheit als Sprache der Kinderseele" nennen Ruediger Dahlke und Vera Kaesemann ihr Buch. Die entscheidende Botschaft eines Psychotherapeuten, der mehr als ein Dutzend medizinische Ratgeber verfasst und Meditations-CDs für alle Lebenslagen auf den Markt gebracht hat, sowie einer auf Kinderheilkunde spezialisierten Homöopathin lautet, die hier gebotenen Deutungen von Krankheitssymptomen nicht als Schuldzuweisungen zu verstehen, sondern als Aufforderung, Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Was, bitte, heißt Elternschaft denn sonst? Wenn den Eltern keine Schuld im eigentlichen Sinne zugewiesen werden soll, dann muss man andere Schuldige finden.
Das ist zum einen unsere nicht gerade kinderfreundliche Gesellschaft, zum anderen die Schulmedizin, die angeblich bereits von Kindesbeinen an die Menschen mit Chemie vergiftet. Man hätte gewarnt sein können; denn bereits im Untertitel wird von einer "ganzheitliche(n) Behandlung" gesprochen. Diese entpuppt sich rasch als "alternative" Medizin, die Anleihen bei der Homöopathie, der Bachblüten-Therapie, der anthroposophischen Medizin und bei unterschiedlichen Diätlehren (Vollwert- beziehungsweise Rohkost), aber auch bei der klassischen "Dreckapotheke" (Urintherapie) sowie bei der magisch-religiösen Medizin (Handauflegen, Warzenbesprechen) macht.
Die meisten Therapieempfehlungen - sieht man von den zahlreichen Ratschlägen ab, die man eher der Lebenshilfe oder den Binsenweisheiten zurechnen kann - beziehen sich auf die Homöopathie, die "wie keine andere Philosophie" dieses Buch geprägt hat, wie die Autoren einleitend behaupten. Als Beleg dienen kann nicht zuletzt die Zusammenstellung einer homöopathischen Notfallapotheke im Anhang, die von A (Allergie) bis V (Verstopfung) homöopathische Mittel nennt, die bei Krankheiten im Kindesalter angewandt werden sollen.
Doch erste Zweifel an der Fachkompetenz der Autoren weckt der Hinweis, dass alle empfohlenen homöopathischen Mittel in der C-30-Potenz genommen werden sollen. Das wird manche kritischen Schulmediziner sicherlich beruhigen, denn sie waren schon immer der Meinung, dass Homöopathie kein Pseudoplacebo, sondern ein echtes Placebo ist, denn ab einer D-23-Potenz ist theoretisch kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr in der Lösung vorhanden.
Dennoch wirkt die Homöopathie, nicht immer, aber doch bei vielen Indikationen (wozu auch Kinderkrankheiten wie Neurodermitis gehören), wie randomisierte Doppelblindstudien gezeigt haben. Man mag von der Homöopathie überzeugt sein oder nicht, wenn man sie aber anwendet, dann sollte man sie beherrschen. Der Ratschlag, dem Kind "2 Milchzuckerkügelchen (Globuli) direkt auf die Zunge" zu geben, zeugt jedenfalls von barer Unkenntnis der Herstellungsvorschriften, die in Deutschland in einem amtlichen Arzneibuch (HAB) geregelt sind. Danach werden Globuli, die mit potenzierten homöopathischen Arzneimitteln beträufelt werden, aus Rohr- und nicht aus Milchzucker hergestellt. Bereits Hahnemann unterschied übrigens zwischen diesen beiden Zuckerarten und setzte Milchzuckerpulver als "reines" Placebo bei ungeduldigen Patienten ein.
Selbst ein der Homöopathie durchaus offen gegenüberstehender Leser, wozu sich übrigens auch der Rezensent rechnet, fragt sich, was Hahnemann wohl zu dieser somatopsychologisch verbrämten Homöopathie gesagt hätte, die zuhauf und unreflektiert Sprichwörter als Beweis für angeblich richtige Erkenntnisse und Ratschläge heranzieht. So muss sich ein Patient vermutlich durchaus glücklich schätzen, wenn er in diesem Buch die Einsicht vermittelt bekommt, dass bei Erwachsenen die Migräne "oft einen Orgasmus" imitiert und dass "Migräne in der Kindheit oder jedenfalls vor der Pubertät ein dramatischer Hinweis" darauf sei, "ekstatische genussvolle Aspekte ins Leben zu integrieren". Es kann sich wohl nur um ein sehr schlechtes Imitat handeln. Ein Gerstenkorn im Auge, was bekanntlich sehr unangenehm, wenn auch eher harmlos ist, deuten die Autoren als Hinweis auf einen "eingemauerten Konflikt".
Apropos Mauer: Auch die Berliner Mauer, deren Staub übrigens in England zuerst als homöopathisches Mittel (unter anderem bei Depressionen!) an Gesunden geprüft wurde, kommt in diesem Buch vor. Allerdings nicht als Heilmittel, sondern als misslungene Metapher. Im Kapitel über Allergien wird der Versuch der ehemaligen DDR, "alles Fremde außen vor zu halten", mit dem Problem der Allergiker verglichen, "das Fremde als Ganzes nicht verarbeiten zu können". Der Westen als Allergen - mit derart schiefen Bildern und Metaphern geht es munter von Krankheit zu Krankheit, von Symptom zu Symptom. Da werden beispielsweise die Nasennebenhöhlen als "Rumpelkammern der Seele" beschrieben oder das Asthma als "Heulszene der Lunge mit Tränen und Schleimsekretion" gedeutet.
Dem Leser, dem solche weniger psychoanalytisch als esoterisch anmutende Deutungen eher fremd bleiben, kommen ebenfalls die Tränen, allerdings vor Lachen, wenn er nämlich weiter im Buch blättert und dabei erfährt, dass Blähungen ein "Hilfeschrei des aus seiner Mitte gefallenen Kindes" sind und dass länger anhaltendes "Furzen" (salva venia, wie der schamhafte Lateiner an dieser Stelle entschuldigend anmerken würde) für die Eltern-Kind-Beziehung zur "höchsten Form der Liebe" werden kann.
Leider hilft dem Rezensenten nicht der Ratschlag, der im unmittelbar darauf folgenden Kapitel gegeben wird: "Wer Unpassendes, Unverdauliches oder auch einfach zu viel in sich hineingestopft hat, muss damit rechnen, dass es wieder hervorbricht." Das gilt leider nicht für Lesekost, auch wenn sie noch so unverdaulich ist. Wir haben es hier mit einem jener typischen Gesundheitsratgeber zu tun, die mit einer Utopie des Wohlfühlens den Leser in den Bann schlagen und ihn am Ende umso hilfloser zurücklassen.
Denn weder bekommt der Leser eine "ganzheitliche" oder auch nur seriöse homöopathische Kinderheilkunde geboten, noch werden die angeblich göttlichen Werkzeuge zum besseren Zurechtfinden in der Welt, die im Epilog mit Verweis auf eine frühere Veröffentlichung eines Mitautors noch einmal zusammengestellt sind, den im Krankheitsfall besorgten und ratlosen Eltern viel helfen. Sehr zu empfehlen ist das Schlusskapitel über Autismus, weil es vor all zu großem therapeutischen Optimismus warnt - leider erst zu einem Zeitpunkt, an dem der Leser genrebedingt schon tief drinsteckt in der Optimismusfalle.
ROBERT JÜTTE
Ruediger Dahlke, Vera Kaesemann: "Krankheit als Sprache der Kinderseele". Be-Deutung kindlicher Krankheitsbilder und ihre ganzheitliche Behandlung. C. Bertelsmann Verlag, München 2009. 527 S., geb., 24,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Markt der Gesundheitsbücher boomt, zumal wenn es um das Wohl der Kinder geht. Die Untiefen des Genres sieht man am Beispiel des Bandes "Krankheit als Sprache der Kinderseele".
Wer bringt Ordnung in den Gemischtwarenladen der Gesundheitsratgeber, scheidet die guten von den schlechten, klärt über die Irreführungen der Heilschriften auf, bevor sie uns Leser krank machen können? Bereits der Begründer der Homöopathie, Dr. med. Samuel Hahnemann (1755 bis 1843), verdiente, bevor er mit seiner bis heute umstrittenen Heilkunde bekannt wurde, seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Schreiben von Gesundheitsratgebern, die ihn als erfahrenen Arzt und klugen Pädagogen zeigen.
Beide Berufe, so Hahnemann, brauchten nicht "die metaphysischen, mystischen und übernatürlichen Träumereien, welche müßige und selbstsüchtige Köpfe über das innere Wesen des Körperorganismus, über Leben, Erregbarkeit, Sensibilität und Reproduction, und über die Natur des Geistes als Ding an sich ausgesponnen haben". Hätten nur die beiden Autoren eines aktuellen Buches über Kinderkrankheiten, das sowohl Deutungsansätze als auch Behandlungsvorschläge enthält, diese weise Erkenntnis berücksichtigt! Das Buch lohnt die Auseinandersetzung, weil hier exemplarisch die Untiefen des Genres deutlich werden.
"Krankheit als Sprache der Kinderseele" nennen Ruediger Dahlke und Vera Kaesemann ihr Buch. Die entscheidende Botschaft eines Psychotherapeuten, der mehr als ein Dutzend medizinische Ratgeber verfasst und Meditations-CDs für alle Lebenslagen auf den Markt gebracht hat, sowie einer auf Kinderheilkunde spezialisierten Homöopathin lautet, die hier gebotenen Deutungen von Krankheitssymptomen nicht als Schuldzuweisungen zu verstehen, sondern als Aufforderung, Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Was, bitte, heißt Elternschaft denn sonst? Wenn den Eltern keine Schuld im eigentlichen Sinne zugewiesen werden soll, dann muss man andere Schuldige finden.
Das ist zum einen unsere nicht gerade kinderfreundliche Gesellschaft, zum anderen die Schulmedizin, die angeblich bereits von Kindesbeinen an die Menschen mit Chemie vergiftet. Man hätte gewarnt sein können; denn bereits im Untertitel wird von einer "ganzheitliche(n) Behandlung" gesprochen. Diese entpuppt sich rasch als "alternative" Medizin, die Anleihen bei der Homöopathie, der Bachblüten-Therapie, der anthroposophischen Medizin und bei unterschiedlichen Diätlehren (Vollwert- beziehungsweise Rohkost), aber auch bei der klassischen "Dreckapotheke" (Urintherapie) sowie bei der magisch-religiösen Medizin (Handauflegen, Warzenbesprechen) macht.
Die meisten Therapieempfehlungen - sieht man von den zahlreichen Ratschlägen ab, die man eher der Lebenshilfe oder den Binsenweisheiten zurechnen kann - beziehen sich auf die Homöopathie, die "wie keine andere Philosophie" dieses Buch geprägt hat, wie die Autoren einleitend behaupten. Als Beleg dienen kann nicht zuletzt die Zusammenstellung einer homöopathischen Notfallapotheke im Anhang, die von A (Allergie) bis V (Verstopfung) homöopathische Mittel nennt, die bei Krankheiten im Kindesalter angewandt werden sollen.
Doch erste Zweifel an der Fachkompetenz der Autoren weckt der Hinweis, dass alle empfohlenen homöopathischen Mittel in der C-30-Potenz genommen werden sollen. Das wird manche kritischen Schulmediziner sicherlich beruhigen, denn sie waren schon immer der Meinung, dass Homöopathie kein Pseudoplacebo, sondern ein echtes Placebo ist, denn ab einer D-23-Potenz ist theoretisch kein Molekül der Ausgangssubstanz mehr in der Lösung vorhanden.
Dennoch wirkt die Homöopathie, nicht immer, aber doch bei vielen Indikationen (wozu auch Kinderkrankheiten wie Neurodermitis gehören), wie randomisierte Doppelblindstudien gezeigt haben. Man mag von der Homöopathie überzeugt sein oder nicht, wenn man sie aber anwendet, dann sollte man sie beherrschen. Der Ratschlag, dem Kind "2 Milchzuckerkügelchen (Globuli) direkt auf die Zunge" zu geben, zeugt jedenfalls von barer Unkenntnis der Herstellungsvorschriften, die in Deutschland in einem amtlichen Arzneibuch (HAB) geregelt sind. Danach werden Globuli, die mit potenzierten homöopathischen Arzneimitteln beträufelt werden, aus Rohr- und nicht aus Milchzucker hergestellt. Bereits Hahnemann unterschied übrigens zwischen diesen beiden Zuckerarten und setzte Milchzuckerpulver als "reines" Placebo bei ungeduldigen Patienten ein.
Selbst ein der Homöopathie durchaus offen gegenüberstehender Leser, wozu sich übrigens auch der Rezensent rechnet, fragt sich, was Hahnemann wohl zu dieser somatopsychologisch verbrämten Homöopathie gesagt hätte, die zuhauf und unreflektiert Sprichwörter als Beweis für angeblich richtige Erkenntnisse und Ratschläge heranzieht. So muss sich ein Patient vermutlich durchaus glücklich schätzen, wenn er in diesem Buch die Einsicht vermittelt bekommt, dass bei Erwachsenen die Migräne "oft einen Orgasmus" imitiert und dass "Migräne in der Kindheit oder jedenfalls vor der Pubertät ein dramatischer Hinweis" darauf sei, "ekstatische genussvolle Aspekte ins Leben zu integrieren". Es kann sich wohl nur um ein sehr schlechtes Imitat handeln. Ein Gerstenkorn im Auge, was bekanntlich sehr unangenehm, wenn auch eher harmlos ist, deuten die Autoren als Hinweis auf einen "eingemauerten Konflikt".
Apropos Mauer: Auch die Berliner Mauer, deren Staub übrigens in England zuerst als homöopathisches Mittel (unter anderem bei Depressionen!) an Gesunden geprüft wurde, kommt in diesem Buch vor. Allerdings nicht als Heilmittel, sondern als misslungene Metapher. Im Kapitel über Allergien wird der Versuch der ehemaligen DDR, "alles Fremde außen vor zu halten", mit dem Problem der Allergiker verglichen, "das Fremde als Ganzes nicht verarbeiten zu können". Der Westen als Allergen - mit derart schiefen Bildern und Metaphern geht es munter von Krankheit zu Krankheit, von Symptom zu Symptom. Da werden beispielsweise die Nasennebenhöhlen als "Rumpelkammern der Seele" beschrieben oder das Asthma als "Heulszene der Lunge mit Tränen und Schleimsekretion" gedeutet.
Dem Leser, dem solche weniger psychoanalytisch als esoterisch anmutende Deutungen eher fremd bleiben, kommen ebenfalls die Tränen, allerdings vor Lachen, wenn er nämlich weiter im Buch blättert und dabei erfährt, dass Blähungen ein "Hilfeschrei des aus seiner Mitte gefallenen Kindes" sind und dass länger anhaltendes "Furzen" (salva venia, wie der schamhafte Lateiner an dieser Stelle entschuldigend anmerken würde) für die Eltern-Kind-Beziehung zur "höchsten Form der Liebe" werden kann.
Leider hilft dem Rezensenten nicht der Ratschlag, der im unmittelbar darauf folgenden Kapitel gegeben wird: "Wer Unpassendes, Unverdauliches oder auch einfach zu viel in sich hineingestopft hat, muss damit rechnen, dass es wieder hervorbricht." Das gilt leider nicht für Lesekost, auch wenn sie noch so unverdaulich ist. Wir haben es hier mit einem jener typischen Gesundheitsratgeber zu tun, die mit einer Utopie des Wohlfühlens den Leser in den Bann schlagen und ihn am Ende umso hilfloser zurücklassen.
Denn weder bekommt der Leser eine "ganzheitliche" oder auch nur seriöse homöopathische Kinderheilkunde geboten, noch werden die angeblich göttlichen Werkzeuge zum besseren Zurechtfinden in der Welt, die im Epilog mit Verweis auf eine frühere Veröffentlichung eines Mitautors noch einmal zusammengestellt sind, den im Krankheitsfall besorgten und ratlosen Eltern viel helfen. Sehr zu empfehlen ist das Schlusskapitel über Autismus, weil es vor all zu großem therapeutischen Optimismus warnt - leider erst zu einem Zeitpunkt, an dem der Leser genrebedingt schon tief drinsteckt in der Optimismusfalle.
ROBERT JÜTTE
Ruediger Dahlke, Vera Kaesemann: "Krankheit als Sprache der Kinderseele". Be-Deutung kindlicher Krankheitsbilder und ihre ganzheitliche Behandlung. C. Bertelsmann Verlag, München 2009. 527 S., geb., 24,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Oje, Robert Jütte hat es schwer getroffen. Er musste einen Ratgeber für homöopathische Kinderheilkunde rezensieren, der ihm die Nasennebenhöhle als Seelenrumpelkammer und den Furz als Liebesbeweis verkaufen wollte. Gut, dass Jütte sich auskennt mit unverdaulicher Lesekost. So nimmt er das Buch als trauriges Exempel dafür, wie Binsenweisheiten, fachkompetenzfreie Ratschläge und ein "somatopsychologisch verbrämtes" Verständnis der Naturheilkunde sogar einen der Homöopathie offen gegenüberstehenden Leser vergraulen können.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Breit angelegtes Nachschlagewerk mit vielen Tipps für Eltern." HÖRZU