Frühling auf Kreta - Vor der Hafenstadt Chania blühen die Olivenbäume, doch ganz in der Nähe bricht eine alte Fehde wieder auf ...
Wenn Kommissar Michalis Charisteas morgens vor der Arbeit seinen ersten Ellinikos trinkt und dabei den Blick auf den malerischen venezianischen Hafen seiner Heimatstadt Chania genießt, kann er sich nicht vorstellen, an einem anderen Fleck der Erde zu leben. Die Touristen schlafen noch, von den Bergen weht der Duft von Thymian, Oleander und den blühenden Olivenbäumen herüber und vom Meer der Geruch von Salz und Muscheln.
Alles wäre perfekt, könnte in diesem Moment seine Freundin Hannah bei ihm sein. Aber Hannah ist Deutsche und kommt nur alle paar Monate nach Kreta, was für Michalis und seine große Familie jedes Mal ein besonderes Ereignis ist und alle in helle Vorfreude versetzt.
So auch an diesem Tag Ende April. Doch noch bevor Michalis Hannah am Nachmittag am Flughafen in die Arme schließen kann, steckt er mitten in einem neuen Fall. Der Bürgermeister des Nachbarorts wird vermisst und kurz darauf tot in einem Autowrack an der Felsenküste gefunden. Ein Unfall, wie die örtliche Polizei schnell feststellt. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen gibt sich Michalis nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden. Bei seinen nicht immer ganz offiziellen Ermittlungen stößt er auf alte Feindschaften, die weitere Opfer fordern werden ...
Der erste Fall für Kommissar Michalis Charisteas
Wenn Kommissar Michalis Charisteas morgens vor der Arbeit seinen ersten Ellinikos trinkt und dabei den Blick auf den malerischen venezianischen Hafen seiner Heimatstadt Chania genießt, kann er sich nicht vorstellen, an einem anderen Fleck der Erde zu leben. Die Touristen schlafen noch, von den Bergen weht der Duft von Thymian, Oleander und den blühenden Olivenbäumen herüber und vom Meer der Geruch von Salz und Muscheln.
Alles wäre perfekt, könnte in diesem Moment seine Freundin Hannah bei ihm sein. Aber Hannah ist Deutsche und kommt nur alle paar Monate nach Kreta, was für Michalis und seine große Familie jedes Mal ein besonderes Ereignis ist und alle in helle Vorfreude versetzt.
So auch an diesem Tag Ende April. Doch noch bevor Michalis Hannah am Nachmittag am Flughafen in die Arme schließen kann, steckt er mitten in einem neuen Fall. Der Bürgermeister des Nachbarorts wird vermisst und kurz darauf tot in einem Autowrack an der Felsenküste gefunden. Ein Unfall, wie die örtliche Polizei schnell feststellt. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen gibt sich Michalis nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden. Bei seinen nicht immer ganz offiziellen Ermittlungen stößt er auf alte Feindschaften, die weitere Opfer fordern werden ...
Der erste Fall für Kommissar Michalis Charisteas
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2019Alle Welt ist fasziniert von Spionen
Krimis in Kürze: Jens Lapidus, Dirk Brauns und Nikos Milonás
Was den einen die immer wieder beschworene "Great American Novel", ist den anderen der weiterhin heiß erwartete Nachfolger Stieg Larssons, die "Great Scandinavian Crime Novel" sozusagen, nachdem es mit den postumen Fortsetzungen, David Lagercrantz' "Verschwörung" und "Verfolgung", nicht ganz so gut geklappt hat. Jens Lapidus, schwedischer Strafverteidiger und Autor, ist auch unter den zahlreichen Titelanwärtern - zumindest wenn es nach dem markigen Blurb des unverwüstlichen James Ellroy geht.
"Schweigepflicht" (btb, 640 S., br., 15,- [Euro]) beginnt rasant: mit einem sehr hässlichen Leichenfund, einem brisanten Vernehmungsprotokoll, in dem ein Polizist einen Mann unter Druck setzt, und der jungen Anwältin Emelie, die in einer großen Wirtschaftskanzlei ihren ersten Job bekommen hat und dann aus zunächst rätselhaften Gründen von einem Mordverdächtigen gebeten wird, ihn zu verteidigen. Ein ehemaliger Sträfling, der für die Kanzlei Recherchen betreibt, hilft ihr, was zugleich mitten in die Stockholmer Unterwelt führt, in der sich Banden mit syrischem und mit Balkan-Hintergrund befehden. Wobei es hier nicht nur um Gewalt und Drogen, sondern auch um ambitionierte Finanztricksereien geht.
Lapidus verliert zwar in dem komplizierten Handlungsgeflecht nicht den Überblick, doch seine Erzählökonomie ist leicht defizitär, die Charaktere hätten auch ein wenig mehr literarische Zuwendung verdient gehabt, und manche Formulierungen wirken arg ungelenk, was auch auf das Konto der Übersetzung gehen könnte. Die Spannung immerhin reicht aus, um dabeizubleiben. Doch die Larsson-Nachfolge ist weiter vakant.
Ob "Die Unscheinbaren" (Galiani Berlin, 336 S., geb., 20,- [Euro]) von Dirk Brauns nun ein lupenreiner Spionageroman ist, sollen andere entscheiden. Es ist eine Geschichte aus dem geteilten Berlin, eine wahre Geschichte, ein Familienroman, erzählt mit dem Abstand von fünfzig Jahren vom Sohn des Agentenpaares, der 1965, bei der Verhaftung der Eltern durch die Stasi, achtzehn Jahre alt war. Die Vergangenheit meldet sich per Telefon: Das Spionagemuseum in Berlin fragt an, ob er über die Tätigkeit der Eltern, von der er als Jugendlicher ahnte, sprechen mag.
Dieser Martin Schmidt, der Witwer ist und als Tierarzt in Oberbayern praktiziert, liest also in den alten Akten, er spricht mit seiner neunzigjährigen Mutter, die im Seniorenstift lebt, einer harten, unsentimentalen Frau, deren Augen wie "stahlblaue Scheinwerfer" sind und die ihm als Kind erklärt hatte, Trösten sei würdelos. Er entdeckt, wie sehr ihm das nachhängt.
Und er entdeckt auch, wer die Eltern damals als Spione angeheuert und wer sie verraten hat, er konfrontiert die Mutter damit, und er wird so auch immer wieder mit sich und seiner Vergangenheit konfrontiert, wenn er nach Berlin-Blankenburg fährt, wo die Familie zu DDR-Zeiten wohnte, oder wenn er seine Jugendliebe wiedertrifft. Und betont beiläufig lässt er bei seinen Nachforschungen und Reflexionen durchblicken, dass auch er nach der Ausreise in den Westen "seine Fähigkeiten buchstäblich in den Dienst (stellte)", so als sei Spionage eine Familientradition.
"Die Unscheinbaren" ist ein gut geschriebenes Buch, das die verschiedenen Zeiten immer wieder geschickt ineinander übergehen lässt, weil sie für die Akteure eben nicht immer trennscharf sind. Manchmal ist da, auch wenn der 1968 geborene Brauns den Stoff aus der eigenen Familiengeschichte zieht, in der Bearbeitung dieses Stoffs vielleicht eine zufällige Fügung zu viel, aber das mindert die Qualitäten des Romans nur unwesentlich. "Alle Welt scheint fasziniert von Spionen", denkt Martin Schmidt einmal bei der Erinnerung an sein Zuhause, "dabei sind es meist Lebensdarsteller ohne eigene Sprache".
Ab und zu kann man mal wieder eine Stichprobe machen bei einem jener deutschen Autoren, die sich einen Krimiplot an ihrem Lieblingsurlaubsort ausdenken. In dieser touristischen Variante des Regionalkrimis gibt es allerdings so selten Überraschungen wie auf den Speisekarten des Pauschalreisenden. Das gilt auch für "Kretische Feindschaft" (Scherz, 400 S., br., 14,99 [Euro]). Der Autor heißt natürlich mit bürgerlichem Namen nicht Nikos Milonás, sondern Frank D. Müller, er will in Serie gehen, wie der Titelzusatz "Der erste Fall für Michalis Charisteas" ankündigt, aber es ist doch nach der Lektüre sehr die Frage, ob die reizvolle Gegend um Chania die nötigen Ressourcen dafür bietet. Es geht auch trotz Mordes an einem Bürgermeister und blutigen Familienfehden ziemlich langatmig und bieder zu. Die landeskundlichen Exkurse halten sich zwar in Grenzen, aber der Kommissar mit deutscher Kunsthistorikerfreundin, dessen Familie eine natürlich typisch kretische Taverne betreibt, sollte vielleicht wieder nach Athen zurückkehren. Da ist mehr los.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Jens Lapidus, Dirk Brauns und Nikos Milonás
Was den einen die immer wieder beschworene "Great American Novel", ist den anderen der weiterhin heiß erwartete Nachfolger Stieg Larssons, die "Great Scandinavian Crime Novel" sozusagen, nachdem es mit den postumen Fortsetzungen, David Lagercrantz' "Verschwörung" und "Verfolgung", nicht ganz so gut geklappt hat. Jens Lapidus, schwedischer Strafverteidiger und Autor, ist auch unter den zahlreichen Titelanwärtern - zumindest wenn es nach dem markigen Blurb des unverwüstlichen James Ellroy geht.
"Schweigepflicht" (btb, 640 S., br., 15,- [Euro]) beginnt rasant: mit einem sehr hässlichen Leichenfund, einem brisanten Vernehmungsprotokoll, in dem ein Polizist einen Mann unter Druck setzt, und der jungen Anwältin Emelie, die in einer großen Wirtschaftskanzlei ihren ersten Job bekommen hat und dann aus zunächst rätselhaften Gründen von einem Mordverdächtigen gebeten wird, ihn zu verteidigen. Ein ehemaliger Sträfling, der für die Kanzlei Recherchen betreibt, hilft ihr, was zugleich mitten in die Stockholmer Unterwelt führt, in der sich Banden mit syrischem und mit Balkan-Hintergrund befehden. Wobei es hier nicht nur um Gewalt und Drogen, sondern auch um ambitionierte Finanztricksereien geht.
Lapidus verliert zwar in dem komplizierten Handlungsgeflecht nicht den Überblick, doch seine Erzählökonomie ist leicht defizitär, die Charaktere hätten auch ein wenig mehr literarische Zuwendung verdient gehabt, und manche Formulierungen wirken arg ungelenk, was auch auf das Konto der Übersetzung gehen könnte. Die Spannung immerhin reicht aus, um dabeizubleiben. Doch die Larsson-Nachfolge ist weiter vakant.
Ob "Die Unscheinbaren" (Galiani Berlin, 336 S., geb., 20,- [Euro]) von Dirk Brauns nun ein lupenreiner Spionageroman ist, sollen andere entscheiden. Es ist eine Geschichte aus dem geteilten Berlin, eine wahre Geschichte, ein Familienroman, erzählt mit dem Abstand von fünfzig Jahren vom Sohn des Agentenpaares, der 1965, bei der Verhaftung der Eltern durch die Stasi, achtzehn Jahre alt war. Die Vergangenheit meldet sich per Telefon: Das Spionagemuseum in Berlin fragt an, ob er über die Tätigkeit der Eltern, von der er als Jugendlicher ahnte, sprechen mag.
Dieser Martin Schmidt, der Witwer ist und als Tierarzt in Oberbayern praktiziert, liest also in den alten Akten, er spricht mit seiner neunzigjährigen Mutter, die im Seniorenstift lebt, einer harten, unsentimentalen Frau, deren Augen wie "stahlblaue Scheinwerfer" sind und die ihm als Kind erklärt hatte, Trösten sei würdelos. Er entdeckt, wie sehr ihm das nachhängt.
Und er entdeckt auch, wer die Eltern damals als Spione angeheuert und wer sie verraten hat, er konfrontiert die Mutter damit, und er wird so auch immer wieder mit sich und seiner Vergangenheit konfrontiert, wenn er nach Berlin-Blankenburg fährt, wo die Familie zu DDR-Zeiten wohnte, oder wenn er seine Jugendliebe wiedertrifft. Und betont beiläufig lässt er bei seinen Nachforschungen und Reflexionen durchblicken, dass auch er nach der Ausreise in den Westen "seine Fähigkeiten buchstäblich in den Dienst (stellte)", so als sei Spionage eine Familientradition.
"Die Unscheinbaren" ist ein gut geschriebenes Buch, das die verschiedenen Zeiten immer wieder geschickt ineinander übergehen lässt, weil sie für die Akteure eben nicht immer trennscharf sind. Manchmal ist da, auch wenn der 1968 geborene Brauns den Stoff aus der eigenen Familiengeschichte zieht, in der Bearbeitung dieses Stoffs vielleicht eine zufällige Fügung zu viel, aber das mindert die Qualitäten des Romans nur unwesentlich. "Alle Welt scheint fasziniert von Spionen", denkt Martin Schmidt einmal bei der Erinnerung an sein Zuhause, "dabei sind es meist Lebensdarsteller ohne eigene Sprache".
Ab und zu kann man mal wieder eine Stichprobe machen bei einem jener deutschen Autoren, die sich einen Krimiplot an ihrem Lieblingsurlaubsort ausdenken. In dieser touristischen Variante des Regionalkrimis gibt es allerdings so selten Überraschungen wie auf den Speisekarten des Pauschalreisenden. Das gilt auch für "Kretische Feindschaft" (Scherz, 400 S., br., 14,99 [Euro]). Der Autor heißt natürlich mit bürgerlichem Namen nicht Nikos Milonás, sondern Frank D. Müller, er will in Serie gehen, wie der Titelzusatz "Der erste Fall für Michalis Charisteas" ankündigt, aber es ist doch nach der Lektüre sehr die Frage, ob die reizvolle Gegend um Chania die nötigen Ressourcen dafür bietet. Es geht auch trotz Mordes an einem Bürgermeister und blutigen Familienfehden ziemlich langatmig und bieder zu. Die landeskundlichen Exkurse halten sich zwar in Grenzen, aber der Kommissar mit deutscher Kunsthistorikerfreundin, dessen Familie eine natürlich typisch kretische Taverne betreibt, sollte vielleicht wieder nach Athen zurückkehren. Da ist mehr los.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mir gefällt besonders gut die Mischung aus einer sehr spannenden und bis zur letzten Seite unklaren Krimihandlung und Michalis Familiengeschichte. Sabine Abel Bayerischer Rundfunk 20190503