Zusammen denken, was scheinbar nicht zusammen gedacht werden kann. Mit diesem Vorsatz unternimmt vorliegendes Buch eine gemeinsame Lektüre von zwei entscheidenden Romanen des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Brasilien: "Doktor Faustus" von Thomas Mann und "Grande sertão: veredas" von João Guimarães Rosa. Der Weg des interkulturellen Vergleichs verläuft zunächst über biographische Aspekte beider Autoren und deren Wahrnehmung im jeweils anderen Land. Darauf aufbauend werden die Übersetzungen und Rezeption beider Romane ins Deutsche bzw. Portugiesische analysiert, um schließlich die mehrfach gekreuzten Blicke in einen kritischen Dialog miteinander zu setzen. Die Problematik der scheinbar rückständigen Kultur des vom brasilianischen Moderne-Projekt marginalisierten Sertão und die Verflechtung von deutscher Geistesgeschichte und dem Grauen des Nationalsozialismus erweisen sich so als zutiefst verwandt. Der Jagunço Riobaldo und der Tonsetzer Adrian Leverkühn begeben sich an kulturell markierte Kreuzwege, um Teufelspakte einzugehen, welche die Geschichte ihrer Heimatländer allegorisieren. Nationales und individuelles Schicksal überlagern sich in den Leitmotiven der travessia und des Durchbruchsstrebens. Kreuzwege als Orte von Pakten und Entscheidungen, Querungen als Entwicklungen, Wege, Übergänge: Die ästhetische und ethische Herausforderung des Literarischen richtet sich in letzter Instanz an den Übersetzer, den Wissenschaftler, den Leser.