Die junge Esther beschließt, Soldatin zu werden, um ihrem bislang ziellosen Leben Halt zu geben. Bald wird sie nach Afghanistan geschickt. Staub, betäubende Hitze und eine trügerische Langeweile, in der stets Anschläge drohen, bestimmen die Tage im Bundeswehrcamp. Als Esther die Chance bekommt, Patrouillenfahrten in die Berge zu machen, lernt sie ein wildes, schönes, aber unnahbares Land kennen - und trifft auf den rätselhaften Schulleiter Mehsud. Zögerlich verlieben die beiden sich und beginnen eine zarte, riskante Beziehung gegen alle Regeln, die militärischen wie die afghanischen. Schnell werden ihre Treffen zur Gefahr, und Esther steht vor einer Entscheidung: Was muss sie tun, damit die unwägbare Liebe zu Mehsud eine Zukunft hat?
Ebenso bildhaft wie realitätsnah schildert Dirk Kurbjuweit die ferne, fremde Welt Afghanistans, in der Esther erstmals begreift, wie der Krieg sich in die Herzen der Menschen frisst - und in der sie sich endlich ihrem eigenen Leben stellen muss. Ein kraftvoller, spannungsreicher Roman, der vor packendem zeitgeschichtlichem Hintergrund die Frage stellt, was wirklich zählt.
"'Kriegsbraut' ist ein sprachlich präziser, durch eine erzählerische Ruhe bestechender Roman, der keine politischen und religiösen Debatten führt, sondern diese behutsam in die Figurenreden einbaut und so über den Krieg mehr zu sagen hat als Dutzende von Leitartikeln." (Rainer Moritz, Deutschlandradio Kultur).
"Kurbjuweits Roman (...), mit erfahrener Könnerschaft geschrieben, leistet etwas, was nicht einmal der klügste Essay könnte, sondern wirklich nur die Literatur schafft: Er weckt die Vorstellungskraft für das schwierigste Problem der gegenwärtigen deutschen Politik; er nimmt Partei für den Zweifel." (Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung)
Ebenso bildhaft wie realitätsnah schildert Dirk Kurbjuweit die ferne, fremde Welt Afghanistans, in der Esther erstmals begreift, wie der Krieg sich in die Herzen der Menschen frisst - und in der sie sich endlich ihrem eigenen Leben stellen muss. Ein kraftvoller, spannungsreicher Roman, der vor packendem zeitgeschichtlichem Hintergrund die Frage stellt, was wirklich zählt.
"'Kriegsbraut' ist ein sprachlich präziser, durch eine erzählerische Ruhe bestechender Roman, der keine politischen und religiösen Debatten führt, sondern diese behutsam in die Figurenreden einbaut und so über den Krieg mehr zu sagen hat als Dutzende von Leitartikeln." (Rainer Moritz, Deutschlandradio Kultur).
"Kurbjuweits Roman (...), mit erfahrener Könnerschaft geschrieben, leistet etwas, was nicht einmal der klügste Essay könnte, sondern wirklich nur die Literatur schafft: Er weckt die Vorstellungskraft für das schwierigste Problem der gegenwärtigen deutschen Politik; er nimmt Partei für den Zweifel." (Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2011Blut an den Händen
Dirk Kurbjuweit hat den ersten Roman über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch geschrieben.
Von Kolja Mensing
Eine Liebe ist zu Ende gegangen. Esther Dieffenbach ist auf der Suche nach einem neuen Leben. Als sie sich auf dem Arbeitsamt in Berlin nach einer Umschulung erkundigt, entdeckt sie auf dem Flur ein Plakat der Bundeswehr: "Eine Frau, die sympathisch lächelte, blickte unter einem Stahlhelm hervor." Esther notiert die Nummer, und kurz darauf beginnt ihre Grundausbildung: Stubendurchgang, Nachtmärsche, Schießbahn. Sie kommt zur Fernmeldetruppe. Nach zwei Jahren in einer Kaserne in Münster wird ihre Einheit nach Afghanistan verlegt. Im 21. Jahrhundert ist der Weg vom Jobcenter ins Feldlager kurz: Im Frühjahr 2006 steigt Esther als Leutnant Dieffenbach in Kundus aus einer Transall der Luftwaffe. Eine junge Frau zieht in den Krieg.
Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan ist politisch heftig umstritten. Niemand weiß das besser als der Schriftsteller und Journalist Dirk Kurbjuweit, der das Berliner Büro des "Spiegel" leitet. Mit "Kriegsbraut", seinem sechsten Roman, wagt er sich weit vor ins verminte Gelände der Nachrichtenaktualität - und hält sich zunächst an den genauen Blick des Reporters. In den Unterkünften in Kunduz riecht es nach "Waffenöl und Desinfektionsmittel", Esther verbringt die Tage vor dem Computer und hört den anderen Soldaten zu, die sich über den "neuen Passat" unterhalten, "das Häuschen, die Gattin". Sie erträgt die männlichen Vorgesetzten, die "selbst unter einer Schutzweste nach den Konturen von Brüsten suchen". Von Kampf keine Spur, nicht einmal als inneres Erlebnis. Für Esther ist der Auslandseinsatz nichts als "die Fortsetzung des Kasernenlebens mit mehr Staub": Der erste deutschsprachige Roman über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch beginnt als postheroisches Kriegsstück.
Um der "öden Routine" zu entkommen, meldet Esther sich für regelmäßige Patrouillenfahrten zu einer Schule in den Bergen. Das ändert alles. Zwischen ihr und dem Schulleiter Mehsud wächst eine zarte Liebe, die gegen alle Regeln ist: gegen die Dienstvorschriften - und gegen die kulturellen Übereinkünfte eines Landes, in dem Frauen keine Uniform tragen, sondern eine Burka. Ein Hauch von "Tausendundeine Nacht" weht über die Seiten, doch "Kriegsbraut" ist kein Märchen, das von der Kraft der Liebe in den Zeiten des Kulturkampfes erzählt, sondern ein raffiniert gebauter Roman - über Deutschland. Die Berufssoldatin und der muslimische Lehrer kommen über einen langen Kuss und ein paar vorsichtige Tanzschritte hinter einer verschlossenen Tür nicht hinaus. Stattdessen erzählt Esther Mehsud ihr Leben: zuerst die Kindheit auf Rügen, die Wende und der Vater, der die Arbeit auf der LPG verliert und sie später fragen wird, ob sie wirklich "für dieses Land sterben will", dann ihre Zeit in Berlin, die Affäre mit einem verheirateten Mann, "gesetzte Abendessen" in einer Villa am Wannsee, mit Schauspielern, Finanzberatern und Ärzten, und zuletzt die Trennung.
Das ist verführerisch gemacht. In orientalisch verschachtelten Rückblenden werden deutsche Alltagsbilder beschworen, die wie trügerische Luftspiegelungen über der kargen Landschaft der Provinz Kundus schweben. Dirk Kurbjuweit verwandelt Deutschland in eine Fata Morgana, nur um schließlich doch noch die harte Realität einbrechen zu lassen. Das ist die literarische Sprengfalle dieses Roman. Eines Nachmittags gerät der Konvoi der Bundeswehr auf der Rückfahrt von der Schule unter Beschuss. Der Krieg hat begonnen. Zivilisten sterben, und als Esther mit Blut an den Händen vom Hindukusch zurückkehrt, erkennt sie ihre Heimat nicht wieder. Es ist der WM-Sommer 2006, die Menschen schwenken schwarz-rot-goldene Fahnen und singen "Deutsch-laand, Deutsch-laand". Esther fliegt zurück nach Afghanistan.
Dirk Kurbjuweit: "Kriegsbraut". Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2011. 336 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dirk Kurbjuweit hat den ersten Roman über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch geschrieben.
Von Kolja Mensing
Eine Liebe ist zu Ende gegangen. Esther Dieffenbach ist auf der Suche nach einem neuen Leben. Als sie sich auf dem Arbeitsamt in Berlin nach einer Umschulung erkundigt, entdeckt sie auf dem Flur ein Plakat der Bundeswehr: "Eine Frau, die sympathisch lächelte, blickte unter einem Stahlhelm hervor." Esther notiert die Nummer, und kurz darauf beginnt ihre Grundausbildung: Stubendurchgang, Nachtmärsche, Schießbahn. Sie kommt zur Fernmeldetruppe. Nach zwei Jahren in einer Kaserne in Münster wird ihre Einheit nach Afghanistan verlegt. Im 21. Jahrhundert ist der Weg vom Jobcenter ins Feldlager kurz: Im Frühjahr 2006 steigt Esther als Leutnant Dieffenbach in Kundus aus einer Transall der Luftwaffe. Eine junge Frau zieht in den Krieg.
Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan ist politisch heftig umstritten. Niemand weiß das besser als der Schriftsteller und Journalist Dirk Kurbjuweit, der das Berliner Büro des "Spiegel" leitet. Mit "Kriegsbraut", seinem sechsten Roman, wagt er sich weit vor ins verminte Gelände der Nachrichtenaktualität - und hält sich zunächst an den genauen Blick des Reporters. In den Unterkünften in Kunduz riecht es nach "Waffenöl und Desinfektionsmittel", Esther verbringt die Tage vor dem Computer und hört den anderen Soldaten zu, die sich über den "neuen Passat" unterhalten, "das Häuschen, die Gattin". Sie erträgt die männlichen Vorgesetzten, die "selbst unter einer Schutzweste nach den Konturen von Brüsten suchen". Von Kampf keine Spur, nicht einmal als inneres Erlebnis. Für Esther ist der Auslandseinsatz nichts als "die Fortsetzung des Kasernenlebens mit mehr Staub": Der erste deutschsprachige Roman über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch beginnt als postheroisches Kriegsstück.
Um der "öden Routine" zu entkommen, meldet Esther sich für regelmäßige Patrouillenfahrten zu einer Schule in den Bergen. Das ändert alles. Zwischen ihr und dem Schulleiter Mehsud wächst eine zarte Liebe, die gegen alle Regeln ist: gegen die Dienstvorschriften - und gegen die kulturellen Übereinkünfte eines Landes, in dem Frauen keine Uniform tragen, sondern eine Burka. Ein Hauch von "Tausendundeine Nacht" weht über die Seiten, doch "Kriegsbraut" ist kein Märchen, das von der Kraft der Liebe in den Zeiten des Kulturkampfes erzählt, sondern ein raffiniert gebauter Roman - über Deutschland. Die Berufssoldatin und der muslimische Lehrer kommen über einen langen Kuss und ein paar vorsichtige Tanzschritte hinter einer verschlossenen Tür nicht hinaus. Stattdessen erzählt Esther Mehsud ihr Leben: zuerst die Kindheit auf Rügen, die Wende und der Vater, der die Arbeit auf der LPG verliert und sie später fragen wird, ob sie wirklich "für dieses Land sterben will", dann ihre Zeit in Berlin, die Affäre mit einem verheirateten Mann, "gesetzte Abendessen" in einer Villa am Wannsee, mit Schauspielern, Finanzberatern und Ärzten, und zuletzt die Trennung.
Das ist verführerisch gemacht. In orientalisch verschachtelten Rückblenden werden deutsche Alltagsbilder beschworen, die wie trügerische Luftspiegelungen über der kargen Landschaft der Provinz Kundus schweben. Dirk Kurbjuweit verwandelt Deutschland in eine Fata Morgana, nur um schließlich doch noch die harte Realität einbrechen zu lassen. Das ist die literarische Sprengfalle dieses Roman. Eines Nachmittags gerät der Konvoi der Bundeswehr auf der Rückfahrt von der Schule unter Beschuss. Der Krieg hat begonnen. Zivilisten sterben, und als Esther mit Blut an den Händen vom Hindukusch zurückkehrt, erkennt sie ihre Heimat nicht wieder. Es ist der WM-Sommer 2006, die Menschen schwenken schwarz-rot-goldene Fahnen und singen "Deutsch-laand, Deutsch-laand". Esther fliegt zurück nach Afghanistan.
Dirk Kurbjuweit: "Kriegsbraut". Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2011. 336 S., geb., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit großer Sympathie, wenn auch nicht ohne Blick für die Schwächen bespricht Gustav Seibt den neuen Roman des bekannten Reporters Dirk Kurbjuweit, der es schafft, neben seiner Stelle als Leiter des "Spiegel"-Hauptstadtbüros aktuelle politische Romane zu schreiben. Seibt ist trotz mancher Klischees von der Geschichte einer deutschen Soldatin im Afghanistan-Krieg mitgerissen, weil es Kurbjuweit zumeist ohne pädagogische Aufdringlichkeit zu schaffen scheint, die moralischen Dilemmata vor Augen zu halten, in die ein solcher Krieg die Demokratie und jeden einzelnen Soldaten verwickelt. Seibt stellt sich gar die leicht defätistische Frage, ob "demokratische Gesellschaften am Ende kriegsuntauglich sein könnten". Aber es ist eben nur eine Frage: Der Roman nehme Partei für den Zweifel, lautet Seibts Fazit, und zumindest für ihn machte der Autor diese Zweifel anschaulich und erlebbar.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Glanzvoll. Süddeutsche Zeitung